In der vorletzten Sitzung scheiterte Prof. Jan-Peter Hildebrandt an der Wahl zum Prorektor der Universität (webMoritz berichtete). Wahrscheinlich stimmten vor allem die Studenten und die Mitarbeiter gegen ihn. Diese Woche wählt der Senat erneut.
Diesmal stellt sich der Dekan der Theologie, Prof. Michael Herbst, der Wahl zu dem verantwortungsvollen Amt. Unsere Kollegen vom Moritz Magazin haben bereits mit Michael Herbst gesprochen und ihn hier ausführlich vorgestellt. Seine Wahl gilt als vergleichsweise sicher, wurde er doch sowohl vom Rektorat als auch von den Senatoren vorgeschlagen.
Trotzdem stellt sich der Dekan in einer öffentlichen Fragerunde am Mittwoch um 13 Uhr im Hauptgebäude der Universität einer öffentlichen Fragerunde. Genau wie Professor Hildebrandt könnet sich auch Professor Herbst dort mit unangenehmen Fragen zu seiner Vergangenheit konfrontiert sehen.
Michael Herbst soll einer Kommission der Evangelischen Landeskirche vorgestanden haben, die sich gegen Ordination von schwulen und lesbischen Studenten ausgesprochen hat. Dies zumindest sagte 2007 der damalige AStA-Referent für Gender und Gleichstellung Patrick Leithold gegenüber Moritz TV. Michael Herbst wollte damals kein Interview zu dem Thema geben.
Konkret heißt das, dass Theologie-Studenten in Mecklenburg Vorpommern auf Grund Ihrer sexuellen Ausrichtung kein zweites Staatsexamen machen können. Dazu haben wir für Euch den Moritz TV Spezial-Beitrag von 2007 rausgesucht. Das Thema Kirche & Homosexualität wird ab Minute zwölf angesprochen:
Foto: Fabian Mederacke via Pressestelle der Theologie
*Update:*
15.2. – 10.17 Uhr
Auf unsere Fragen antwortet Herr Herbst mit folgender Stellungnahme:
„Die sexuelle Orientierung spielt bei allen unseren Lehrveranstaltungen und Prüfungen keine Rolle; alles andere wäre m.E. unethisch. Ein zweites Staatsexamen für Theologen gibt es nicht; für alle kirchlichen Examen liegt die Hoheit bei der Landeskirche und nicht beim Staat, weshalb auch unsere Stellung dazu unerheblich ist. Es geht m.E. auch nicht um die Prüfungen bei der Landeskirche, sondern die folgende Übernahme in den kirchlichen Dienst, die wiederum ausschließlich eine kirchliche Angelegenheit ist. Das Examen allein ist keine Berechtigung zur Übernahme in den kirchlichen Dienst. Die Ergebnisse der Kommission zeigen die nicht aufgelöste Spannung zwischen verschiedenen Positionen zum Thema und nehmen nicht endgültig Stellung. Die Studie kann bei der Landeskirche angefordert werden.“
*Update 16.2. um 0.26 Uhr*
Inzwischen konnten wir weitere Stellungnahme einsammeln. Hier der jetzige AStA-Referent für queer und Gleichstellung, Korbinian Geiger (RCDS):
„Das war auch Thema in meinem Referat, als ich diesbezüglichen Gerüchten nachging.
Ich bin mir nach inzwischen zahlreichen Gesprächen sicher, daß es an der TheolFak keine Diskriminierung Homosexueller gibt, auch (bzw. erst recht) nicht bei Prüfungen. Im übrigen sollte die „sexuelle Identität“ keine Rolle spielen. Wer aber seine Sexualität aus dem Bereich des (intimen) Privatlebens, wo sie hingehört, hervorholt und vor sich herträgt, muß auch mit zwischenmenschlich hervortretendem Mißfallen rechnen; dies ist aber orientierungsunabhängig an der ganzen Universität der Fall und betrifft meist den Umgang der Studenten untereinander.
Zur Übernahme in den kirchlichen Dienst: Es wird von der Pommerschen Evangelischen Kirche nicht überprüft, ob ein Kandidat homosexuell ist oder nicht. Übrigens kam es auch bei Patrick Leithold (Anm. der Redaktion: Der frühere AStA-Referent, der im Moritz TV-Beitrag die Vorwürfe erhebt) nicht zu einer Ablehnung der Ordination wegen seiner Homosexualität.
