Greifswald wächst. Langsam aber doch bemerkbar klettert die Bevölkerungszahl Jahr für Jahr ein kleines bisschen höher. Mit den Menschen steigt auch die Nachfrage nach Wohnraum, so sehr, dass in der Hansestadt im bundesweiten Vergleich die Mieten im letzten Jahr am stärksten gestiegen sind. Das lockt die Betreiber von teuren Studentenwohnheimen an, ein weiteres wurde kürzlich fertiggestellt.
10,4 Prozent Mietsteigerung gab es im letzten Jahr, was aus dem Immobilienbericht des Bundesbauministeriums hervor geht. Vor allem kleine Wohnungen mit einem oder zwei Zimmern seien betroffen. „Das hat mit den Studenten zu tun, das hat natürlich damit zu tun, dass immer mehr Single-Haushalte existieren, die kleinere Wohnungen suchen.“ erklärte der Leiter des Greifswalder Stadtbauamtes gegenüber Deutschlandradio Kultur. Diese würden sehr teuer werden, „bei Studenten-Wohnungen geht das hier wirklich hoch bis an 20 Euro für den Quadratmeter.“ sagte er weiter. „Das is nen Handicap, das hat, glaube ich, jede Universitätsstadt.“
Was diese Entwicklung für die Stadt bedeutet, lässt sich an den vielen neuen Wohnheimen ablesen, die in den letzten Jahren gebaut worden sind. Überall in der Innenstadt oder in der Fleischervorstadt, relativ neu ist auch ein großer Komplex in Anklamer Straße. Alle haben gemein, dass sie vornehmlich für allein lebende Studierende gebaut worden sind. Für Mieter, die meist nur kurz bleiben und schnell wieder ausziehen. Da fällt es besonders leicht, die Preise immer wieder nach oben zu korrigieren.
Die neuesten Wohnungen sind in einer verlassenen Gegend hinter dem Bahnhof entstanden, an einem alten Campus, von dem sich die Uni immer weiter zurückzieht. Hier, in der Soldmannstraße 16/17, brannte vor zwei Jahren die „Alte Chemie“. Kurz danach konnte das Gebäude verkauft werden. Nach einem Umbau gibt es heute in seinem Inneren 52 Appartementwohnungen für Studenten. Fast das komplette Haus ist vermietet. Der Bauträger, die Select-Werthaus GmbH und Co. KG baute in unmittelbarer Nähe ein weiteres Gebäude aus, in der Ellernholzstraße, wo früher das Institut für Organische Chemie saß. 57 weitere Appartements sind hier vor kurzem fertig geworden, was die Investoren in einem fröhlichen Beisammensein feierten.
Finanzielle Freuden vorprogrammiert
„Wir werden hier unsere Freude haben, in finanzieller Sicht“, sagte Karl Smets von der Select-Werthaus GmbH zur Eröffnung. Das es in Greifswald viele Studenten in Wohnungsnot gibt, habe er von seiner Schwiegermutter erfahren. Und in der Tat, noch als das Gebäude umgebaut wurde, konnten schon die ersten Wohnungen vermietet werden, allerdings zu verminderten Preisen. Bis zum Beginn des nächsten Semesters, versicherte er der versammelten Gemeinschaft, werden auch die restlichen Wohnungen vermietet sein.
Die schlichten Einzelappartements sind durchgängig mit Bad und Küche ausgestattet. Ersteres verfügt über grundsätzlich keine Fenster und nur die nötigsten Flächen sind gefliest. Die Küchen sind offen und ohne Abzug in die Wohnräume integriert. Die kleinen Kochfelder reichen für zwei Töpfe aus, einen Herd gibt es nicht. Für Waschmaschinen ist erst recht kein Platz, es gibt welche für die Gemeinschaft. 25 Quadratmeter bieten die unterschiedlichen Wohnungen im Mittel, wofür 330 Euro verlangt werden. „Beim Studentenwerk kosten vergleichbare Objekte genau soviel“, meinte Smets. Maximal 245 Euro gibt hingegen der Onlineauftritt vom Studentenwerk an, welche im Max-Kade-Haus für Einzelappartements zu zahlen sind. An einen wirtschaftlichen Betrieb sei jedenfalls sonst nicht zu denken. Sowieso habe man bei der Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes auf Schlichtheit geachtet, man wolle ja keinen Palast errichten. Das sei auch leichter von der Steuer absetzbar gewesen.
