Ein Selbstversuch von Wiebke Evers.
Von der Raupe zum Schmetterling. Der Prozess ist einleuchtend. Doch was steckt dahinter? Das konnte ich beobachten und am eigenen Leib erleben, als ich beim Workshop „Zeitgenössischer Tanz“ des Internationalen Festivals Tanztendenzen teilnahm.
Im Ballettsaal des Theaters Vorpommern versammelten sich die circa fünfzehn Workshopteilnehmer – jung und alt, Mann und Frau, groß und klein – in freudiger Erwartung. Gérald Durand von dem Duo „WHAT IF“ aus der Schweiz gab den Workshop, in dem die mehr oder weniger Laien zu Tänzern einer Choreografie werden sollten. Zur Vorbereitung wurden aufwärmende Dehnübungen durchgeführt. Zwanzig Minuten lang quälte ich mich in den Verrenkungen. Doch sie ergaben Sinn. Die Übungen waren, wie ich später bemerkte, genau auf die Choreografie abgestimmt. Trotzdem fühlte ich mich bei einigen der Übungen wie eine Raupe, die über den Boden robbte. Doch die Choreografie beanspruchte genau die Muskelgruppen, die zuvor aufgewärmt worden waren.
„The floor is your friend and not the enemy“
Die aus ungefähr 50 Figuren bestehende Choreografie übte Durand schrittweise mit den Teilnehmern ein. Er unterteilte sie in mehrere Teilstücke. Nach dem Prinzip „vormachen-nachmachen“ wurden die Elemente einstudiert – immer und immer wieder, bis Durand zufrieden war und den nächsten Teil der Choreografie vortanzte. Die Choreografie zog sich über jede Ebene: vom Boden in die Hocke bis in den Stand. Drehungen, Rolle, Streckungen und die Kerze sind nur wenige Beispiele von Figuren der anderthalbminütigen Tanzeinlage. Die Leichtigkeit von Durand beim Tanz spiegelt sich in dem philosophischen Satz „the floor is your friend and not the enemy“ wieder und symbolisiert die fehlende Leichtigkeit der Ungeübten. Die Tänzer übten und übten zu Musik. Nicht alle Teilnehmer konnten der Choreografie bis zum Ende folgen. Jene Tänzer die folgen konnten, durchlebten eine Verwandlung: von der Raupe zum Schmetterling.
Fotos: Wiebke Evers