Ansonsten ist die Pommersche Evangelische Kirche wohl leider bald Geschichte (aus Einspargründen, obwohl keine Stellen gespart werden sollen…).“
Und auch Tony Große, AG-Leiter der Gender-Trouble Arbeistgemeinschaft des StuPa bezieht zu dem Thema Stellung:
„Ich habe darüber schon einiges von Patrick Leithold gehört. Ich kenne noch weitere Studenten, die homosexuell sind und Theologie studieren. Daher denke ich mir, dass durch die Aussage von Prof. Herbst und die veraltete Meinung vieler Geistlicher und der pommerschen Landeskirche noch weitere Studenten sich entweder nicht trauen, sich ihrer eigenen Persönlichkeit klar zu werden oder weitere einfach nicht bereit sind, ihren Studienwunsch hier zu erfüllen, obwohl sie es möchten.
Allein nur aus der Angst heraus, ich darf eh nicht zum Examen, obwohl ich nichts verbrochen habe. Ich finde es beschämend, dass ein intelligenter Mensch immer noch so eine abweisende Meinung gegenüber Homosexuelle hat. Obwohl diese auch nur einfache Menschen sind, die keinem Rechenschaft schuldig sind, was ihre sexuellen Vorlieben angeht, als sich selbst. Denn wir Homosexuelle sind auch „normal“ und haben die gleichen Rechte, wie jeder andere!
Ich, ebenfalls schwul, als AG-Leiter der Gender-Trouble Arbeistgemeinschaft des Stupa der EMAU heiße dies nicht gut und finde dies zu teifs diskriminierend!“
Patrick Leithold selbst schreibt zu unserer Anfrage:
„Ich werde mich zu dem Artikel und der Stellungnahme von Prof. Herbst nicht äußern.
Ich kann nur sagen, dass der nominierte Kandidat meine Stimme nicht hat! Es liegt in den Händen des AStA/StuPas hier dem Kandidaten auf den Zahn zufühlen und sich für die Minderheiten in den Reihen der Studierenden, welche auch heute noch von Diskriminierung betroffen sind, einzusetzen.
Diese Arbeit ist in letzter Zeit zu kurz gekommen. Die bevorstehende Wahl von Prof. Herbst würde hier gute Ansatzpunkte bieten.“
Der Vollständigkeit halber wollen wir ergänzen, dass
wir auch noch einmal Professor Herbst folgende zwei Fragen schickten:
a) Welche Position vertraten Sie persönlich zur Ordination von Schwulen und Lesben in dieser Kommission?
b) Ist ein Studium der Theologie nicht vergleichsweise unbefriedigend, wenn der Student danach nicht in den Kirche übernommen werden darf?
In seiner längeren Antwort, die er jedoch leider nicht veröffentlicht wissen möchte, weist Herbst am Ende noch einmal auf sein bereits veröffentlichtes Statement (siehe oben) hin und macht deutlich, dass kein Student wegen seiner sexuellen Ausrichtung Nachteile befürchten müsse.
*Update 18.2.*
Professor Herbst wurde wie erwartet vom Senat zum Prorektor gewählt.
Oh man… sorry aber in der Sendung sind echt klopper…mal abgesehen von der Aussage der Moderatorin "Leider kann jeder denken, was er will." finde ich es ganz großartig, dass der evangelische Studentenseelsorger zur Position des Papstes befragt wird. Das ist, was den Erkenntnisgewinn angeht, genau so sinnvoll wie die Meinung der Kanzlerin zur Rekonziliation der Lefebvre-Bischöfe….
Und was die Aussagen zu Prof. Herbst angeht: "Leute aus dem Umfeld haben gesagt er neigt wahrscheinlich eher…"…nunja…vielleicht kann man beim nächsten Mal noch ein möglicherweise an den Anfang des Satzes stellen.
PS: Bevor jemand das in den falschen Hals bekommt: Die Gewalttaten, über die in dem Zusammenhang berichtet wird, heiße ich keinesfalls gut. Das tut sicher weder die evangelische Landeskirche noch die römisch-katholische Kirche. Der Zusammenhang zwischen Kirche und Gewalt wird hier (in meinen Augen) nicht genügend differenziert.
Deine Kritik ist berechtigt. Aber die Katholiken äußern sich auch gerne mal zu anderen Religionen 😉
Ohne den Beitrag verteidigen zu wollen, aber so weit ich weiß ist das, was der AStA-Referent damals gesagt hat, keine Einzelmeinung gewesen. Und wenn Herbst sich dazu nicht geäußert hat, ist es natürlich schwierig für die Autoren.
