Der Neubau des Kohlekraftwerks hatte das Zeug zum Prestigeprojekt der großen Koalition im Landtag, doch dann wurde zuerst eine Hängepartie daraus. Jetzt scheint ein Scheitern des ambitionierten, aber höchst umstrittenen, Kraftwerksbaus in Lubmin immer wahrscheinlicher.

Der neue Ministerpräsident Erwin Sellering hatte bereits häufiger vorsichtige Zweifel an dem umstrittenen Neubau geäußert. Vor einigen Tagen dann wurde er vor dem CDU-Wirtschaftsrat deutlich: Er warnte die Teilnehmer vor Umweltschäden durch ein Steinkohlekraftwerk. Insbesondere die mögliche Erwärmung des Greifswalder Boddens, in den das Kühlwasser des Steinkohlekraftwerks eingeleitet werden soll, hält Sellering für ein großes Problem. Die Kraftwerksgegner prognostizieren mit dem Anstieg der Wassertemperatur im Bodden auch einen deutlichen Anstieg des Algenwachstums im Bodden und vor der Küste Rügens – mit desaströsen Folgen für den Tourismus in der Region.

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Das Kraftwerk: Nur kleiner Fleck in der Landschaft oder große Dreckschleuder? Darstellungen von Befüwortern und Gegnern im Vergleich.

Insgesamt stehen Sellerings Äußerungen für einen langsamen, aber stetigen Kurswechsel der Regierungspartei SPD. Seit Sellerings Übernahme der Amtsgeschäfte von Harald Ringstorff finden die Kritiker in den eigenen Reihen offenbar ein immer stärkeres Gehör. Derzeit prüft das Staatliche Amt für Umwelt und Naturschutz (STAUN), ob dem Bauantrag, den der dänische Bauherr „Dong Energy” gestellt hat, stattgegeben werden kann. Im Anhörungsverfahren im letzten Jahr sowie in den Monaten danach waren seitens des Amtes immer wieder Ansätze von Zweifeln an der Vertretbarkeit der Eingriffe in die Natur laut geworden. Vor einigen Monaten hatte das Amt eine umfangreiche Liste mit Nachforderungen an die Bauherren übermittelt. Die Folgen für die Umwelt seien im ursprünglichen Antrag nicht hinreichend berücksichtigt worden, hieß es dazu. „Dong Energy” hatte seinerseits Nachbesserungen beim Antrag und der Umwelttechnik versprochen.

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Erwin Sellering

Erwin Sellering betonte gestern vor dem CDU-Wirtschaftsrat, dass die Landesregierung zum Industrie- und Energiestandort Lubmin stehe. Weder am geplanten Endpunkt der neuen Ostsee-Pipeline werde gerüttelt noch am Bau eines Gaskraftwerks. Außerdem sind in Lubmin weitere Industriebetriebe, eine Intensivierung des Hafen-Betriebs und auf halber Strecke zwischen Lubmin und Greifswald ein unterirdischer Gasspeicher geplant.

Die Äußerungen Sellerings sind neben der Brisanz, die das Neubauprojekt in der Region genießt, auch insofern prekär, da das Projekt im Koalitionsvertrag von SPD und CDU verankert ist. Außerdem ist Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) ein Befürworter des Projekts. An manchen Stellen gilt er sogar als einer der Initiatoren der geplanten Investition von über 2 Milliarden Euro. Bisher wollte sich das Wirtschaftsministerium jedoch nicht zu Sellerings Warnung äußern

Sellerings öffentliche Meinungsäußerung muss nicht unbedingt ein endgültiges Scheitern des Projekts bedeuten. Sellering hat schon häufiger gesagt, er werde auf keinen Fall Einfluss auf das Genehmigungsverfahren nehmen, an dessen Rechtsstaatlichkeit er nicht zweifele. Der Greifswalder CDU-Kommunalpolitiker Egbert Liskow hatte sich das kürzlich ganz anders vorgestellt.

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Bilder: webMoritz-Archiv