Zu guter Letzt: Bei Anruf Mord

Nicht nur die Wirtschaftskrise hält Deutschland und die Welt in Atem. In einem deutlich schmierigeren Würgegriff – und das seit Jahren – hält den gemeinen Bundesbürger ein Konstrukt mit dem teuflischen Namen „Service-Hotline“. Kaum besser als mit dem Titel von Hitchcocks Kultfilm aus den fünfziger Jahren lassen sich die Gefühle des verwirrten und schnell auch verirrten Kunden umschreiben.

Ein ruhiger Dienstagnachmittag in der Greifswalder Innenstadt. Die Sonne scheint durchs Fenster, die Vögel zwitschern die Grillen zirpen, die ganze Stadt liegt geschäftig aber doch friedlich drei Stockwerke tiefer. Das ist die Gelegenheit denke ich. Seit einigen Tagen bereits quälten mich Probleme mit dem Produkt eines größeren deutschen Unternehmens. Nach langem Suchen auf dessen Homepage greife ich mir die vielversprechendste Nummer. Ich zähle langsam bis zehn, greife zum Telefonhörer und wähle …

Ich rechne derweil schon mit dem Schlimmsten – und so soll es auch kommen. Der Evergreen deutschsprachiger Hotlines dudelt mir entgegen: Mozarts kleine Nachtmusik. Nach etwa drei Minuten raunzt mir eine unfreundliche Stimme eine ebensolche Begrüßung entgegen. Ich schlucke kurz und schildere in einem etwa zweiminütigen Monolog mein Problem. „Da verbinde ich sie wohl mal mit dem Service“ – Ich bin beruhigt. Der unfreundliche Mann war (trotz Bezeichnung der Telefonnummer) gar kein Servicemitarbeiter. Und ich hatte mich schon über den patzigen Ton gewundert.

telefon-260x173-Roman_Cieslik_jugendfotos_deZwei Minuten Mozart später habe ich tatsächlich einen freundlicheren Mann am Telefon. Der erklärt mir dass ich jetzt in der Servicezentrale in München gelandet sei. Das hört man, denke ich und freue mich über die Vielfalt an Dialekten in unserem Land. Leicht irritiert durch die andauernden Kau- und Schmatzgeräusche am anderen Ende der Leitung bringe ich meinen Monolog erneut zum Vortrag. Dann sagt der freundliche Mann (offenbar mit vollem Mund), er würde mich mit einem Kollegen in Stuttgart verbinden, der sich besser auskenne.  Ich bin beruhigt, dass meine Frage offenbar nicht so doof ist, dass sie einfach jeder dahergelaufene Service-Mitarbeiter beantworten könnte. Ehrlich gesagt ist es mir auch etwas peinlich, den freundlichen Herrn anscheinend in seiner Mittagspause gestört zu haben.

In der Warteschleife denke ich an Falco und Rock Me Amadeus, dann an Milos Formans Film, dann an die Kinderschallplatte über Mozart, die ich früher so oft gehört habe.

Kurz darauf spreche ich mit dem schwäbelnden Experten und verfalle in Freude über diesen Dialekt erneut in meinen Monolog, wobei ich mir Mühe gebe nicht aus Sympathie mitzuschwäbeln. Der Mann stellt zwei kurze Nachfragen. Die zweite lautet: „Woher rufen sie an?“. Ich bin etwas irritiert und antworte wahrheitsgemäß. „Wo ist das denn?“ lautet die überraschte Gegenfrage. Ich fasele noch irritierter etwas von Ostsee, Vorpommern und Stralsund. „Ja da sind sie bei mir falsch. Wissen sie, dass ist hier alles nach Bundesländern sortiert. Ich stell sie mal zu ihrer Regionalvertretung nach Berlin durch.“ Schön, dass wir mal drüber gesprochen haben, denke ich und bedanke mich artig.

