1024px-Amtgericht_Greifswald_Front_2012Mehr als sechs Seiten umfasst die Begründung des Urteils, das zur Räumungsklage in der Sache „Schmidt gegen Brinke“ gefällt worden ist: Der Bioladen Sonnenmichel muss aus der Brinkstraße 16/17 raus. Dann soll ein neues vierstöckiges Haus entstehen.

Marodes Haus kommt für Sanierung nicht in Betracht

In der Begründung listet der urteilende Richter den gesamten Vorgang in der Sache „Schmidt gegen Brinke“ noch einmal auf. So habe der Beklagte einen befristeten Mietvertrag bis zum 31. Dezember 2013 abgeschlossen, in dem es heißt, dass das „Haus derart marode sei, dass eine Sanierung nicht in Betracht“ komme. Eine entsprechende Räumung zur Ermöglichung des Abrisses sollte zu Mietvertragsende stattfinden. In der Folgezeit wurde vom Vermieter eine Frist bis zum 15. März 2014 eingeräumt. Da sich der Bioladen „Sonnenmichel“ bereits in Verhandlungen um Tauschgrundstücke befand, seien die Mieter davon ausgegangen, dass der Mietvertrag faktisch verlängert worden sei. Aus diesem Grund habe man auch keine Räumungstitel notariell beglaubigen lassen. Schließlich, so sei man davon ausgegangen, könne kaum von einer endgültigen Räumung ausgegangen werden, wenn noch verhandelt wird.

Lange dürfte es die Brinkstraße 16/17 wohl nicht mehr geben...

Lange dürfte es die Brinkstraße 16/17 wohl nicht mehr geben…

Vor Gericht heißt es indes: „Eine Bitte auf Gewährung einer Räumungsfrist geht nur, wenn Räumungstitel vorzuweisen seien. Diese wurden nicht erbracht.“ Dies habe, so der Richter, zu einem Abbruch der Verhandlungen um Tauschgrundstücke auf Seiten des Vermieters geführt. Darüber hinaus seien Mietzahlungen, die nach Beendigung des Mietvertrages an den Vermieter gegangen sind, als „Nutzungsgebühr“ anzusehen. Schließlich wurde der Mietvertrag nicht offiziell verlängert.

„Der Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist von acht Monaten kann nur als Schutzantrag gesehen werden“, heißt es vor Gericht. „Unter Beachtung aller Faktoren erachtet das Gericht nicht, Vollstreckungsschutz zu gewähren“, heißt es am Ende der Begründung. „Der Beklagte ist ein eigenes Risiko eingegangen, darauf zu vertrauen, dass die Verhandlungen Erfolg haben würden.“ Gegen das Urteil können die Verurteilten nun beim Landgericht in Revision gehen. „Die Kosten für das Verfahren hat der Beklagte zu tragen“, heißt es im Urteil, sie werden auf 4.500 Euro beziffert.

Brinke-Beteiligte überrascht

In der Brinkstraße 16/17 zeigten sich alle beteiligten Gruppen und Initiativen überrumpelt. Ihnen wurde mitgeteilt, dass die Verhandlung nichtöffentlich sei. Aus diesem Grund ist auch niemand bei der Urteilsverkündung anwesend gewesen. Das Publikum selbst war während der Verhandlung recht überschaubar. Anwesend waren lediglich Rechtsanwalt Jost von Glasenapp, der Roman Schmidt in dem Verfahren vertrat sowie drei weitere Gäste  nebst zwei weiteren Pressevertretern.

„Wir sind von dem Urteil nicht geschockt, hätten uns allerdings eine Frist gewünscht“, erklärt Heiko Pult, ein Sprecher der Initiative „Brinke 16/17 erhalten!“ im Bioladen. Hubert Ende erinnert in diesem Zusammenhang an einen ähnlichen Fall: „In Halle wurde in einem ähnlichen Verfahren mal 12 Monate Räumungsfrist eingeräumt.“ Aus diesem Grund habe man auch hier auf die Fristeinräumung gehofft. „Für mich steht dieses Haus für viele andere Häuser, die bereits abgerissen worden sind“, erzählt der Besitzer des Bioladens Sonnenmichel. Das ist auch eine wesentliche Motivation, bis zuletzt weiter um den Erhalt des Hauses zu kämpfen.

„Wir hätten nicht mit diesem Ergebnis gerechnet“, meinen Mitglieder der Initiative enttäuscht. „Wir müssen uns zusammensetzen, gucken, wie wir das jetzt weiter machen; weiter machen wollen wir auf jeden Fall“, bekräftigten sie. So wolle man sich beispielsweise zunehmend stärker vernetzen. Beispielsweise gibt es Überlegungen für die erneute Einberufung eines runden Tisches. Mit der Urteilsfällung wurde zugleich das Urteil über die Zukunft des Hauses in der Brinkstraße 16/17 gefällt.

Es wird abgerissen werden und stattdessen wird ein vierstöckiges Haus mit Eigentumswohnungen entstehen, die laut Hubert Ende in etwa 200.000 Euro kosten werden.

Fotos: Simon Voigt