Rezension: Schauspiel „Stalker“ im Rubenowsaal

Veranstaltungsplakat

Die Zone – ein unheimlicher Ort, an dem Naturgesetze außer Kraft sind. Niemand weiß, wie diese entstanden ist. War es ein Meteoriteneinschlag oder der Besuch einer außerirdischen Zivilisation? Eines aber ist sicher: Die Zone zu betreten, ist gefährlich.

Das Theater Vorpommern führt zum Jahresabschluss das Stück „Stalker“ auf. „Stalker“ ist eine Kooperation mit dem Studententheater StuThe, dem Theater Vorpommern und dem Caspar-David-Friedrich-Institut der Universität Greifswald. Angelehnt an Andrej Tarkowskis gleichnamigen Kultfilm erzählt es die Geschichte des namensgebenden Stalkers, der sein Geld als Fährtenleser innerhalb dieser „Zone“ verdient. Seine beiden ungleichen Kunden, Wissenschaftlerin und Schriftsteller, soll er tief in der Zone zum „Zimmer“ führen. Hier, so sagt man, werde der innigste Wunsch eines jeden Wirklichkeit. Die Reise dorthin wird für die drei wie für den Zuschauer jedoch zu einer Reise in das eigene Selbst.

Die Bühne im Rubenowsaal der Stadthalle ist nur spärlich mit Requisiten ausgestattet. Die Kulisse besteht aus einem Gebilde aus Gerüststangen, welche sich bis in die Publikumsreihen erstreckt. Diese befinden sich links und rechts des Gerüstes. Eine strikte Teilung zwischen Schauspiel- und Zuschauerraum gibt es nicht, das Publikum betritt mit dem Stalker die Zone, begleitet ihn und seine Gefährten während des Stückes. Wird umschwirrt von den Suchern, Schauspielern in archaisch anmutenden Kostümen, die die Zone und ihre Wechselwirkungen mit dem Stalker symbolisieren. Doch nicht nur der Zuschauerraum ist Bühne, die Schauspieler beziehen auch emporragende Gestänge mit in ihre Darbietung ein. Die Mimen klettern und hangeln sich von Stahlpfosten zu Stahlpfosten, hängen sich an die Konstruktion, springen wieder zu Boden.

Nicht nur die Bühnenkonstruktion bietet Überraschendes. Insgesamt zehn Schauspieler wirken an dem Stück mit. Neben dem Stalker und seinen Begleitern, hört man auch die Frau des Spurensuchers aus dem Off, sieht ihr Kind und die bereits erwähnten Sucher. Während ihrer Reise ersetzen zudem sogenannte Wiedergänger die Professorin und den Schriftsteller. Sie tauschen die Geschlechter und zeigen, wie in einem Flashback, Geschehnisse, die sich vor ihrem Aufbruch in die Zone ereignet haben. Die Wiedergänger bieten tieferen Einblick in die Seelen ihrer Originale, stiften aber auch beim Publikum Verwirrung. Nur langsam werden dem Zuschauer diese Wandlungen, die Etappen der Seelenreise klar.

„Stalker“ ist kein reines Theaterstück. Vielmehr ist es ein Kunstprojekt. Als solches angekündigt, wird es tatsächlich dieser Beschreibung gerecht. Die Atmosphäre, die Tarkowski in seinem Film noch mit Hilfe von Naturaufnahmen und Wechseln in der Farbigkeit aufbaute, wird hier nun mittels Bühnenkonstruktion, Videoprojektionen und den Suchern und Wiedergängern evoziert – nicht in der gleichen Weise bildgewaltig, aber ebenso eindringlich. Beladen mit Symbolen nimmt das Stück den Zuschauer mit zum Wunschzimmer, aber auch tief in die Seelen der Akteure – und in die eigene.

Fotos: Vincent Leifer

Entwicklungspolitische Tage: Veranstaltungen der zweiten Woche

Unter dem Motto “Welt Macht Geld” finden nun schon seit dem 2. November die Entwicklungspolitischen Tage statt. Hier findet ihr das Programm für die zweite Woche.