Ich versuche, mich über die Warteschleife hinwegzutrösten, indem ich zähle, wie oft die zweisprachige Aufforderung, nicht aufzulegen, durchläuft. Nach dem vierzehnten Mal höre ich auf, sinniere stattdessen darüber, ob diese Tätigkeit passend zur Nachtmusik dem Schäfchenzählen gleich kommt und entscheide mich dazu, im Anschluss an das Telefonat einen Mittagschlaf einzulegen.

In der Bundeshauptsadt wird der Ton wieder rauher und schwäbeln tut man hier auch nicht. Auf den Monolog folgt diesmal der Satz: „Für dieses Produkt haben wir eine gesonderte Hotline, ich stelle sie mal durch.“ Es bleibt keine Zeit für eine Verabschiedung und ich frage mich schon, wohin mich meine Deutschlandreise diesmal verschlägt.

Meine Sympathie zu Mozart erreicht derweil einen neuen Tiefpunkt.

Der Dialekt verrät mir diesmal, dass ich wohl im Rheinland gelandet sein muss. Jedenfalls glaube ich ganz fest daran. Nach gut zwanzig Minuten, vier erfolglosen Schilderungen des Problems und der fünften Weiterleitung will ich mir erst einmal den Atem sparen. Ich erkläre der Dame am anderen Ende der Leitung, lediglich dass ich aus Greifswald anriefe und um welches Produkt es geht.

telefon2-260x173-Jan-Henrik_Wiebe_jugendfotos_deOb ich bei ihr jetzt richtig sei? Im Prinzip ja, ich sei nun mit dem Servicebereich für das besagte Produkt verbunden… Während meines kurzen Aufatmens bemerke ich, dass die Einleitung „Im Prinzip…“ nicht Gutes verheißt. Und tatsächlich, sie fährt fort mit „…faktisch werde ich Ihnen aber nicht weiterhelfen können“. Das Thema sei sehr komplex, sagt sie. Dafür sei sie nicht ausreichend geschult, sagt sie. Dass ich mich an eine Mailadresse wenden solle, sagt sie….

Ich merke, wie Wut in mir aufsteigt. Ein Gefühl, das man nicht gerne hat, das einem als zivilisierten Bürger ein schlechtes Gewissen bereitet und das ich irgendwo neben Existenzängsten und den vielen Jugendsünden wieder tief in meinem Unterbewusstsein vergrabe. Während ich das tue, merke ich, wie es irgendwo in mir „klick“ macht. Vielleicht war es auch ein „Tut“. Jedenfalls höre ich dann, wie ich in meinen eigenen hessischen Dialekt verfalle, der Dame erkläre, ich könne erstmal die Adresse aufnehmen, dann müsse man weitersehen. Ich erkläre ihr, dass ich allerdings für Adressaufnahmen nicht der richtige Ansprechpartner sei, dass ich sie verbinden würde. Ich summe Mozart und melde mich erneut. Diesmal in einem deutlich gekünstelten Hanseatisch. Etwas verwirrt nennt sie mir die Adresse. Leider bin ich selber jedoch nur für Adressen mit „.com“-Endung zuständig. Für Adressen mit der Endung „.de“ müsse ich sie nach Zürich verbinden, ich habe bereits angesetzt Schwitzerdütsch zu reden, da höre ich wie es in der Leitung knackt. Ich bin irritiert: Ein bisschen Geduld sollte man schon mitbringen…

Bilder:

gelbe Hörer – „Roman Cieslik“ / www.jugendfotos.de

orangenes Telefon – „Jan-Henrik Wiebe“ / www.jugendfotos.de

Greifswald sucht eine neue Zukunft – *Update*

Kluge, aber vor allem markige Worte in knappen Sätzen machen das Leitbild einer Institution aus. Auch die Stadt Greifswald hat sich vor mehr als zehn Jahren ein Statement zugeordnet. Nun scheint die Zeit gekommen, Bilanz zu ziehen und den damaligen Konsens zu überprüfen. Im kommenden Jahr soll die Bürgerschaft ein neues Leitbild beschließen.

