von Björn Buß | 23.01.2006
Was veranlasst einen österreichischen Regisseur, sich mit einer Süßwasserfischart in einem afrikanischen Land zu beschäftigten? Warum wird das entstandene Machwerk mit Filmpreisen überhäuft? Die Antworten muss sich jeder Zuschauer des Films „Darwins Alptraum“ selbst geben.
Die dokumentierte gesellschaftliche und wirtschaftliche Realität im Staat Tansania kommt der eines Horrorfilms gleich. Ein zu Forschungszwecken ausgesetzter Barsch vermehrt sich im Viktoriasee stark, setzt sich gegen andere Fischarten durch und die vorherige Artenvielfalt ist nicht mehr vorhanden. Das bisherige Ökosystem steht Kopf. Der neue Viktoriabarsch konnte sich am besten an die dortige Umwelt anpassen, ein Musterbeispiel für Charles Darwins These vom „survival of the fittest“.
Mit dieser Ausgangslage lässt der Österreicher Hubert Sauper seinen Dokumentarfilm beginnen und betrachtet danach die Folgen der Fischvermehrung für die Einwohner des westafrikanischen Staates Tansania. An den Ufern des Viktoriasees gedeiht die fischverarbeitende Industrie zur vollen Blüte. Das Filet des Viktoriabarsches landet durch finanzielle Hilfe der Europäischen Union auch auf deutschen Tellern. Der florierende Wirtschaftszweig beschäftigt Tausende von Menschen. Doch neben den Fabriken zeigt Sauper ein trostloses Bild: Frauen bieten ihren Körper für 10 Dollar an, obdachlose Kinder schmelzen Verpackungsreste zum Schnüffeln ein, Menschen ernähren sich vom Fischabfall.
Der Widerspruch zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und partiellem Wohlstand auf der einen und Hunger, Krankheiten und Staatsohnmacht auf der anderen Seite wird in drastischen, teilweise ekelhaften Bildern dargestellt. Sauper widmet sich nur den negativen Erscheinungen, kein einziges Bild vermittelt Hoffnung auf Besseres. Weder für den Menschen, noch für die Natur. Gerade deswegen ist „Darwins Altraum“ aber interessant. Schonungslos macht der Regisseur auf die Missstände aufmerksam. Dabei verzichtet er auf einen Kommentar aus dem Off, der auch nicht notwendig ist. Die Bilder sprechen für sich und der passive Zuschauer kann nicht eingreifen.
von Björn Buß | 12.12.2005
Peter Jackson wagt Neuverfilmung eines Klassikers
Drehbuchautor Merian C. Cooper hatte einen bizarren Traum: Ein Riesenaffe zerstört New York. Aus dieser Idee entwickelte er zusammen mit dem Autoren Edgar Wallace die Geschichte von King Kong.
Der Protagonist des in schwarz-weiß gedrehten Kinowerkes ist der für seine Abenteuerfilme bekannte Regisseur Carl Denham. Durch merkwürdige Umstände erfährt er von dem auf einer einsamen Insel lebenden Riesenaffen und plant daraufhin seinen neuesten Film. Außer Denham ist sich kein Besatzungsmitglied der bevorstehenden Gefahren bewußt.
Gleich nach der Ankunft auf der Insel trifft die Expedition auf die dort lebenden Eingeborenen und stört bei einer Opferzeremonie für Kong. Natürlich bestehen die Einwohner der Insel auf einem neuen Opfer und machen es in der blonden Ann Darrow aus. Der übermächtige Kong tritt auf und nimmt sich des Opfers an. Was erst wie das natürliche Verhalten eines Raubtieres scheint, entwickelt sich zu einem Liebesverhältnis zwischen Affe und Mensch.
Verständlicherweise unternimmt die Schiffscrew einen Rettungsversuch und wird dabei in einige Abenteuer auf der Insel verwickelt. Ohne den geplanten Film endet die Reise. Dafür kann Denham aber der Weltöffentlichkeit den bisher unbekannten Riesenaffen als „King Kong“ präsentieren.
Welch ein Fehler: Als das Leben der von Kong geliebten Darrow bedroht scheint, befreit er sich und versetzt New York in Angst und Schrecken. Natürlich ist der Ausgang des Kampfes Natur gegen Mensch von vornherein klar: Kong stirbt. Aber nicht durch technische Errungenschaften oder menschliche Intelligenz, sondern durch das Gefühl der Liebe.
Der 1933 erschienene Kinofilm „King Kong und die weiße Frau“ nutzt die Möglichkeiten des Tonfilms konsequenter aus. Die Geräusche des Riesenaffen, vor allem aber die Schreie der jungen Schauspielerin Fay Wray untermalen die von Spezialeffekten strotzende Geschichte von der Schönen und dem Biest.
