Hans Eichel-Anne Grießing„Die Europäer müssen zusammenstehen. Ein Auseinanderbrechen der Währungsunion wäre das Teuerste“, äußerte Hans Eichel anlässlich der 20-Jahr-Feier des Akademischen Börsenvereins am Freitagabend, der mit 150 Mitglieder momentan der größte Verein an der Universität Greifswald ist.

In seinem Vortrag vor etwa 200 Zuhörern in der Aula im Hauptgebäude sprach der ehemalige Bundesfinanzminister zur Krise der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion und betonte zu Beginn, dass „die EU unumkehrbar ist“. Der Grund für den Euro läge in einem gemeinsamen Markt, verwies Eichel auf den EU-Binnenmarkt ohne Zölle zwischen den Mitgliedsstaaten der EU, die zusammen den größten Wirtschaftsraum der Erde darstellten.

Eichel und Rohde: „Keine Euro-Krise“

Als Krisenursache sieht er nicht die Staatsverschuldung mit Ausnahme von Griechenland, da die USA, Japan und Großbritannien eine größere Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, also der wirtschaftlichen Jahresleistung einer Volkswirtschaft, hätten. Daher „haben wir keine Euro-Krise“. Jedoch drifte die EU wirtschaftlich auseinander, beispielsweise weil die Lohnsteigerungen in den Südländern höher als in Deutschland ausgefallen sind, wodurch die deutschen Unternehmen im Vergleich wettbewerbsfähiger geworden sind. Für die in Rezessionen steckenden Mittelmeerländer empfahl Eichel ein europäisches Programm für Erneuerbare Energien, da die Südländer dafür geeignet seien (mehr Sonnenschein als in Deutschland) und wirtschaftlich sich besser entwickeln können.

„Die Banken sind zu mächtig“, führte Eichel weiter aus. Es dürfe nicht mehr sein, dass der Staat und die Steuerzahler zur Bankenrettung einsprängen, wiederholte Eichel, was schon viele Bundespolitiker gesagt haben. Er verwies auf einen Fonds, in die Banken einzahlen sollen, der die Abwicklung einzelner Banken dann finanzieren könne. In diesem Zusammenhang forderte Eichel, dass Banken sich nicht in Steueroasen zurückziehen dürften: „Wenn sie nicht mit Steuerbehörden kooperieren, sollten sie ihre Lizenz verlieren.“

Vereinsvorsitzender Tim Hennig.

Vereinsvorsitzender Tim Hennig.

Vorteile für Deutschland?

Durch den Euro sieht Eichel mehrere Vorteile für Deutschland. So sei die Inflation niedriger gewesen als zu D-Mark-Zeiten. Auch gebe es keine Auf- und Abwertungen mehr in Europa. Durch die höheren Lohnabschlüsse in einigen Südländern hätten dort die Währungen abgewertet und die D-Mark aufgewertet, was die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft geschwächt habe, da ihre Produkte im Ausland teurer wurden. Durch die niedrigen Zinsen profitiere der Staat, der weniger Zinsen für seine Schulden zahlen müsse. Allerdings bedeutet dies für die Sparer auch niedrigere Zinsen.

In der anschließenden Podiumsdiskussion teilte Prof. Armin Rohde die Ansichten des ehemaligen Finanzministers weitgehend. „Wir haben keine Euro-Krise. Der Euro ist stabiler als die D-Mark.“ Außerdem verwies er darauf, dass durch den Euro Umtauschgebühren und -verluste weggefallen sind. Eine Wiedereinführung der D-Mark würde zu einer drastischen Aufwertung führen, prognostizierte der Lehrstuhlinhaber für Allgemeine Volkswirtschaftslehre. Keine wirklichen Prognosen wollten sowohl Eichel als auch Rohde für den Wertpapierkauf geben. Rohde äußerte nur, dass er demnächst mit sinkenden Kursen von Staatsanleihen rechne wenn die Zinsen steigen. Noch allgemeiner blieb Eichel: „Aktien sollten nicht auf Kredit gekauft werden und man darf auch nicht zwanghaft verkaufen müssen“.

Uni-Rektorin Weber: „Besonderes Ereignis“

Etwa 200 Gäste waren zur 20-Jahr-Feier gekommen.

Etwa 200 Gäste waren zur 20-Jahr-Feier gekommen.

Zum 20jährigen Jubiläum des Börsenvereins äußerte Eichel, dies sei die Konsequenz der Wiedervereinigung gewesen, da nun auch in der ehemaligen DDR die Marktwirtschaft einsetzte. In der DDR herrschte Planwirtschaft. Zuvor sprach Uni-Rektorin Prof. Hannelore Weber von einem „besonderen Ereignis, da der Verein von Studierenden gegründet wurde und sich seitdem gehalten hat.“ Es hätte damals „exotisch anmuten müssen“, da die wirtschaftlichen Strukturen in Mecklenburg-Vorpommern brachlagen.

„Es war ein Abend voller Emotionen,  sachlicher Spannung und ehrlicher Dankbarkeit gegenüber den vielen Jahren Engagement des Börsenvereins! Ich habe mich unheimlich über die tolle Hilfe so vieler Mitglieder, Vorstände und Freunde gefreut, was durch eine volle Aula, ein schönes Programm und einen fürstlichen Empfang danach honoriert wurde“, zog Vereinsvorsitzender Tim Henning ein positives Fazit des Abends gegenüber dem webMoritz. Völlig überrascht und überwältigt war Anne Grießing als sie zur Ehrenvorsitzenden ernannt wurde. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie für ihre nun fast dreijährige Vorstandstätigkeit geehrt wurde, davon ein Jahr als Vorsitzende.

Fotos: Anne Grießing (Eichel), David Vössing