Für eine professionelle Unterstützung soll dabei die Prognos AG sorgen. Bis März 2010 soll das Berliner Beratungsunternehmen einen Vorschlag erarbeiten, der den Verantwortlichen als Grundlage für ihre Entscheidung dienen kann. Die Stadt betont allerdings in einer kürzlich erschienenen Pressemitteilung, dass Prognos mit „Partnern vor Ort“ eng kooperieren werde.

Quo vadis Gryps?

In einer groß angelegten Veranstaltungsreihe sollen alle örtlichen Einrichtungen und Institutionen, aber auch alle interessierten Bürger eingeladen werden, gemeinsam über die Zukunftsziele der Stadt nachzudenken.

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Oberbürgermeister Dr. König

Oberbürgermeister Dr. Arthur König erklärte dazu in der Pressemeldung:

„Das Leitbild muss das beinhalten, was Greifswald anziehend und attraktiv macht, das Besondere herausstellt und die Stadtentwicklung befördert. Es soll zeigen, wo unsere Stärken liegen und wo wir als Stadt künftig unsere Schwerpunkte setzen.“ (mehr …)

Gegen Rechte – Für Lamas

In sechs Wochen ist Bundestagswahl und langsam rollt der Wahlkampf an. Als Parteimitglied steht für Carsten Schönebeck zwar fest, wo er das Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen hat, aber trotzdem kann es nicht schaden, wenn man etwas über die Bundestagskandidatin der eigenen Partei weiß. Doch das herauszufinden ist gar nicht so einfach. Gedanken eines Genossen zum Wahlkampfauftakt:

Steuersenkungen, höhere Sozialleistungen, vier Millionen Arbeitsplätze – von einem Wettbewerb der Ideen wird gerne gesprochen, wenn man den Wahlkampf meint. Dass das Internet spätestens seit Obama und Schäfer-Gümbel immer mehr zum Wahlkampfmedium wird, erleichtert es dem Wähler nicht unbedingt, mit der Informationsflut umzugehen.

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SPD-Kandidatin Katharina Feike

Welch ein Segen, dachte ich mir, sind doch Parteimitgliedschaften. Nicht nur, weil ich seitdem in meinem Spam-Ordner zwischen Penis-Verlängerungs- und Viagra-Angeboten auch persönliche Mails von Frank Walter Steinmeier und Co finde. Auch die Wahlentscheidung ist mir seitdem abgenommen – schließlich habe ich mich ja bereits entschieden. Dennoch erkundige ich mich natürlich, rein höflichkeitshalber, nach dem eigenen Direktkandidaten.

Vor einigen Tagen packte mich dann aber doch die Neugier. Neben dem Namen der Kandidatin wollte ich mehr Informationen zu Person und politischen Zielen. Schnell erlebte ich ein Trauerspiel und begreife als Verweigerer geschmackloser Kinokomödien zum ersten Mal, was Fremdschämen bedeutet.

Als ich also die Direktkandidatin für meinen Wahlkreis, Katharina Feike, vor einigen Tagen googelte, blitzten zunächst die üblichen Personen- und Abgeordneten-Suchseiten auf, irgendwo dazwischen ein Link zur rechtsextremen Seite altermedia und dann tatsächlich auch noch ihre persönliche Webseite. Die läuft unter dem Titel “Feike – Die tut was!“. Doch vor lauter sozialdemokratischer Vollbeschäftigung tut Frau Feike für ihren Internetwahlkampf erstaunlich wenig. Ein twitter-Account mit ganzen sieben Abonnenten und vier nichtssagend-organisatorischen Einträgen in eben so vielen Wochen. Dazu kommt ein Formular zur Bestellung eines Newsletters, das mich mit der Eleganz eines humpelnden Lamas anspringt. (mehr …)

Acht Direktkandidaten in Greifswald

Noch knapp sieben Wochen trennen uns von der Bundestagswahl am 27. September 2009. Vor wenigen Tagen gab die Pressestelle der Stadt bekannt, wer sich im Wahlkreis 16 (Greifswald, Demmin, Ostvorpommern) um ein Direktmandat bewirbt. Wer vor Ort mit Erstwohnsitz gemeldet ist und dementsprechend seine Kreuze auf der hiesigen Liste macht, wird die Auswahl zwischen acht Kandidaten haben.