Der Student Ole Schwabe verbrachte im Zuge des Projektes Weltwärts Ein Jahr als Freiwilliger in Togo. Von September 2009 bis September 2010 lebte er in Dapaong, einem kleinen Dorf im Norden Togos. Dort engagierte er sich im Verein IT Village. Welche Eindrücke er dabei sammeln konnte, verrät er am Mittwoch, den 10. November, um 19.30 Uhr im St. Spiritus.

Wer am Freitag, dem 12. November, noch nichts vorhat, ist herzlich zum Vortrag „Grundeinkommen. Streit um eine Zukunftsidee“ eingeladen. Ab 20.00 Uhr referiert der Autor Werner Rätz im Stadtteilzentrum Schwalbe über das Grundeinkommen. Er stellt die Idee mit ihren Möglichkeiten vor, diskutiert Fragen, die sich daraus ergeben, und gibt einen Überlick über die gegenwärtige Debatte.

Am Samstag, 13. November, bietet Rätz zudem einen Workshop zum Thema „Modelle solidarischer Ökonomie“ an. Als Beispiel dienen unter anderem Haus- und Gartenprojekte, Tauschringe, Open-Source-Projekte und Umsonstläden, aber auch Aktivitäten in Kunst und Kultur. Der Workshop findet von 10.00 bis 16.00 im St. Spiritus statt.

Am gleichen Tag um 19.30 Uhr lädt die Stelzentheatergruppe Alta Vista in den Rubenowsaal der Stadthalle. Aufgeführt wird das Stück „Geldgeschichten“: Bei dem Versuch, sich von seinen Schulden zu befreien, verändert ein Mensch immer mehr sein Gesicht. Der Eintritt beträgt 3 Euro.

Ab 21.00 Uhr kann dann im IkuWo gefeiert werden. Auf der Abschlussparty steht dann die Band Polit-Beat auf der Bühne und der Spaß nach dieser ernsten Woche im Vordergrund. Der Eintritt für die Party beträgt 6 Euro.

Neben diesen Veranstaltungen warten auch zwei Ausstellungen auf Besucher. Das Antiquariat Rose in der Steinbecker Straße zeigt Fotos von Amnesty International zum Thema „Wohnen. In Würde. Roma in Rumänien und Italien“. Die Ausstellung setzt sich mit den erbärmlichen Bedingungen auseinander, in denen die Roma oftmals leben, aber auch mit Zwangsräumungen, mit denen sie sich konfrontiert sehen.

Im Stadtteilzentrum Schwalbe informiert zudem das internationale Netzwerk attac zum Bedingungslosen Grundeinkommen in einer Ausstellung. Besucher haben täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr die Möglichkeit, sich über dieses kontrovers diskutierte Thema zu informieren. Der Eintritt ist zu beiden Ausstellungen frei.

Foto: Veranstaltungsflyer

Konzertbericht: Project Pitchfork im Mau-Club

Sänger Peter Spilles von Project Pitchfork

Der Freitagabend im Rostocker Mau Club stand ganz im Zeichen von gotisch angehauchtem Electro. Die Kultband Project Pitchfork aus Hamburg hatte zum Konzert geladen, um ihr neues Album „Continuum Ride“ vorzustellen.

Den Anfang machten aber Lost Area aus Freiburg. Ihr Electrosound á la Cephalgy gepaart mit zwei Sängern und Gitarrenunterstützung konnte zu Anfang nur wenige Zuschauer mitreißen. Je länger die Band jedoch auf der Bühne stand, desto mehr Gefallen fand das Publikum an ihnen. Trotzdem war bald schon Schluss für Lost Area.

