Ein Bericht von David Vössing und Susanne Große

Mit zwei blauen Augen davon gekommen ist Bürgerschaftspräsident Egbert Liskow (CDU) in der Bürgerschaftssitzung am Montagabend. Ein Abwahlantrag von SPD, Linken und Grünen gegen ihn ergab nach geheimer Abstimmung ein Patt von 20 Ja- zu 20 Nein-Stimmen. Notwendig für eine Abwahl wäre die Mehrheit der 43 Bürgerschaftsmitglieder gewesen. Hingegen wurde Oberbürgermeister Dr. Arthur König bei einer knappen Mehrheit von 21 zu 19 Stimmen von der Bürgerschaft nach einem SPD-Antrag gerügt. Ein Antrag von Linken und Grünen auf die Einleitung eines Bürgerentscheides zur Abwahl Königs verfehlte mit 28 Gegenstimmen und 11 Ja-Stimmen die erforderliche Zweidrittelmehrheit deutlich. Beiden wird vorgeworfen, die Bürgerschaft zu spät über Kostensteigerungen beim „Technischen Rathaus“ informiert zu haben. Liskow wird zudem beschuldigt, die Unwahrheit zu sagen.

Bericht erhebt Vorwürfe gegen König, Liskow, Arenskrieger und BauBeCon

In seinem Bericht kommt der Untersuchungsausschuss zum „Technischen Rathaus“ zum Ergebnis, dass die Kostensteigerungen von 8,5 Millionen (Stand 2007) auf 13,8 Millionen Euro unterschiedliche Gründe hat. Dazu zählen unter anderem zwei Millionen Euro wegen unrichtigen und geschönten Planungsansätzen, zwei Millionen Euro aufgrund von Planungsänderungen und allgemeiner Preissteigerung sowie 1,2 bis 1,5 Millionen Euro wegen Risiken wie der Belastung der Bausubstanz. Ferner bemängelt der Bericht ein „fragwürdiges Verhalten“ des Sanierungsträgers BauBeCon mit einer „Politik der Abschottung“. Der Bericht erhebt auch Vorwürfe gegen Liskow (CDU), den ehemaligen Baudezernenten Reinhardt Arenskrieger und König, die die Bürgerschaft erst im Mai 2010 von den Kostensteigerungen berichteten, obwohl sie schon teilweise November 2009 oder Februar 2010 gewusst haben sollen.

Kerath: „BauBeCon nicht mehr sachkundig und vertrauenswürdig“

„Dem Bericht ist nicht hinzuzufügen“, begann SPD-Fraktionsvorsitzender Andreas Kerath seine Ausführung. Er sprach sich für eine Kündigung des Vertrages mit der BauBeCon aus: „Die BauBeCon ist nicht mehr sachkundig und vertrauenswürdig“ mit einer gefälschten Unterschrift des Oberbürgermeisters. Ferner befürwortete er eine Abwahl Liskows: „Der Bürgerschaftspräsident hat uns von den Mehrkosten nicht informiert, obwohl er davon wusste. “ Er hätte dazu „eine moralische und gesetzliche Pflicht gehabt“. Hingegen lehnte er einen Antrag auf Bürgerbescheid zur Abwahl von König ab: „Damit schießen wir über das Ziel hinaus. Deswegen befürworten wir eine Rüge.“

Bartels: „Präsident hätte alles auf den Tisch legen müssen“

Egbert Liskow musste sich vor dem Untersuchungsausschuss massiver Kritik stellen.

Bürgerschaftspräsident Egbert Liskow bleibt im Amt.