Seit 1990 wurde der Wahlkreis im Bundestag durch den CDU-Verteidigungsexperten Ulrich Adam vertreten. Adam kündigte jedoch bereits im Frühjahr an, nicht wieder für den Bundestag zu kandidieren. Diese Entscheidung dürfte wohl auch mit seinen Verquickungen in die Affäre rund um den ehemaligen AUB-Chef Wilhelm Schelsky in Zusammenhang stehen. (mehr …)

Was Grüne Roth von braun hält

Im Rahmen ihrer Sommertour statte Claudia Roth, Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, am vergangenen Dienstag auch Greifswald einen Besuch ab.  Hatten die Grünen es bereits im Kommunalwahlkampf geschafft, zwei ihrer Spitzenpolitiker aus Berlin (Özdemir und Trittin) in die vorpommersche Provinz zu locken, zeigten sie damit, dass ihr vielgelobter Wahlkampf am 7. Juni noch kein Ende gefunden hat.

Zu einem Gespräch über den Umgang mit Rechtsextremismus hatte man geladen und betonte, dass es sich dabei nicht um ein Expertengespräch handeln solle, sondern vielmehr um eine Diskussion mit interessierten Bürgern. Beide Gruppen blieben jedoch der Veranstaltung zu großen Teilen fern. Ein knappes Dutzend Grüner und die gleiche Anzahl an Journalisten blieben im Museumshafen weitestgehend unter sich. Nach etwa 30 Minuten hatten sich auch die Reporter größtenteils verzogen, dafür rückten gegen Ende der Veranstaltung einige Touristen nach, die das prominente Gesicht erkannten.

„Jetzt erklärt mir mal wo ich hier bin!“

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Claudia Roth (l). und Regina Krüger-Finke

Betont freundlich begrüßte Claudia Roth die Anwesenden und bat erstmal um eine Ortsbeschreibung. Für einen Stadtrundgang war der Bundestagsabgeordneten wohl im Vorfeld keine Zeit geblieben. Sie erinnerte sie sich jedoch, vor mehreren Jahren bereits Greifswald besucht zu haben.

Nach der Klärung der Ortsfrage und allen wichtigen Basisinformationen zur Marienkäferplage eröffnete sie die Diskussionsrunde mit einigen Erlebnisberichten rund um den Rechtsextremismus in Deutschland und zog Vergleiche zwischen Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern. Riss Themenfelder wie NPD, freie Kameradschaften, rechten Vandalismus und die Rostocker Hooligan-Szene an. Sie warnte davor, das Problem zu verharmlosen, auch vor dem Ausgrenzen der Rechtsextremen: „Die Nazis haben ein langfristiges Konzept: Kampf um Straßen, um Köpfe, um Parlamente. (…) Es muss also eine kontinuierliche und langfristige Auseinandersetzung mit ihnen geben.  Ich werfe der Bundesregierung vor, dass sie zugelassen hat, dass gute Projekte vor dem Aus stehen.“

Gemeinsam mit Regina Krüger-Finke vom Regionalzentrum für demokratische Kultur Südvorpommern sprach Claudia Roth über die Unterschiede zwischen dem Rechtsextremismus in MV und in Bayern.  Beide Länder, so Roth, wiesen die größten Zustimmungsraten zu rechtsextremen Thesen in der Bevölkerung auf.

„Ick werd nich jerne totjequatscht“

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Vor der hitzigen Diskussion noch ein freundliches Shakehands: Jürgen van Raemdonck und Claudia Roth

Ein wenig Leben in die Diskussion brachte der anwesende Landwirt Jürgen van Raemdonck aus dem Greifswalder Umland, der mit Berliner Zungenschlag unfreundlich bis patzig forderte, die Grüne Parteivorsitzende möge doch auch mal die anderen, insbesondere ihn selbst, zu Wort kommen lassen. Claudia Roth war sichtlich „not amused“ und nach einem kurzen Wortgefecht zog sie sich für eine Weile aus dem Gespräch zurück. Van Raemdonck, der für das Willi-Weise-Projekt im September für den Bundestag kandidiert, zog in dieser Zeit die Diskussion an sich. Er kritisierte die Grünen seien mit ihrer „kruden und krassen Politik“ eine Ursache des Rechtsextremismus. Die Partei hätte jahrelang die größtmögliche Konfrontation mit den Rechten gesucht, statt auf die Ursachen und Bedürfnisse der Bürger einzugehen.