Nach einer kurzen Umbaupause betraten dann Project Pitchfork die Bühne. Von Anfang an wurde die Band um Sänger Peter Spilles und Keyboarder Dirk Scheuber frenetisch gefeiert. Peter Spilles, wie immer mit dem charakteristischen blauen Strich im Gesicht, bellte seine Texte ins Mikrofon. Ein Teppich aus Synthieklängen waberte durch den Raum, peitschendes Schlagzeug trieb die Kompositionen an. Dazu zuckte rhythmisch ein Laser und hüllte das Mau in grünes Licht.

Die Spielfreude der Band färbte rasch auf das Publikum ab. Schon nach dem ersten Ton gab es kein Halten mehr. Hier rissen EBMer mit Keilschnitt und Springerstiefeln ihre Fäuste in die Luft, dort schwangen Rocker in Lederjacke ihre Häupter, drüben tanzten Gothics ausgelassen.

Anlass zum Tanzen hatten Project Pitchfork genug mitgebracht: Neben Liedern vom neuen Album wie „Beholder“ und „Endless Infinity“ intonierten sie auch Klassiker wie „Timekiller“. Mit „God wrote“ ging das Konzert dann nach etwa zwei Stunden zu Ende. Die Lasershow stoppte mit dem letzten Ton und Peter Spilles und seine Mitstreiter verließen wortlos die Bühne. Die Party ging danach aber für viele Besucher noch bis in die frühen Morgenstunden weiter.

Foto: asw909 via flickr

Propädeutikum für Lateinkurse beschlossen

Für viele Geschichtsstudenten stellt das Latinum eine große Hürde in ihrer Studienlaufbahn dar. Nun soll künftigen Studenten der Einstieg in die lateinische Sprache mit einem Propädeutikum erleichtert werden.

Ende des letzten Sommersemesters riefen die Lehrenden am Historischen Institut eine Kommission ins Leben, die Möglichkeiten prüfen sollte, wie den Studierenden der Weg zum Latinum erleichtert werden könne. Ihr gehörten neben dem Fachschaftsrat Geschichte auch Professor Thomas Stamm-Kuhlmann, Direktor des Historischen Instituts, Dr. Bernard van Wickevoort Crommelin vom Lehrstuhl für Alte Geschichte, sowie Dr. Lars Deile vom Arbeitsbereich Fachdidaktik und Jens Metz an, der als Lateindozent tätig ist und auch die Latinumsprüfung abnimmt. Metz schätzt die Zusammenarbeit als harmonisch und fruchtbar ein: „Es gab aus meiner Sicht keine großartigen Meinungsverschiedenheiten. Soweit ich das einschätzen kann, sieht der aktuelle Fachschaftsrat  – eher als der vorige – die Notwendigkeit des Lateins bzw. Latinums für Historiker.“ Den Wünschen vieler betroffener Studenten, lediglich Lateinkenntnisse zu verlangen, konnte jedoch nicht entsprochen werden. Eine derartige Änderung der bestehenden Regelungen obliegt allein dem Kultusministerium in Schwerin.

Um den Studenten dennoch entgegenzukommen, beschloss die Kommission die Einführung eines Propädeutikum oder Tutorium. In ihm sollen insbesondere die Kenntnisse der Studenten zu grammatikalischen Grundbegrifflichkeiten auf einen einheitlichen Stand gebracht werden. Professor Stamm-Kuhlmann hat bereits die Finanzierung dieses Propädeutikums beantragt. Bis diese allerdings bewilligt ist, kann noch einige Zeit vergehen. Die Lehrveranstaltung wird frühestens im Sommersemester 2011 angeboten werden.

Eine Regelung, dass das Latinum bis zum Ende des Grundstudiums abzulegen sei, wie es einige Lehrkräfte sich wünschen, wird es jedoch in den nächsten Semestern nicht geben. „Hierfür wäre nach Auskunft des Historischen Instituts eine Änderung der Studienordnung notwendig, womit ein sehr hoher administrativer Aufwand einherginge. Dennoch wäre eine derartige Regelung aus meiner und auf lange Sicht wünschenswert.“, so Metz. Ob eine solche Bestimmung jemals eingeführt wird, steht aber weiterhin in den Sternen.

