Im Pommerschen Landesmuseum wird von Oktober bis Ende Januar eine Ausstellung mit Architekturfotografien von Robert Conrad gezeigt. Er dokumentiert eine bewegende und traurige Zeit für die Greifswalder Bürger in den 80er Jahren.
Der Schulweg des Fotografen Robert Conrad veränderte sich zunehmend und bald stand für ihn fest, dass das nicht mehr sein Greifswald ist, wie er es kennt. In den 70er Jahren begannen die Abrissarbeiten, die er live erlebte und bald musste Conrad feststellen: „Von der Hafenstraße aus über die Bachstraße hinweg, entlang der Roßmühlenstraße und die Knopfstraße hinauf war die Stadt verschwunden.
Auch dahinter fehlten inzwischen ganze Blöcke, so dass meine alte Schule mit ihrer Turnhalle und ein einzelnes Giebelhaus nun wie Inseln inmitten der von schweren Baumaschinen planierten Freiflächen standen.“ Im Laufe der Nachkriegszeit wurde größtenteils nicht mehr in die Instandhaltung von Häusern investiert. Ganze Städte zerfielen nach und nach. Oftmals sollten die Innenstädte sich einfach selbst überlassen werden und es wurde günstig und effektiver neu gebaut. Dazu gab es verschiedene und utopische Großprojekte aus den 70er Jahren.
Der Kurator der Ausstellung Mario Scarabis betonte: „Mit diesen Projekten hätte eine jede Stadt ihre Charakteristik vollkommen verloren.“ Um sich in diesen historischen Kontext zu versetzen, gibt es im Foyer eine kleine Ausstellung zu diesen Großprojekten. Auch wird thematisiert, dass der Stadtarchitekt Frank Mohr mit seiner Idee noch einiges von der Stadt erhalten konnte. „Er wollte Teile der Architektur, wie zum Beispiel die Gebäudehöhen oder Backsteingotik erhalten“, beschreibt der Kurator sein Vorgehen. Für ihn ist es eine Erfolgsgeschichte, dass überhaupt etwas erhalten blieb. Begeistert und schockiert zugleich können die Fotografien betrachtet werden. Begeisterung packt einen durch die schönen Aufnahmen, schockieren tun die Motive.
Große Trümmerhaufen, zugebretterte Fenster sowie Türen und riesige Risse in den Fassaden – die Bilder erinnern eher an die direkte Nachkriegszeit. Doch Conrad und andere Hausbesetzer versuchten eine alternative Szene in den Abbruchhäusern zu schaffen. Theaterstücke, Filmvorführungen und vieles mehr fanden so lange statt, bis sie dort entdeckt wurden. „Der Staat war nicht an den privaten Geschichten interessiert, die in den Häusern steckten. Das Geschichtsverständnis ging gen null“, berichtet Scarabis schockiert über die Zeit in den 80ern.
Conrad ist es gelungen eine Öffentlichkeit für das Thema herzustellen. „Es blieb mir nur, das was dort unterging, mit dem Medium der Fotografie zumindest zweidimensional zu bewahren“, beschreibt er selbst seine Intention. Neben den Fotoaufnahmen drehte Conrad auch einen Film, der in der Ausstellung ebenfalls zu sehen ist. „Greifswald ist alle“ lautet der Titel und zeigt die übrig gebliebene Bausubstanz der Stadt und Baugeräte, die ab und einreißen. Scarabis findet, dass man sieht, wie Conrad feststellen musste, dass seine Stadt angegriffen wurde. Dadurch dass er eine Öffentlichkeit erreichte hatte es der Fotograf schwer seinen eigenen Weg einzuschlagen. Bis 1990 war es ihm nicht möglich zu studieren, da die Staatsicherheit ihn überwachte und dafür sorgte, dass sich Conrad nur in befristeten Jobs wiederfand.
Die größtenteils schwarz weiß Fotografien sind für jeden definitiv sehenswert, da sie eine Stadt zeigen, wie es sie nicht mehr gibt. Viele Orte sind kaum wieder zu erkennen.
Ein Feature von Johannes Köpcke mit Fotos von Robert Conrad (kein CC)
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