Von sündhaft teurem Wohnraum hört man oft, wenn man sich für das Wohnen in deutschen oder ausländischen Großstädten interessiert. Überraschenderweise haben es die überhöhten Mieten mittlerweile auch in die Greifswalder Innenstadt geschafft. In einem sogenannten „Wohnheim“ in der Baderstraße werden entsprechend hohe Preise vom Vermieter standardmäßig angesetzt, die mehr als 80 Prozent über dem örtlichen Mietspiegel liegen.
Ein Student, der sich nach vorheriger Rechtsberatung für eine Mietpreisminderung entschieden hat, wurde nun sogar von dem Vermieter verklagt. Michael C. wollte die vollkommen überhöhten Kosten nicht mehr bezahlen, die für ihn persönlich laut Mietvertrag 345,00 Euro Warmmiete für ein 14-m²-Zimmer betragen. Insgesamt liegen die Mietkosten in seiner 5er-WG bei etwa 1650 Euro. Die Räumlichkeiten sind jedoch nur etwa 100 m² groß – ein stattlicher Preis für eine Wohnung, selbst im ehemaligen Hotel Preußischer Hof.
Das eigentlich Interessante hierbei ist, dass der Vermieter für sich reklamiert, an keinen Mietspiegel gebunden zu sein. Das wäre tatsächlich richtig, wenn es sich um ein Studentenwohnheim handeln würde, denn für entsprechende Wohnheime gelten die Bestimmungen des örtlichen Mietspiegels nicht. Doch andererseits dürfen Wohnheime auch keiner Gewinnerzielungsabsicht nachgehen. Stattdessen müssen sie den Wohnraum relativ günstig oder sogar nur kostendeckend bereitstellen: Es gilt das Prinzip der Gemeinnützigkeit. Bei solch hohen Mietpreisen ist dieser Anspruch mehr als nur extrem zweifelhaft. Dennoch erklärt der Vermieter, er lasse sich „von dem Gedanken leiten, Studenten Wohnraum zu moderaten Konditionen anbieten zu können.“.
Der rechtliche Spagat des vermietenden Unternehmens zwischen Gewinnstreben und angeblichem Nicht-Gebundensein an den Mietspiegel ist somit wahrscheinlich eher ein Versuch, die Gewinnspanne zu erhöhen. Doch einen Lichtblick gibt es: Wenn tatsächlich auf der Klassifizierung als Wohnheim bestanden wird, so können die Studenten wohl bald mit einer allgemeinen Mietminderung rechnen. Und falls festgestellt würde, dass es sich eben nicht um ein Wohnheim handelt, so würde der Greifswalder Mietspiegel zum Zuge kommen. Weshalb trotz dieser klaren zivilrechtlichen Gesetzeslage ein Verfahren angestrebt wird, weiß wohl weiterhin nur der Vermieter selbst.
Link zum Vermieter
Bildquelle: Mit freundlicher Genehmigung von Frank-2.0, aus Fotoserie Greifswald 1993, via Flickr
Lustig, auf der Website schreibt der Anbieter „bezahlbares Wohnen“… *kopfschüttel*
Also ich wohne selber in diesem „Wohnheim“ und kann nur sagen, dass ich froh bin das ende September mein ein jährig befristeter Mietvertrag ausläuft.
Ich bezahle in einer 4er WG 305€ für ein 12 m² Zimmer. Dadurch das der Gemeinschaftsraum und das WC absolut kein fenster besitzt sind diese auch schon fast „unbewohnbar“ da sich das Lüften als außergewöhnlich schwierig darstellt.
Sind denn alle Zimmer belegt? Grundsätzlich muss man doch einfach die Vertragsautonomie(Art 2 I GG) akzeptieren. Wer da nicht wohnen kann/will, muss es doch auch nicht!
Ich glaube bis auf ein zwei Ausnahmen sind alle belegt.
Dort ziehen halt die Studenten ein die im anbrechenden Wintersemester zu spät nach Wohnungen schauen und nichts mehr finden! Das ist die pure Verzweiflnung die einen hier einziehen lässt.
Natürlich gilt auch hier wie überall die Vertragsautonomie, aber ein Mietspiegel ist dennoch bindend, wenn es kein Wohnheim sein sollte (wovon m.M.n. ausgegangen werden kann). Und wenn es eines ist, dann müssen die Mieten so gestaltet sein, dass sie die Kosten decken, aber ansonsten einer Art Gemeinwohlprinzip folgen – also entsprechend der Instandhaltungs- und Betriebskosten günstig ausfallen.