Hintergrund:

Wer Geschichte auf Lehramt studiert, benötigt für das Staatsexamen das Latinum. Dies stellt viele Studenten, die das Latinum nicht bereits in der Schule abgelegt haben, vor ungeheure Schwierigkeiten. Die Arbeitsbelastung gleicht nicht nur der eines zusätzlichen Studienfachs. Wer die Latinumsprüfung dreimal nicht besteht, darf bundesweit keinen Abschluss machen. Näheres zu bestehenden Regelungen und den daraus resultierenden Problemen gibt es hier.

Bild: eisenbahner via flickr (Lateintext)

CD-Rezension: „Rotten Roma Casino“ von Spiritual Front

Albumcover "Rotten Roma Casino"

Rom, die ewige Stadt: In einem heruntergekommenen Vorort, in dem tagsüber Obdachlose und nachts Prostituierte die Straßen beherrschen, lädt ein Casino ein, den Sorgen des Alltags für eine gewisse Zeit zu entfliehen. In den verrauchten Räumen – zügelloses Glücksspiel, käuflicher Sex und Whiskey, der einen tiefer und tiefer in einen Abgrund ohne Wiederkehr zu ziehen scheint.

Dieses Szenario hat sich die italienische Band Spiritual Front als Rahmen für ihr neues Album „Rotten Roma Casino“ gewählt, das vor einigen Wochen erschienen ist. Spiritual Front – das sind Frontmann Simone „Hellvis“ Salvatori und seine Mitstreiter. Seit Ende der Neunziger Jahre im Untergrund aktiv, wandte man sich nach martialisch- bis neofolkloristischen Anfängen vor einigen Jahren einer poppigeren Gangart akustischer Musik zu.

Der Sound der Truppe, den sie selbst „Nihilist Suicide Pop“ tauften, setzt sich aus Akustik- und Westerngitarren, Violinen und Trompeten, hin und wieder einem Klavier und Simones variantenreichem Gesang zusammen. Spiritual Front verweben diese zu einem Klangteppich, der den Hörer in besagtes Casino versetzt. Doch auch Assoziationen zu alten Spaghetti-Western werden wach. Allzu oft sieht man sich als Hörer Django über die Schulter in das Gesicht seines Gegners blicken. Oft erinnern die Stücke mit ihren Westerngitarren, Tormpetensoli und der zeitweise eingestreuten Mundharmonika an Soundtracks von Ennio Morricone. Dies verwundert nicht, griff die Band doch tatsächlich auf das Orchester zurück, mit dem bereits Morricone arbeitete.

Inhaltlich jedoch beschäftigen sich die zwölf Stücke jedoch kaum mit Colts schwingenden Desperados. Simone singt in den größtenteils schnelleren, teilweise regelrecht beschwingten Stücken von Liebe, Sex und Sehnsucht. Eine tiefe Verbeugung vor dem „Man in Black“ Johnny Cash ist zudem der „Song for Johnny“. Alle Lieder graben sich tief in die Gehörgänge ein und bleiben dort, bis sie von einem anderen Stück dieser Platte abgelöst werden. Einzig das letzte Lied „Overkilled Heart“, ein Duett mit Sonja Kraushofer, weiß nicht zu gefallen. Kraushofers musicalhafter Gesang, den einige Leser sicher bereits von L’Âme Immortelle oder Persephone kennen, mag sich nicht so recht in das verottete Casino, das Spiritual Front ausmalen, einfügen.

Insgesamt aber besticht die Platte durch grandiose Instrumentierung, abwechselungsreichen, gefühlvollen Gesang und einen Ohrwurmcharakter, der seines Gleichen sucht. Bleibt nur noch Platte kaufen, und sich hineinversetzen lassen in den heruntergekommenen Saloon oder das abgewrackte Casino.

Bildnachweis: Spiritual Front (Albumcover)