Hochschulgruppen dominieren erstmalig das Studierendenparlament

„Ich hasse Hochschulpolitiker“ – diesen Satz mussten wir dieses Jahr vermissen. Die einen mag es gefreut haben, die anderen gestört, sieben von acht Studierenden wird es nicht interessiert haben. Die Rede ist vom Wahlkampf zur StuPa-Wahl, der dieses Jahr weniger polemisch, aber insbesondere in der Endphase materialaufwendig geführt wurde.

Dennoch – oder eher deswegen? – entschiedenen sich 1.527 Studierende dazu, an der Wahl eines neuen Studierendenparlaments teilzunehmen. Damit lag die Wahlbeteiligung bei 12,7 Prozent und so insgesamt etwa 2,5 Prozent höher als im letzten Jahr. Es wurde also nicht nur das Ergebnis der letzten beiden Jahre, sondern sogar das Ergebnis von 2006 übertroffen – ein Anlass zu Freude. Zumindest dann, wenn der Blick in Greifswald verbleibt. Und nicht zum Beispiel die Ostseeküste entlang nach Kiel schweift, wo prozentual doppelt so viele Studierende zur Wahl gehen. Inwieweit die Steigerung der Wahlbeteiligung auf die Berichterstattung der studentischen Medien und den Wahlkampf der Hochschulgruppen zurückzuführen ist, lies sich leider nicht erheben.

Im Detail auf die Ergebnisse (siehe Tabelle auf Seite 12) der Wahl geblickt, gestatten sich einige Feststellungen. Ebenso überragender wie überraschender Wahlsieger sind die Grünen, die aus dem Stand alle ihre fünf Kandidatinnen und Kandidaten, von denen bisher nur Alexander Schulz-Klingauf einen Namen in der Hochschulpolitik hat, in das StuPa brachten und alle hohe Stimmenzahlen erhielten – allen voran Anne Klatt, die mit 278 Stimmen die meistgewählte Studentin ist.
Überraschend erscheint dieser Wahlsieg nicht nur, weil die Grünen eine neu formierte Gruppe sind, sondern auch, weil ihr Wahlkampf deutlich dezenter als der der anderen Hochschulgruppen ausfiel und sie auch in der – teils kontroversen – webMoritz-Berichterstattung kaum präsent waren.

Ein zweiter Wahlsieger sind die Jusos. Sie konnten zwar- mit Ausnahme von Christian Bäz, einem Ex-Grünen – keine herausragenden Stimmenzahlen auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten vereinen, obwohl sie den wohl aufwendigsten und teuersten Wahlkampf führten, aber sieben ihrer Kandidatinnen und Kandidaten schafften es ins StuPa. Die achte, die bisherige stellvetretende StuPa-Präsidentin Jaana-Leena Rode, ist auf dem ersten Nachrückplatz und damit wohl spätestens im Mai oder Juni im StuPa. Die Jusos profitierten somit von der Personenwahl, denn die Grünen erhielten gut vier Prozent mehr Stimmen, aber zwei Mandate weniger. Aber sie profitierten auch davon, dass auf 27 StuPa-Sitze nur 41 Studierende kandidierten und somit immer noch 75 entschlossene Wählerinnen und Wähler mit ihren Stimmen die drei Jusos ins StuPa hätten bringen können. Die „Schwelle“ zum StuPa lag in diesem Jahr bei 72 Stimmen.

Nicht einmal das gelang dem Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS), der nur gut die Hälfte seiner Kandidatinnen und Kandidaten ins StuPa brachte. Aus den Ergebnissen beider Hochschulgruppen lässt sich vielleicht das durchaus positive Fazit ziehen, dass teure Hochglanzwahlwerbung nicht automatisch zu guten Ergebnissen führt. Die Liberale Hochschulgruppe machte von Anfang an nur für einen Kandidaten Werbung und so wurde auch nur dieser eine, David Wulff, gewählt. Die Linke.SDS beschränkte sich auf Plakate in den Instituten und ist diese Legislatur erstmals mit zwei Mandaten und damit als Gruppe im StuPa vertreten.

