Vor dem Hintergrund der vorlesungsfreien Zeit waren die Zuschauerreihen während der Februar-Sitzung des Senats vergangenen Mittwoch gut gefüllt. Grund hierfür waren aber weniger die beiden Masterstudiengänge „Biodiversität und Ökologie“ oder „Tourismusmanagement“ oder die zweite Lesung zum künftigen Leitbild der Universität. Viel mehr lockte die angekündigte Pro-/Contra-Diskussion zum ewigen Streitthema Hausberufungen in den Konferenzraum der Universität.

Rektor entschuldigt sich für Verzögerung des Umzugs der FB Geschichte

Zuvor standen allerdings noch sieben weitere Tagespunkte und ein neuer Zwischenstopp auf den Irrfahrten der Fachbibliothek Geschichte auf dem Programm. Direkt im Anschluss an den monatlichen Rektoratsbericht konfrontierte Erik von Malottki den Rektor Prof. Rainer Westermann mit der neuerlichen Verzögerung des Umzugs der FB in die Rubenowstraße 4 und drängte darauf, dass das Projekt endlich zur Chefsache werden solle. Dieser entschuldigte sich für die „unglückliche Häufung von Missgeschicken“ während des Projektes und betonte, das Projekt sei bereits Chefsache und auch ihm liege daran, die FB „als Freihandbibliothek zur Verfügung zu stellen“.  Auf einen festen Termin wollte er sich aber ebenso wenig festlegen, wie auf die Nennung möglicher Alternativen, sollte das ausstehende Statikgutachten die derzeitigen Pläne über den Haufen werfen.

Rektor Westermann entschuldigt sich für die "unglückliche Häufung von Missgeschicken" während des Umzugs der FB Geschichte

Auch von Malottkis zweites Anliegen, dass der Fachschaftsrat Geschichte gegenwärtig ohne eigene Räumlichkeiten im Institut sei, nahm Westermann gelassen zur Kenntnis. Zum einen falle dies prinzipiell in den Aufgabenbereich der Fakultät und zum anderen forderte er den FSR auf, im Problemfall  direkt mit ihm in Kontakt zu treten, schließlich sei „Kommunikation auch immer zweiseitig“. Ohne weiteren Austausch wurden anschließend der Master „Biodiversität und Ökologie“ um ein Jahr verlängert und der neue Master „Tourismusmanagement und Regionalentwicklung“ bei einer Enthaltung ohne Gegenstimmen beschlossen.

Kohler: „Inzucht ist wissenschaftlich schlecht“

Es folgte die angekündigte Pro-/Contra-Diskussion zum ewigen Streitthema Hausberufungen, das heißt die Ernennung zu Professuren für bereits angestellte Universitätsmitarbeiter. Während der vorgetragenen Diskussion zwischen Prof. Heyo Kroemer, Dekan der Medizinischen Fakultät, als Befürworter der Maßnahme, und Prof. Klaus Fesser, Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, bestand aber ein pragmatischer Konsens, so dass die Diskussion erst durch Prof. Jürgen Kohlers Kritik der Hausberufungen an Fahrt aufnahm.

Heyo Kroemer, Dekan der Medizinischen Fakultät

Kroemer verteidigte die internen Berufungen, indem er sich zunächst auf den Gesetzestext berief, der kein generelles Verbot von Hausberufungen beinhalte, womit sie zumindest rechtlich nicht anfechtbar seien. Weiterhin herrsche in Zeiten des Internets eine „maximale Transparenz“ sowohl bezüglich der wissenschaftlichen Leistungen, als auch der Drittmittelerwerbungen und Patientenversorgung, so dass sich das intrinsische Risiko „ungebührlicher Ämter-Patronage“ von allein aufhebe. Zudem sehe sich die Greifswalder Medizin einem hohen Konkurrenzdruck durch privatwirtschaftliche Krankenhäuser ausgesetzt. Hausberufungen stellten hier ein angemessenes Verfahren dar, um junge und vielversprechende Mitarbeiter an Greifswald zu binden. Auch wenn Fesser die von Kroemer angeführte Transparenz und aus ihr resultierende Objektivität nicht sah, zeigte er Verständnis für den erwähnten Konkurrenzkampf um die besten Köpfe. Er betonte aber auch, dass der Austausch von Personal und Ideen für die Wissenschaft unabdingbar sei, um diese voranzubringen. Prinzipiell habe er daher nichts gegen interne Berufungen einzuwenden, dennoch sollten die Kandidaten mindestens zwei Jahre außerhalb des hiesigen Universitätsbetriebs Erfahrungen gesammelt haben.

