Mit 16 Stimmen wurde Milos Rodatos am 17. April zum neuen Präsidenten des Studierendenparlaments gewählt. Der Hochschulpirat sprach mit moritz über Transparenz, biedere Satzungsrealitäten und die Macht des Einzelnen.
Milos, die Außenwirkung einer politischen Institution trägt viel zu ihrem Image bei. Siehst du dich in deinem neuen Amt als „Verkäufer“ der Greifswalder Hochschulpolitik ?
Nein, nicht als Verkäufer. Ich bin der Bote (lacht).
Und was bringst du uns?
Hochschulpolitik.
In Reinform oder auch mit Inhalten?
Der Begriff „Hochschulpolitik“ schließt Inhalte doch schon ein (lacht). Na ja, wahrscheinlich trifft es Öffentlichkeitsarbeit für das Studiernendenparlament (StuPa) am besten. Auch dieses Interview ist letztendlich Öffentlichkeitsarbeit für das StuPa und die Hochschulpolitik und weniger Information über meine Person. Dementsprechend fühle ich mich gerade eher als Präsident denn als Student Milos Rodatos. Das Studierendenparlament steht, wie ich finde völlig zu Unrecht, in der Öffentlichkeit unglaublich schlecht da. Natürlich macht es einen großen Unterschied, ob ich Sitzungen als Außenstehender wahrnehme oder als aktiv Beteiligter. Sinn oder Unsinn einer hitzigen Debatte werden dann ganz anders beurteilt. Ich denke, dass wir als StuPisten ganz deutlich sagen müssen: Hey, wir sind die Leute, die eure acht Euro verwalten und ihr könnt mitbestimmen, was mit dem Geld passiert. Aktuell arbeite ich mich gerade in die Materie ein, aber mittelfristig ist geplant, die Arbeit des Präsidiums auf einer eigenen Internetseite transparent und nachvollziehbar darzulegen. Einfach um zu zeigen, womit wir uns wann beschäftigen und für welche Themen und Inhalte wir eintreten.
Was war deine ursprüngliche Motivation, dich um einen Sitz im Studierendenparlament zu bewerben?
Ich wollte der Hochschulpolitik nach meiner Funktion als Referent für Politische Bildung im Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) erhalten bleiben. Vorderrangig aus dem einfachen Grund, weil mir die Arbeit in diesem Bereich Spaß macht. Außerdem möchte ich nicht, wie viele andere, vier Tage in der Woche hier studieren, um die restlichen drei Tage dann zu Hause zu verbringen. In der Zeit, in der ich hier lebe, möchte ich der Stadt und der Universität durch Engagement etwas zurückgeben.
Du hast den Wunsch nach Engagement angesprochen. Wieso hast du dafür ausgerechnet das StuPa gewählt? Wieso nicht eine Initiative oder einen Verein?
Wenn man sich die letzten beiden Legislaturen im StuPa ansieht, fällt auf, dass das Interesse zu aktiver Mitarbeit doch deutlich nachgelassen hat. Meiner Ansicht nach noch stärker, als das bei vielen Initiativen oder Vereinen der Fall ist. Selbstverständlich leiden auch diese unter den Auswirkungen des Bachelor-Studiums. Für hochschulpolitische Belange halte ich die Arbeit des StuPa allerdings für essentiell, deswegen habe ich mich dafür entschieden. Das StuPa ist erstmal eine Plattform, durch die man viele andere Dinge kennen lernt, beispielsweise die vom AStA einberufenen Arbeitsgemeinschaften. In denen geht es dann nicht um klassische StuPa-Arbeit, sondern beispielsweise um die Gelder, welche wir nun aus den teilweise zu Unrecht erhobenen Rückmeldegebühren erhalten. Also in diesem Fall um die Stärkung studentischer Kultur in Greifswald voranzutreiben. Hier kommt es auf jeden Einzelnen an, der sich einbringen möchte, egal aus welchem demokratischen Lager.
Wie stehst du zu der Aussage, dass der stark institutionelle Rahmen des StuPa mehr interessierte Kommilitonen abschreckt?