Von den freien Kandidaten, die es ins StuPa schafften, sind mit (in der Reihe ihrer erhaltenen Stimmen) Thomas Schattschneider, Frederic Beeskow, Sebastian Jabbusch und Paul Dederer erwartungsgemäß (alt-)bekannte Gesichter der Hochschulpolitik gewählt worden, die anscheinend Wahlwerbung nicht nötig hatten. Die Wahl Christian Setts und Maik Jablonowskys, die beide als einzige Vertreter ihres Studiengangs Fachschaftsinteressen vertreten wollen, wie auch die Wahl Enrico Howes kam dagegen eher unerwartet. Darauf, was von diesen drei Neulingen im StuPa zu erwarten ist, ist gespannt zu blicken.

Das neue StuPa hat eine deutliche Mehrheit von in Hochschulgruppen organisierten Vertreterinnen und Vertretern, rein rechnerisch sogar eine rot-rot-grüne, „linke“ Mehrheit. Wie auch eine Mehrheit von StuPa-Neulingen. Ob beides eine neue Politik des StuPas bedeutet, gilt es im moritz nachzulesen oder besser noch dann und wann einmal direkt im StuPa zu verfolgen.

Autor: Peter Schulz

Die Legislatur 2009 beginnt heute!

Ein Kommentar von Arik Platzek

Die Zeit nach der Wahl gehört bereits den neu oder wieder Gewählten. Wenn sich das Studierendenparlament im April konstituiert, sind schon zwei von zwölf Monaten Legislatur vorüber. Von den verbleibenden zehn Monaten ziehe man nochmals drei Monate Sommerpause ab und es verbleiben derer sieben. Im Januar entschied das alte StuPa ein letztes Mal – nun warten wir bis April auf die ersten Beschlüsse der Wahlgewinner von 2009. Und was geschieht bis dahin?

Nichts! Zumindenstens im StuPa. Während in der Hochschulpolitik des Landes, dem Rektorat und in den Fakultäten die Vertreter der jeweiligen Instanzen und Organe in jeder einzelnen Woche des Jahres mindestens 40 Stunden damit verbringen, über die Zukunft unserer Hochschule zu bestimmen und diese zu entscheiden, ruhen die Vertreter der Studierendenschaften des Landes in beinahe der Hälfte dieser Zeit. Und bei der zwei Mal pro Monat in der Vorlesungszeit stattfindenden und jeweils vier Stunden währenden Sitzungen des Studierendenparlamentes vergehen jeweils rund 60 Minuten für Berichte und Formalia. Das ist gut so. Nur was kann ein StuPa in den verbleibenden 45 von 8760 Stunden eines ganzen Jahres bewirken?

Nichts! Wenn es die Verhältnisse nicht klar erkennt und daher auch nicht vernünftige Konsequenzen ziehen will. Die Konsequenz muss sein, Hochschulpolitik aus eigener Bequemlichkeit und Selbstgefälligkeit nicht vor allem auf dem Rücken der Studierendenschaft zu betreiben. Natürlich, die Bauchnabelschau ist weniger politisch komplex und anspruchsvoll. Aber ob AStA-Berichte, Medienkritik oder nur Finanzanträge: Es gilt vor allem, die Probleme aller Studenten zu lösen. Statt bestehende Verhältnisse in der Studierendenschaft zugunsten der eigenen politischen Profilschärfe zu problematisieren. Denn was brächte das?

Nichts! Wenn im April das neu gewählte StuPa zusammentreten wird, erwartet die Studierendenschaft von seinen gewählten Vertretern, dass es die grundlegenden Entscheidungen unverzüglich fällt. Zeit zur Vorbereitung gab es genug. Animositäten und politische Tändeleien verdienen also kein Verständnis mehr. Dazu war der Wahlkampf da. Senatoren, AStA-Mitglieder und LKS-Vertreter haben auch keine Ferien. Und trotzdem läuft auch ihnen ständig die Zeit weg. Gibt es dann für also Stupisten noch einen Grund zur Langeweile?

Nein! Denn wenn das StuPa im April endlich aus seinem Winterschlaf erwacht, könnte es schon soweit: Ein Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von 50 Euro wurde eingeführt. Eine neue Zielvereinbarung wurde beschlossen. Wenn wir uns nicht auf unsere Vertreter in Senat, AStA und LKS verlassen könnten, wären wir wohl sehr verlassen. Übrigens: Selbstreflexion ist mehr als Bauchnabelschau. Also sollte die kommende Vollversammlung nicht vergessen werden. Weder von hochschulpolitischen Vertretern, noch von den Studenten!