Der ehemalige Grüne brachte die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder mit der derzeitigen Wirtschaftskrise in Zusammenhang und griff die Parteivorsitzende für die Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 an. Die Gesetzgebung dieser Jahre habe maßgeblich dazu beigetragen die äußeren Umstände für die Bürger zu verschlechtern und so den ideologischen Rattenfängern Tür und Tor zu öffnen.  Claudia Roth wies diese Vorwürfe naturgemäß zurück. Jürgen van Raemdonck selbst beschrieb, wie er in seinem sozialen Umfeld versuche auch latent Rechtsextremen ein „guter Nachbar“ zu sein, den Leuten zu helfen, sie auch beispielsweise bei Behördengängen zu unterstützen.

Ein anderer Anwesender kritisierte die Demokratie als Regierungssystem, sei an sich deutlich zu hierarchisch angelegt und bilde damit einen guten Nährboden für rechtsextreme Ideologien, von den anderen anwesenden wurde dieser Einwurf jedoch nur geringfügig ernstgenommen.

Dorfmanager

Konkret wurde es nur noch mal gegen Ende der Debatte, als der omnipräsente Sebastian Jabbusch vorschlug, das Land solle doch eine Reihe von „Dorfmanagern“ einstellen, die sich in den dünn besiedelten Gebieten MVs um die Einwohner „kümmern“ sollen. Dazu sollten gesellschaftliche, kulturelle und Sportveranstaltungen organisiert werden, die den Kameradschaften und der NPD das Wasser abgraben könnten. In der DDR, so wurde der Vorschlag begründet, habe man sich deutlich mehr um den Einzelnen gekümmert. Nach der Wende seien viele Menschen in ein gesellschaftliches Loch gefallen, als in den ländlichen Gebieten Angebote wegbrachen.

Schließlich wurde dieser Vorschlag aber nicht ausdiskutiert, sondern mehr als guter Ansatz abgenickt. Nach zwei Stunden endete das Gespräch, das ein bloßer Gedankenaustausch blieb, aber kaum Konkretes hervorbrachte. Zum Ende wurde Claudia Roth noch über die derzeit laufende Arndt-Debatte informiert, dann ging es für die Abgeordnete auch schon weiter nach Prora und später nach Stralsund.

Ein Kommentar von Carsten Schönebeck

Spannende Ansatzpunkte boten sich nach der ersten halben Stunde des Gesprächs zur Genüge. Wie weit darf man mit Rechtsextremen in Dialog treten? Welche Gründe kann es für dieses Gedankengut geben, wenn ganz unterschiedliche Bundesländer mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben? Was kann man konkret gegen die Vereinnahmung von Jugendlichen durch die NPD tun?

Leider verpasste die Runde, mangels Struktur und Gesprächsleitung, die Chance und ging auf keinen dieser Punkte intensiver ein. Stattdessen drehte man sich klischeehaft betroffen darum, diese Fragen im Gespräch immer neu zu formulieren, historische Anknüpfungspunkte für rechte Gewalt im vorpommerschen Junckertum zu finden, den kritisierten Begriff „Kampf gegen Rechts“ als „nichts Martialisches“ zu definieren oder auch, mehr oder weniger aufgebracht, allgemeine Floskeln abzusondern.

Es bleibt der Beigeschmack der Wahlkampfveranstaltung, die aber mangels Beteiligung eher dürftig verlief. Sicher lässt sich jedoch feststellen, dass Frau Roth, wie auch ein Großteil der Beteiligten, nach zwei Stunden stereotyper Luftblase deutlich ruhiger schlafen können – man hat ja mal darüber gesprochen.

Fotos: Carsten Schoenebeck