Diesem Konsens, der das Verfahren zu einem legitimen und zweckdienlichem Mittel erhob, trat Kohler entschieden entgegen. „Inzucht ist wissenschaftlich schlecht“, fand er sofort deutliche Worte. Sein Blick auf den Gesetzestext ließ außerdem die Tendenz erkennen, dass interne Berufungen nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig seien. Diese zeichne aus, dass der „hauseigene Kandidat signifikant besser“ sein müsse als mögliche andere Bewerber oder, dass es sich bei der vakanten Stelle um eine „extrem seltene Professur“ handele. Ökonomische Gründe dürften Hausberufungen nicht zur Regel erheben. Die Universität sei außerdem dem demokratischen Prinzip der Bundesrepublik verpflichtet. Demnach müsse sie „verfahrensmäßige Neutralität“ gewährleisten und Stellen offen, mit gleichen Chancen für alle Bewerber ausschreiben. Eine Missachtung dieses Prinzips führe „auf direktem Weg nach Griechenland“, so Kohler weiter. Im Anschluss erhielt Kohler aber kaum Unterstützung für seine Position und mahnte schließlich zu mehr Strenge bei den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen von Hausberufungen.

Leitbild-Alternativen sollen an Hochschulöffentlichkeit verschickt werden

Erik von Malottki befürwortet, die Stadt in die Leitbild-Erarbeitung einzubeziehen.

Nachdem auf der letzten Sitzung bereits über alternative Textvorschläge zum zukünftigen Leitbild der Universität diskutiert wurde, präsentierte die Leitbild-Kommission diesmal ihr weiteres Vorgehen ohne auf die Texte an sich einzugehen, obwohl durchaus noch Diskussionsbedarf bestünde. Damit das Leitbild möglichst große Unterstützung an der Hochschule genieße, sollen die Textalternativen nun per Mail an die Hochschulöffentlichkeit versandt werden. Bis Ende April besteht dann die Möglichkeit, Feedback abzugeben, das in die weitere Ausarbeitung des Textes in einem zunächst internen Workshop einfließen soll. Für diesen wünsche man sich zwar eine externe Moderation, bisher gebe es aber keine Ideen, wer dies übernehmen könne.

Ob es auch sinnvoll wäre, einen externen Workshop anzubieten und die Stadt in den Entstehungsprozess einzubeziehen bleibt ebenfalls offen. Sowohl der Rektor als auch Erik von Malottki würden das Einbeziehen der Stadt als Zeichen zur Verständigung begrüßen, zumal auch die Stadt die Universität einlud, Anregungen zu ihrem Leitbild beizutragen, auch wenn diese nur auf wenig Resonanz stießen. Die Senatsvorsitzende gab aber zu bedenken, dass dies den Prozess nur verlängere und man „keine unendliche Geschichte“ wolle. Der aktuelle Entwurf kann im internen Bereich der Uni-Homepage nachgelesen werden. Dort befinden sich die Senatsunterlagen vom 15. Februar (Zugang nur mit gültigem Uni-Login).

Kohler regt präventive Auseinandersetzung mit univsersitärem Besoldungssystem an

Vergangenen Dienstag beschloss das Bundesverfassungsgericht, dass die hessischen Besoldungsregeln für W2-Professuren gegen das Prinzip der angemessenen Bezahlung von Beamten verstoße. Weil dieses Urteil nun eventuell auch eine politische Diskussion zum Besoldungssystem in Mecklenburg-Vorpommern hervorrufen könnte, regte Prof. Kohler an, sich auf einer zukünftigen Sitzung über das Besoldungssystem in Greifswald auszutauschen.  Im Vordergrund sollte keine Debatte der Details stehen, sondern eine allgemeine Reflexion über die bisherigen Erfahrungen mit leistungsbezogenen Besoldungen, sowie eine Klärung der Position der Universität zur Methodik dieser. Hierfür erntete Kohler Zuspruch vom Rektor, der aber auch forderte, dass diesem Austausch auch mögliche Vorstellungen eines geeigneten Besoldungssystems folgen sollte, die man eventuell an die Landesregierung herantragen könne.

Bilder: webMoritz-Archiv; Senat – Sandro Teuber; Heyo Kroemer – David Vössing; Rektor – Johannes Köpcke; Erik von Malottki – Christine Fratzke