Am besten wäre natürlich sie hätten jemand anderes aus der Kommission gefragt…
Ohne den Beitrag verteidigen zu wollen, aber so weit ich weiß ist das was der AStA-Referent damals gesagt hat, keine Einzelmeinung gewesen. Und wenn Herbst sich dazu nicht geäußert hat, ist es natürlich schwierig.
Hat wer mehr als Hörensagen auf Lager? Wenn nein, sollte man sich zurückhalten und nicht vor der Wahl diesen Artikel zücken. Ich studiere Theologie und habe bislang nichts von den Unterstellungen gegen Herrn Prof. Herbst bemerkt.
Hallo Jens,
Wie Du in der Stellungnahme von Herrn Herbst lesen kannst, streitet er entsprechende Äußerungen und Positionen nicht ab. Fraglich ist nur, ob diese Position seine private Meinung sind oder ob sie in den Bereich der Universität gehören. Und selbst dann, kann man natürlich noch immer ausführlich darüber streiten, ob es nicht gute Gründe für seine Position gibt, oder nicht.
Auch "zücken" wir nicht diesen Artikel kurz vor der Wahl. Die Moritz TV Sendung ist bereits seit 2007 im Archiv von http://www.moritztv.de online.
@ Sebastian: Wie war denn überhaupt die frage auf die er geantwortet hat? Selbst wenn Herr Prof. Herbst die Meinung vertritt, dass Homosexuelle nicht zum Priester ordiniert werden können, ist dies schätze ich aus dem Verständnis der pommerschen-evangelischen Landeskirche im Bezug auf Homosexualität zum einen und Priesteramt zum andern gut ableitbar. Besonders, da es ja für deren Priester kein Zölibat gibt. Politisch korrekt mag es nicht sein, aber dazu ist Religion auch nicht da…
Ich denke, dass die Studenten, die diese Kritik vortragen sich vor allem darüber aufregen, dass die konserative Position der Kirche auch in der Universität noch Fürsprecher finden.
Ob sich Religionen wirklich der politischen Debatte über Gleichberechtigung und Anerkennung von Minderheit entziehen dürfen, würde ich sagen, ist mindestens umstritten.
Ich denke, dass die Studenten, die diese Kritik vortragen sich vor allem darüber aufregen, dass die konserative Position der Kirche auch in der Universität noch Fürsprecher finden.
Ob sich Religionen wirklich der politischen Debatte über Gleichberechtigung und Anerkennung von Minderheit entziehen dürfen, würde ich sagen, ist mindestens umstritten, wenn nicht sogar falsch.
Es geht nicht darum ob sie sich der Debatte entziehen, sondern eher darum ob sie unpopuläre Positionen beziehen dürfen. Und davon gibt es in den christlichen Krichen, gerade was die Sexualität betrifft einige, zuegegeben bei den Orthodoxen und Katholiken noch mehr als bei den Protestanten.
die großen christlichen kirchen haben in deutschland doch einen besonderen stellenwert, auf den sie vermutlich auch einen gewissen wert legen. ich könnte mir zum beispiel vorstellen, dass die finanzielle situation der kirchen "etwas" anders aussehen würde, wenn man die kirchensteuer abschaffen würde.
wer eine derartige verbindung zum staat hat, sollte sich auch an die grundlegenden werte des staates halten, ansonsten sollte man diese verbindung überdenken. ich persönlich finde es als protestant schade, dass auch die evangelische kirche noch solche steinzeit positionen vertritt, über die katholische kirche braucht man in dieser beziehung ja erst gar nicht reden.
Die pommersche Kirche hatte vor einigen Jahren ein Gutachten der Fakultät zum Thema Homosexualität angefordert. Da ging es aber weniger um die Ordination als vielmehr darum, ob homosexuelle Paare gesegnet werden sollen. Die Synode hat das Gutachten nach der Debatte dann für paar Jahre auf Eis gelegt. Dort wird es wohl bleiben, bis diese Landeskirche in der Nordkirche aufgeht.
Zur Frage der Ordination von Homosexuellen: Das liegt in der Entscheidung der Landeskirchen. Selbst in Pommern gibt es kein striktes Verbot einer solchen. Allerdings wird von den betroffenen Pfarrstellenbewerbern erwartet, dass sie im Pfarrhaus dann zölibatär leben.