Vertragsautonomie kann es selbst nur im Kapitalismus geben. Wir leben (zum Glück) noch immer (?) in einer sozialen Marktwirtschat. Und die richtet sich gegen faktische oder realtive Monopole. Und am Anfang jedes Semesters, wenn alle normalen Wohnungen weg sind, müssen auch die Mensch vor dem Straftatbestand „Wucher“ geschützt werden, die nicht mehr und nicht weniger brauchen als ein Dach über den Kopf (siehe Menschenrecht auf Wohnheim in der UN-Charta).
Eigentum verpflichtet. Schlimm genug, dass der Mietspiegel in HGW wegen der explodierenden Studentenzahl so hoch ist. Diesen dann aber auch noch über 80 % zu erhöhen und Menschen in einen 12 Monatsvertrag zu sperren, ist meiner Meinung nach unmenschlich. Wenn es wenigstens eine Luxuswohnung mit Pool wäre. Aber für 12 oder 14 qm und Küche ohne Fenster ist dies offensichtlicher Betrug.
Sofort Einzugs ermächtigung kündigen und Mietzahlungen reduzieren (kann jeder Mieter!!). Vor Gericht kommt der Vermieter m.E. nicht durch.
@ Jabbusch
Moralisch gesehen gebe ich dir zu 100 % recht, aber so sind nunmal einige Menschen. Ich würde dir, lieber Sebastian aber raten, nicht solche Anschuldigungen wie „Betrug“ vorzunehmen. Davon ist zumindest strafrechtlich der Vermieter sehr weit entfernt. Wo siehst du die Rechtsgrundlage für deinen Tip, die Mietzahlung einfach zu reduzieren? Um wieviel Prozent sollen die Mieter die Zahlung reduzieren?
Wo ist eure Rechtfertigung, diesen Schweinehund noch direkt oder indirekt zu verteidigen? Jede eurer Argumentationen resultiert aus nicht mehr als fehlenden moralischen Bezügen und Klugscheißertum.
Ich bin der Verklagte…also trotz vertragsautonomie gibt es dennoch den mietspiegel. außerdem ist es in diesem fall relativ klar, dass der vermieter die notlage der zum WiSe anfangenden studenten bewusst ausnutzt und trotz vertragsautonomie kann man sich dagegen wehren. Allen die ebenfalls in der Baderstr. wohnen kann ich nur empfehlen sich den greifswalder mietspiegel zu besorgen und sich rechtlich beraten zu lassen…
@ Christoph:
Bei der zu zahlenden Miete würde ich mich am Mietspiegel orientieren (ich glaube irgendwas um die 5,60 pro qm? Kann in der Innenstadt aber auch höher sein) und den gerichtlich anerkannten Zuschlag von 20 % addieren. Diese Summe dann mit der jeweiligen qm-Zahl multiplizieren. Diese Summe würde ich dann überweisen.
Betrug ist tatsächlich falsch – sollte eher mein Gefühl ausdrücken. Der Fall erinnert mich nur ziemlich arg an SMS-Abo-Verkäufer oder 01805-Call-In-Shows oder Kaffee-Fahrten. Alles irgendwie das selbe Muster: Ausnutzung von Unwissen und Naivität von Menschen. In diesem Fall sogar noch schlimmer, weil hier sogar „kluge“ Menschen reinfallen, da sie schlicht in einer Notlage waren. Ich erinnere noch mal daran, dass die Stadt inzwischen fast jedes in jedem Semester kurz davor ist, Sporthallen zu öffnen, um Not-Schlafplätze anzubieten. Ich glaube bisher ist es noch immer verhindert worden. Im letzten Semester durch den AStA und das berühmte Couch-Surfen…
Auch sonst wird in Greifswald mit der Not der Studenten gut Geld gemacht. Viele Immobilienhändler nehmen für die Wohnungsvermittlung (die teilsweise auf einmaliges zeigen beruht) zwei Kaltmieten. Üblich ist eine Kaltmiete. Zudem werden die Kaltmietpreise extra hochgerechnet (Heizung kostet dann nur 5 Euro extra), damit die Prämie für die Vermittlung möglichst hoch ist.
Du verstehst was ich meine?
Gruß, Seb
Nachtrag:
Den Mietspiegel für Greifswald und eine Berechnung für die eigene Wohnung gibts hier:
http://www.mieterverein-vorpommern.de/mietspiegel2008.pdf
Beim Mieterverein Greifswald (im SPD-Haus gegenüber der großen Mensa) gibts auch Beratung für Mieter.
dabei sollte man natürlich beachten, dass sich der mietspiegel auf wohnungen bezieht, nicht auf wg-zimmer.
und eigenmächtig miete kürzen, ohne vorher mit anwalt/mieterverein geredet zu haben halte ich für eine scheissidee. der vermieter hat unter garantie ne rechtsschutzversicherung und wird sie im zweifelsfall auch nutzen.