Oliver Wunder (28) wohnt im fünften Stock eines Plattenbaus. Er studiert Geographie, Politikwissenschaft und BWL. Seit sechs Jahren schreibt er regelmäßig in seinem Blog. Ansonsten zeltet er schwarz und frittiert leidenschaftlich.

Neulich wurde mein Leben gehackt. Jemand hatte es komplett auf den Kopf gestellt. Statt meiner getigerten Katze begrüßte mich morgens ein rosa Schweinchen. Beim Blick in den Spiegel stellte ich fest, dass der latente Bartschatten einem preußischen Kaiser-Wilhelm-Schnurrbart gewichen war. Und auf meinem Handy fehlte der goldkettenbehängte US-Rapper. Dafür war dort das „Hello Kitty“ Kätzchen zu sehen – worst case ever!

Zum Glück ist dieses Szenario frei erfunden, so eine Real-Life-Manipulierung sehr unwahrscheinlich und wohl auch noch nicht in dieser übertriebenen Form vorgekommen. Was aber für die reale Welt komisch klingt, kann digital schnell passieren. Erst kürzlich haben wir das in Greifswald mitbekommen, als das Facebook-Profil des damaligen StuPa-Präsidenten manipuliert wurde.

Sowas kann mir doch überhaupt nicht passieren. – Moment! Wie viele Türen oder Schlösser kann ich im realen Leben mit dem gleichen Schlüssel öffnen und wie oft benutze ich im Internet das gleiche Passwort für die verschiedensten Dienste?

Als erstes eine kleine Bestandsaufnahme: Für Haustür, Keller, Fahrrad, Briefkasten, Badezimmer und Büro habe ich verschiedene Schlüssel. Kommt jemand an einen meiner Schlüssel, kann er immer nur ein Schloss damit öffnen. Passwörter besitze ich für PC-Benutzerkonten, E-Mail-Adressen, soziale Netzwerke, Bankkonten, Blogs, Foren, Wikis, Communities wie Flickr, Messenger wie Skype und ICQ, Cloud Datenspeicher und eine ganze Reihe anderer Internetdienstleistungen.

Passwortliste

Ob das die echten Passwörter des Autors sind?

Vor wenigen Tagen kam wieder mal raus, dass „123456“, „Passwort“ oder einfach nur ein freundliches „Hallo“ zu den häufigsten deutschen Passwörtern im Internet gehören. So einfach mach ich mir das zwar nicht. Doch die richtige Kombination von Benutzername und Passwort öffnet die Tore von mindestens zehn Seiten, die so wichtige digitale Funktionen wie E-Mail-Verkehr oder soziale Netzwerke stellen. Denn, um mir nicht jedes mal ein neues Passwort zu merken, nutze ich fast überall das gleiche. Ein Passwort, sie alle zu öffnen. Beim Gedanken daran wird mir mulmig.

Ich muss handeln. Als erstes logge mich bei allen Internetdiensten ein, bei denen ich registriert bin und ändere meine Passwörter. Dann erstelle ich eine passwortgeschützte Passworttabelle, speichere sie auf meinem USB-Stick und schick sie zur Sicherheit nochmal per E-Mail an mich selbst; das Passwort zur Tabelle sichere ich in einem analogen Backup auf Papier. Bei mir ist jetzt alles sicher. Und wie viele Tore öffnet dein Standardpasswort?

Fotos: Oliver Wunder, Gabriel Kords (Porträt), Jakob Pallus (Grafik)

Dieser Text ist Teil des webMoritz-Projekts „fünf x fünf – Die Kolumne“. Vom 20. Juni bis 22. Juli schreiben werktags fünf Autoren an je einem festen Tag eine Kolumne für den webMoritz. Weitere Infos gibt es hier. Morgen ist an der Reihe: Oleg Maximov.