Ob der Vermieter die große Preissteigerung in der Stadt ausnutzen würde? „Die Studenten hier haben große Not, sie freuen sich über das Angebot“, antwortet Smets. Er ist davon überzeugt, auf Jahre hin sicher Mieter zu finden, obwohl die Studierendenzahlen zuletzt zurückgingen. Und das Angebot wird ausgebaut: Auf einer freien Fläche hinter den beiden Häusern soll ein weiteres Wohnheim entstehen. Vier Etagen bieten noch einmal Platz für über einhundert Wohnungen. Das Ganze ist als „Null-Energie-Haus“ geplant, mit Erdwärme- und Photovoltaikanlagen. Außerdem gibt es auf dem Gelände noch ein altes Hörsaalgebäude, welches tagsüber als Café und Kantine dienen soll, im Keller soll ein Club residieren. Das „Mira“, welches ein paar Jahre zuvor in der Anklamer Straße einem anderen Investor weichen musste.
Fotos: Simon Voigt
Einfach krank!
Warum findet sich dieser Artikel fast im Wortlaut mit identischen Bildern im Greifswald Kurier wieder?!
Vermutlich Mehrfachverwertung — man muss halt gucken, wo man bleibt 😉
Diese Vermutung ist richtig, wobei ich den zweiten Teil des Kommentars so nicht unterschreiben würde.
Jetzt fehlt nur noch ne Diskussion darüber, ob dieser Doppelgeringverdienst gut oder böse ist. Gab's ja alles in der Vergangenheit…
Nen bisschen länger als im GK ist er aber schon oder? Kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass man dort – auch für nen Aufmacher – so viel Platz einräumt.
Zum Inhalt: Interessant ist ja, dass Smets meint, die Mietpreise seien mit dem Studentenwerk vergleichbar. Erstens sind sie das nicht, sie liegen immer noch mindestens 60 Euro darüber – und das ist viel für einen Studierenden.
Zweitens, und auch das ist ein entscheidender Kostenfaktor, sind die Wohnungen des Studentenwerks mit allem wesentlichen möbliert. Gleiches gilt für die ILG, die inzwischen zum preiswertesten Privatanbieter von studentischem Wohnraum geworden ist.
In Bezug auf Greifswalds Mieten stelle ich mir jedoch allgemein folgende Frage: Warum mussten Komilitoninnen von mir (sie sind inzwischen ausgezogen) für einen richtig abgewirtschafteten Plattenbau (heißt: Haupteingangstür schloss nicht mehr richtig, konnte aufgedrückt werden, ansonsten nichts saniert, weder Treppenhaus noch sonst was neu gemacht) 500 Euro Miete zahlen. Und: Warum würden sie mehr zahlen müssen (das ist ja so üblich), wenn dieser komplett saniert wäre, obwohl durch die Sanierung Heizkosten gespart würden.
Ich denke, dass sich AStA, Stupa… im kommenden Jahr mal an den Mietwucher wagen sollten, und mal nen bisschen Krach machen sollten. Ist in jedem Fall drängender als die Diagonalquerung (für die ich auch bin, nur belastet eine fehlende Diagonalquerung den Studierenden – ganz im Gegensatz zu überhöhten und unangemessenen Mieten – nicht finanziell). In Großstädten ist man da sehr kreativ, was Protest gegen steigende Mietpreise angeht…
Die Platten gehören mit Ausnahme der Eigentumswohnungen sämtlich den Genossenschaften, die eigentlich für sozialen Wohnungsbau stehen soltlen. Nur haben sich diese im Rahmen des Mietspiegels zum hauptursächlichen Preistreiber in Greifswald entwickelt.
Bevor der AStA die Kommunalpolitik ändert kommt hoffentlich auf Bundesebene die Mietpreisbremse und Verlagerung von Maklerprovisionen auf den Vermieter durch die SPD.
ganz vergessen: gut aufgepasst, gut nachgefragt!
Greifswald wird für Studenten immer teurer, nichts Neues, leider. Es wird Zeit, dass da ein wenig Bewegung ins Spiel kommt. Herr Wagner: Das ist doch mal ein gute Vorschlag für ein Ziel des Asta 🙂
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