Kritik an König und Liskow übte auch der Linke-Fraktionsvorsitzende Dr. Gerhard Bartels. Er missbilligte das Verhalten Königs und sagte mit Blick auf Liskow und die zuerst verschwiegenen Mehrkosten: „Der Präsident hätte sofort alles auf den Tisch legen müssen.“ Mit dem früheren Baudezernenten Reinhard Ahrenskrieger ging er hart ins Gericht. „Es war eine Lüge von ihm, als erbei direkter Nachfrage im Februar 2010 sagte, es gebe keine Kostensteigerungen.“ Somit sei er neben der BauBeCon für das Desaster „Technisches Rathaus“ verantwortlich, das er eine „Bestattungsstätte für Steuergelder“ nannte. Auch Ullrich Bittner von den Grünen meinte, dass der „Oberbürgermeister stärker hätte reagieren müssen“. Auch Liskow kritisierte er stark. Der Bürgerschaftspräsident hätte seine Chance auf Schadensbegrenzung nicht genutzt, da er nichts zugegeben hatte. Daher sprach er sich für eine Abwahl Königs und Liskows sowie die Trennung von der BauBeCon aus und beklagte einen realen Schaden von 1,2 Millionen Euro für die Stadt.

CDU wollte Bericht des Untersuchungsausschusses zugunsten Liskows ändern

Seitens der CDU betonte Mechtild Thonack, dass Liskow nicht die Unwahrheit gesagt habe. „Egbert Liskow soll im Ruf geschädigt werden“, warf sie der SPD Wahlkampf vor, was diese zurückwies. Liskow ist Landtagsabgeordneter und kandidiert auch wieder bei den Landtagswahlen Anfang September. Die CDU forderte in einem Änderungsantrag zum Untersuchungsausschussbericht, dass Liskow keine umfassenden Kenntnisse gehabt habe. Damit wollte die CDU einen Satz aus dem Bericht streichen, der Liskow vorwirft, „nachweislich nicht der Wahrheit“ gesagt zu haben. Das lehnte die Bürgerschaft in namentlicher Abstimmung Anträge bei 19 Ja-Stimmen bei 21 Gegenstimmen und zwei Enthaltung ab. Ein weiterer Antrag lautete, den Bericht nur zur Kenntnis zu nehmen, was mit 16 Ja-Stimmen bei 25 Gegenstimmen abgelehnt wurde. Letztendlich machte sich die Bürgerschaft den Bericht zu Eigen und beschloss ihn. Gleichzeitig wurde einstimmig beschlossen, dass der Bericht des Untersuchungsausschusses samt der Stellungnahme der BauBeCon an die Landesregierung geschickt wird, damit sich diese ein Bild von Arenskrieger machen kann, der im letzten Jahr zum Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes befördert wurde.

Oberbürgermeister Dr. Arthur König wurde gerügt. Ein Abwahlantrag scheiterte gegen ihn deutlich.

Für Sebastian Ratjen von der FDP war die ganze Debatte eine „Realsatire“. Wie Thonack kritisierte er auch den Abwahlantrag gegen Liskow: „Wir machen das Schmierentheater nicht mit, Liskow in die Wüste zu jagen.“ Der SPD passe es vor der Wahl ins Programm „dass jemand von den Hunden gebissen wird“. Auch Ludwig Spring von der Bürgerliste sieht eine Abwahl Liskows als unverhältnismäßig an: „Er steht an der ersten Stelle der Bestrafung, aber an der letzten der Information.“

Vertrag mit der BauBeCon lösen

In einem weiteren Beschluss forderte die Bürgerschaft, dass die Verwaltung den Vertrag mit der BauBeCon „im gegenseitigen Einvernehmen“  mit Verhandlungen lösen soll. Ob dies möglich ist, scheint fraglich. „Wir wollen gerne die Zusammenarbeit fortsetzen“, äußerte Greifswalds BauBeCon-Geschäftsführer Eckhard Horwedel. Im Übrigen wies er die Vorwürfe des Untersuchungsausschusses zurück: „Die Baubecon hat nicht selbstständig agiert, sondern nur auf Wunsch der Stadt.“ Bleibt der Verwaltung nur ein anderer Weg zur Vertragsauflösung. Sie soll die Kündigung des Vertrages prüfen, heißt es im selben Beschluss der Bürgerschaft.

Fotos: Susanne Große (Liskow), ruedis_fotos_via_flickr (Rathaus), Torsten Heil (König)