Ich glaube tatsächlich, dass das für viele ein gewichtiger Grund ist, nicht StuPist zu werden. Allerdings ist die Satzung wichtig, schließlich sind wir durch das Landeshochschulgesetz an rechtliche Rahmenbedingungen gebunden. Wir hantieren mit hohen Geldsummen, da bin ich froh, dass dies nicht im rechtsfreien Raum passiert. Trotzdem muss das Engagement für die Studierenden an erster Stelle stehen und nicht das Hegen und Pflegen der korrekten Satzungsauslegung. Ich werde nie ein Präsident sein, der auf der Satzung herumreitet.
Siehst du den Bedarf, und wenn ja auch die Möglichkeiten, die trotz aller bürokratischen Notwenigkeiten recht bieder daher kommende Parlamentsarbeit zu reformieren?
Ich glaube für Außenstehende ist es schwierig, die komplette Arbeit eines StuPisten im Ganzen zu sehen. Natürlich haben wir gewisse Formalien, an die wir uns halten müssen. Trotz dieser rechtlichen und bürokratischen Vorgaben sind wir in unserer Arbeitsweise sehr flexibel – beispielsweise in der Entscheidung, welche Projekte man finanziell fördert. Man setzt sich für etwas ein, was dann umgesetzt wird. Das ist ein Prozess, der Verantwortung beinhaltet, aber auch unglaublich Spaß macht. Sei es eine konkrete Veranstaltung oder das Etablieren eines Themas auf der politischen Agenda, wie beispielsweise der Streit um den Umzug des Studentenclubs C9 im letzten Jahr. Am Ende eines steinigen Wegs gemeinsam mit Anderen sein Ziel zu erreichen, ist ein lohnendes Ziel für eine Mitarbeit im StuPa, trotz aller Formalitäten.
Warum hast du dich, nach erfolgreicher Wahl in das StuPa, für das Amt des Präsidenten beworben?
Ich habe ja auch bei meiner Bewerbung gesagt, dass ich mich aus freien Stücken beworben habe und nicht, wie einige Gerüchte besagen, weil das einige, seit langer Zeit in der Greifswalder Hochschulpolitik herumgeisternde, graue Eminenzen gerne wollten. Natürlich holt man von anderen Personen Meinungen ein, weil das Amt ja doch ein gewisses Anforderungsprofil hat.
Das da wäre?
Man muss durchsetzungsstark und bereit sein, es tatsächlich ausfüllen zu wollen. Mit der Vorbereitung der StuPa-Sitzungen ist es nicht getan: Man ist eine Plattform für viele Ansprechpartner, hält Kontakt zu den Fachschaften, zu den studentischen Medien, zum AStA und vielen anderen. Und während man als einfacher StuPist schon einen großen Einflussspielraum hat, vergrößert sich dieser als Präsident natürlich noch mal erheblich. Man sitzt zusätzlich im Senat und hat einen großen Einfluss auf den Verwaltungsrat des Studentenwerks. Es ist noch mal eine andere Dimension von Arbeit, die man erledigen kann.
Letztendlich geht es also um Macht? Und wenn nicht, ersetze Macht durch ein Wort deiner Wahl.
Verantwortung. Mir geht es um Verantwortung.
Das klingt erstmal nach einem großen Wort. Welche konkreten Ziele hast du dir für deine Legislatur gesteckt?
Ich möchte für die Studierenden außerhalb des hochschulpolitischen Dunsts zwei Sachen sichtbar machen. Erstens: Wo gehen die acht Euro Beitrag jedes Semester hin. Und zweitens: Welche Aufgaben hat ein StuPist, welche Arbeit erledigt er. Des Weiteren liegt mir am Herzen, dass gefällte Beschlüsse in der Praxis durch den AStA oder die entsprechenden Arbeitsgruppen auch umgesetzt werden. Ich habe natürlich auch eine Art Kontrollfunktion inne. Ich denke, dass man in dieser Legislatur neue Akzente setzen kann. Wer sich von den neuen StuPisten tatsächlich engagieren will, ist noch nicht ganz klar. Natürlich braucht man am Ende des Tages den Mix aus Leuten mit neuen Impulsen und Leuten mit Erfahrung. Der Großteil der aktuellen StuPisten aber ist jung und wild. Wild im Sinne von neu in der Hochschulpolitik und daher wenig voreingenommen. Das finde ich gut.
Das Interview führten Clemens Jaensch & Ole Schwabe die Fotos machte Johannes Köpcke