Piratenpartei gründet Kreisverband in Greifswald

Am Donnerstag wird in Greifswald ein Kreisverband der Piratenpartei gegründet werden, der die Hansestadt Greifswald und die Landkreise Ostvorpommern und Demmin umfassen wird. Derzeit haben die Piraten in dieser Region etwa 25 aktive Mitglieder. Ziel der Gründung ist im Hinblick auf die Bundestagswahl am 27. September die Koordination und die Arbeit vor Ort im Wahlkampf.

Piraten MV Logo

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Drei Jahre nach ihrer Gründung ist die Piratenpartei die siebtgrößte demokratische Partei in Deutschland. Die meisten der fast 7000 Mitglieder traten in den letzten Monaten bei. Mit den steigenden Mitgliederzahlen haben sich in den vergangen Monaten eine Reihe Kreisverbände gegründet, vornehmlich in Bayern, Hessen, und Rheinland-Pfalz. Der am Donnerstag zu gründende Kreisverband wird der erste in Mecklenburg-Vorpommern sein.

Die Gründungssitzung ist öffentlich am 3. September um 17:00 Uhr im Café Caspar (Fischstraße 11).

Bundestagswahlen: Piraten treten in MV an

Am vergangenen Donnerstag um 18 Uhr kam der Moment, in dem sich entschied, ob die Piratenpartei auch in Mecklenburg-Vorpommern zur kommenden Bundestagswahl antreten darf. Bereits am 17. Juli gab der Bundeswahlleiter bekannt, dass die Piratenpartei eine der 29 für die Bundestagswahl anerkannten Parteien ist (Pressemitteilung).

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Logo des Landesverbandes

Um tatsächlich antreten zu können, müssen genug Unterstützungsunterschriften gesammelt werden. Für Mecklenburg-Vorpommern lag die magische Zahl bei 1419 beglaubigten Unterschriften plus 10%-Puffer. Die Unterschreibenden müssen keine Parteimitglieder sein, aber im entsprechenden Bundesland mit Erstwohnsitz gemeldet sein.

Noch am letzten Tag wurden Beglaubigungen eingeholt von den Piraten Martin Hackbarth und Tristan Varbelow auf einer Tour von Greifswald nach Schwerin über Loitz, Demmin, Sanitz, Broderstorf, Rostock, Bad Doberan, Kühlungsborn, Neubukow und Wismar. Nachdem die letzte Unterschrift um 17:56 geleistet wurde, übergaben sechs Mitglieder der Piratenpartei eine Liste von 1666 Unterschriften an den Landeswahlleiter (bzw. die Sachbearbeiter) in Schwerin.

Über die Zulassung muss nun noch der Landeswahlausschuss am 31.7. entschieden, das ist jedoch mehr eine Formsache als eine ernstzunehmende Hürde. Die Piratenpartei rechnet derzeit damit, in allen Bundesländern außer Sachsen bei den Bundestagswahlen anzutreten.

Piraten vor dem Dienstsitz des Landeswahlleiters

V.l.n.r Tristan Varbelow, Martin Hackbarth, Hendrik Krause (Vorstandsvorsitzender der Piraten), Sebastian Stiffel (Spitzenkandidat M-V), Jan Klemkow

Ein-Themen-Partei?

In den letzten Wochen hat die Partei viel Medienecho hervorgerufen, besonders durch den Erfolg bei der Europawahl (0,9% deutschlandweit, 1,83% in Greifswald), doch wofür genau steht die Vereinigung mit dem martialischen Namen? Martin Hackbarth (Jurastudent, 22, Stammtisch-Organisator) ist Pirat seit Mitte Juni und meint dazu:

“Man wirft uns ja gerne vor, dass wir uns nur auf das Internet beziehen, illegale Downloads legalisieren wollen und einigen anderen Schmarrn.
Wir sind eine Partei, die im digitalen Zeitalter entstanden ist. Wir wollen die Grundrechte der Menschen schützen und das nicht nur im Internet. Unsere Punkte im Bereich des Datenschutzes; der Bürgerrechte bzw. Grundrechte beziehen sich sowohl auf das Leben online, als auf offline.
[…] Die Vorwürfe zum illegalen Download sind schlichtweg falsch.
Des Weiteren haben wir uns ja auch zum Patent- , Urheberrecht, Bildung, Transparenz geäußert. Das sind Themen die das Leben offline angehen.”

