„Meine Kugelschreiber bezahle ich selbst“
Matthias Lietz, CDU, zieht nach seinem Erfolg bei der Bundestagswahl nach Berlin. moritz erzählte er, wie er die Interessen von Stadt und Universität dort vertreten will.
moritz Herr Lietz, Sie ziehen mit 38 Prozent in den Bundestag ein, damit liegen sie über dem Zweitstimmenergebnis ihrer Partei. Sind Sie zufrieden oder hätten Sie sich für die CDU mehr erhofft?
Matthias Lietz Persönlich bin ich sehr zufrieden, es ist ein gutes Ergebnis. Ich bin auch besonders stolz darauf, dass ich mit meinem Ergebnis über dem Bundesdurchschnitt der CDU liege. Auf der anderen Seite müssen wir davon ausgehen, dass die Parteien sich immer mehr annähern werden und es keine absoluten Mehrheiten mehr geben wird.
moritz DIE LINKE schaffte es in Greifswald knapp unter die 30 Prozentmarke. Die Piratenpartei konnte hier eines ihrer bundesweit besten Ergebnisse erzielen. Wie deuten Sie die Stimmung in der Region anhand dieser Zahlen?
Lietz Die Region Greifswald ist ja geprägt durch die Universität und die jungen Menschen hier. Es gibt ein breites politisches Spektrum. Durch die Uni gibt es eine Sonderstellung. Zu meinem Wahlkreis gehören aber auch Ostvorpommern und Demmin, wo die Landwirtschaft eine besondere Rolle spielt.
moritz Wie wollen Sie die Interessen unserer Universität und ihrer Studierenden in Berlin vertreten?
Lietz Die Universität ist der Schwerpunkt meiner Arbeit in Greifswald. Ich möchte helfen, wo immer es geht. Informell oder personell, in dem ich zum Beispiel auf Professoren zugehe und Kontakte knüpfe.
moritz Wie wichtig ist Ihnen das Thema Bildung?
Lietz Es ist ein sehr wichtiges Thema. Aber es hat zwei Aspekte: Zum einen ist die demographische Entwicklung in MV rückläufig, was bedeutet, dass die wenigen jungen Menschen, die noch da sind, noch besser ausgebildet werden müssen, um eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben. An dieser Stelle müssen wir den Hebel ansetzen.
moritz Was heißt das konkret?
Lietz Ich besuche regelmäßig Messen und Jobbörsen, um Probleme zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausfindig zu machen. Dabei hört man von Arbeitgeberseite immer wieder, dass ein Mangel an Fachkräften besteht. Für mich ist der Schlüssel zu mehr Bildung die Wirtschaft. Wenn wir durch Beschäftigung mehr Steuereinnahmen generieren, dann haben wir auch mehr Geld für Bildung. Eine funktionierende Wirtschaft ohne Krise ist das Fundament für diese Wertschöpfung.
moritz Wie stehen Sie zu Studiengebühren und Bolognareform?
Lietz Dafür bin ich zu wenig der Fachmann. Aber generell halte ich nichts von Studiengebühren.
moritz Ihnen ist vorgeworfen worden, in Berlin nur Hinterbänkler zu sein. Was entgegnen Sie solchen Kritikern?
Lietz Vor der Wahl ist mir diese Thematik sehr oft begegnet. In Schwerin fragte man mich: Warum machst du das? Du bist doch hier in einer anerkannten Position. Man verkennt dabei, dass jeder Abgeordnete im Bundestag eine Aufgabe hat – in der Partei und im Wahlkreis. Beispielsweise sind das in meinem Wahlkreis die Wirtschaftsentwicklungen in Ostvorpommern. Nun habe ich die Chance, diesbezüglich direkt zu agieren.
moritz Dong Energy verzichtet auf den Bau eines Kohlekraftwerkes in Emden. Ändert das etwas an Ihrer Meinung zum geplanten Kraftwerksbau in Lubmin?
Lietz Wer auch immer 1976 beschlossen hat, dort ein Kraftwerk zu bauen, hat damit Energiepolitik betrieben. Jetzt sage ich: Wir können die 500 Hektar Industriestandort nutzen, die schon da sind, oder ein neues Kraftwerk in die grüne Wiese setzen. Ich bleibe bei meinem Standpunkt und bevorzuge die erste Alternative. Abgesehen davon gibt es auf der Anlage bereits einige Sonnenkollektoren und regenerative Energiequellen, die im Allgemeinen ebenfalls über Lubmin genutzt werden können.
moritz Warum hat ausgerechnet ein liberales Wirtschaftsbündnis die Wahl mitten in der Wirtschaftskrise gewonnen?
Lietz Ein Schwerpunkt des Bürgers bei der Wahl war die wirtschaftliche Entwicklung. Ich halte nichts von der These, dass es durch ein Bündnis von CDU und FDP zu einem sozialen Kahlschlag kommt. Wir müssen das Sozialwesen durch die Wirtschaft stärken. Es kann dem Arbeiter nur gut gehen, wenn es dem Chef gut geht.
moritz Was erwarten Sie von Ihrer neuen Chefin, der Bundeskanzlerin?
Lietz Die Menschen setzen auf die Kanzlerin, das zeigt ihr gutes Wahlergebnis. Und ich setze auch auf sie. Ich setze auf sie, weil ich sie seit 1990 in verschiedenen Positionen kennenlernen konnte. Ich achte ihren Stil politisch zu agieren. Sie ist die Kämpferin im Stillen.
moritz Wie bewerten Sie das schwache Abschneiden der SPD?
Lietz Das Wahlergebnis der SPD hat mich persönlich schwer getroffen. Ich dachte die beiden großen bürgerlichen Parteien der Bundesrepublik seien etabliert und stabil. Doch offensichtlich ist dem nicht so.
moritz Wer bezahlt eigentlich Ihre Kugelschreiber?
Lietz (lacht) Ich habe meine Kugelschreiber während des Wahlkampfes und auch davor immer privat bezahlt und ich werde das auch weiterhin so handhaben.
moritz Herr Lietz, wir bedanken uns für das Gespräch.
Das Interview führten Alexander Müller, Christine Fratzke und Mathies Rau.