Er sieht Parallelen zu den Grünen, die mit den Themen Umwelt- und Tierschutz gestartet sind und dies reichte, um sie zu wählen, da diese Themen von anderen Parteien zur Gründungszeit eher vernachlässigt wurden. Das langfristige Ziel ist dementsprechend auch das Knacken der 5-Prozent-Hürde.

Weiter berichtet Hackbarth von den Auf und Abs des Unterschriftensammelns, z.B. von “lausigen” sechs Unterschriften, die an einem Tag innerhalb von vier Stunden vor der Mensa zusammenkamen. Dass es dennoch geklappt hat, liegt sicherlich auch an den heutigen Möglichkeiten der schnellen und kostengünstigen Bekanntmachung durch das Internet, dessen Kanäle von den Piraten ausgiebig genutzt werden, etwa mit einem Twitter und einem Wiki. Außerdem haben die Piraten sich für den Bundestagswahlkampf in Greifswald so einige Überraschungen ausgedacht, die sie dem webMoritz allerdings noch nicht öffentlich verraten wollten.

Bilder: Frank Bürger/Piratenpartei

Piraten organisieren sich in Greifswald

Die Ergebnisse der Europawahlen für Greifswald hat der webMoritz im Zuge der Berichterstattung über die Kommunalwahlen ganz bewusst nur am Rande gestreift. Vor allem ein Erfolg dieser Wahl verdient allerdings eine nähere Betrachtung: Die Piratenpartei holte in Greifswald nach offiziellen Angaben 1,8 Prozent der gültigen Stimmen – und ist damit die zweitstärkste der Kleinparteien. Das besondere an der Piratenpartei: In Greifswald wurde kein Wahlkampf gemacht, es gab keinen Ortsverband und nicht mal einen Landesverband. Dennoch stimmten 324 der 18.142 WählerInnen für die Piraten.

Damit haben die Piraten in Greifswald ihr bundesweit fünftbestes Wahlergebnis eingefahren, wie jüngst das Zeit-Magazin in seiner Rubrik “Deutschlandkarte” herausfand. Überhaupt hat die Partei in Universitätsstädten gut abgeschnitten, in ostdeutschen Universitätsstädten sogar besonders gut. Auch in Mecklenburg-Vorpommerns zweiter Universitätsstadt Rostock lag das Wahlergebnis deutlich über dem bundesweiten Durschnitt von 0,9 Prozent.

Wer sind die Piraten und was wollen sie?

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Logo des neuen Landesverbands

Die Partei wurde 2006 aus der Taufe gehoben und ist einer Bewegung zuzurechnen, die in Schweden ihren Anfang nahm. Dort erreichte die Piratenpartei übrigens bei den Europawahlen aus dem Stand gut sieben Prozent und entsendet damit mindestens einen Abgeordneten ins Europäische Parlament. Ziel der Gruppierung, die sich als Partei der Informationsgesellschaft versteht, ist laut Wikipedia “die Förderung freien Wissens und freier Kultur, Schutz vor dem Überwachungsstaat sowie einen Paradigmenwechsel vom gläsernen Bürger zum gläsernen Staat.” Außerdem legt das Grundsatzprogramm besonderen Wert auf “die Sicherung des Fernmeldegeheimnisses, eine Reduzierung der Patentierbarkeit insbesondere in den Bereichen Software, Gentechnik und Geschäftsideen sowie freien Zugang zu Ergebnissen der öffentlich geförderten Forschung und Entwicklung.”

Die Partei positioniert sich fast ausschließlich zu diesen Themen und hält sich aus übrigen Bereichen bewusst heraus. Ein Wahlprogramm für die Bundestagswahlen wird am kommenden Wochenende auf dem Bundesparteitag in Hamburg beschlossen. Weitere Informationen über die Partei, die jüngst Schlagzeilen machte, weil der wegen kriminalpolizeilichen Ermittlungen umstrittene Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss von der SPD zu “den Piraten” wechselte, finden sich auf  deren Homepage. (mehr …)