Wie eine Bild gewordene Kritik am Kapitalismus marschiert ein Dreißig-Meter-Affe durch Amerikas Sinnbild des Aufschwungs – eine Dämonisierung des außer Kontrolle geratenen Schwarzen. Ist unsere zivilisierte westliche Welt wirklich so zivilisiert, wie wir immer glauben? Immerhin schafft sie sich ihre sozialen Konfliktherde selbst, indem sie schwarze Bevölkerungsteile finanziell ausbeutet, politisch und sozial aber nicht integriert. Es mag jeder seine eigene Botschaft in „King Kong“ finden, doch eines scheint ziemlich deutlich: Der Sprung sozialer Konflikte von subtil zu subversiv ist nur ein kleiner.
Das Publikum belohnte dies mit einem für die 1930er Jahre unvorstellbaren Kassenerfolg und sicherte somit auch das Überleben des am Rande des Ruins stehenden Filmstudios RKO Pictures. Innerhalb kürzester Zeit wurde deshalb auch die Fortsetzung „Son of Kong“ in die Kinotheater gebracht, ohne aber den immensen Erfolg zu wiederholen.
Der Meilenstein der Filmgeschichte erzählt einen rein fürs Kino entwickelten Stoff. Auf literarischem Vorbild basierende Kinowerke müssen sich immer von diesem emanzipieren; dieses Problem hat die Figur des King Kong nicht. Deshalb konnten in den folgenden Jahrzehnten die unterschiedlichsten Interpretationen entstehen.
Auch Peter Jackson versuchte sich als Neunjähriger an einer solchen. Sein Vorhaben war aber aufgrund der beschränkten technischen Mittel zum Scheitern verurteilt. Vor einem Jahrzehnt versuchte sich der Neuseeländer erneut an seinem Lieblingsprojekt, wurde aber von Universal aufgrund der anstehenden Konkurrenz durch „Godzilla“ (1998/Regie: Roland Emmerich) zurückgepfiffen.
Nachdem aber die drei „Herr der Ringe“-Filme (2001-2003) kommerzielle und künstlerische Erfolge wurden, erhielt Jackson vollkommen freie Hand. Seine Neuverfilmung des Stoffes läuft ab dem 14. Dezember in den Kinos. Ob der nachwirkende Effekt des ersten „King Kong“-Films wiederholt werden kann, wird sich zeigen. Vor allem die mehr als doppelt so lange Laufzeit des Remakes ist trotz der wahrscheinlich gleichen Handlung überraschend.
Geschrieben von Björn Buß & Joel Kaczmarek
von Björn Buß | 12.12.2005
Der Konflikt: Die Freiflächenkoalition gegen den übermächtigen Konzern Huckabees. Abhängigkeit oder Unabhängigkeit.
Die Akteure: Der auf der Suche nach dem Sinn des Lebens befindliche Albert Markowski (Jason Schwartzman) möchte das Wirrwarr seines Lebens ordnen und Antworten auf die elementaren Fragen des Lebens erhalten. Den Feuerwehrmann Tommy Corn bewegen ähnliche Themen.
Beide haben deshalb die existentiellen Detektive Bernard und Vivian Jaffe (Mr. Dustin Hofmann mit einer tollen Frisur und Lily Tomlin) beauftragt, Antworten zu liefern. Für Bernard und Vivian ist alles miteinander verknüpft. Zwischen dir, mir, einem Hamburger, der Stadt Paris und einem Organismus besteht eine nicht trennbare Verbindung.
Dies sieht die französische Philosophin Caterine Vauban ganz anders: Keine Handlung, kein Gegenstand hat mit etwas anderem zu tun. Die Welt besteht nicht aus wechselseitigen Abhängigkeiten.
Jude Law schlüpfte in die Rolle des karrieregeilen, aber oberflächlichen Huckabees-Managers Brad Stan. Verheiratet ist er mit dem Werbegesicht des Konzerns, Dawn Campell, gespielt von der neuen King Kong-Freundin Naomi Watts. Ihre Beziehung besteht aus oberflächlichem, konsumorientierten Verhalten mit siebenminütigen Sexunterbrechungen.
Die chaotisch-anarchische US-Komödie besticht durch wunderbare Darsteller, einen intelligenten Plot und amüsante Dialoge. Regisseur David O. Russel ist eine Farce der Gesellschaft der noch einzig bestehenden Weltmacht gelungen. Der Film erfordert die ganze Aufmerksamkeit des Zuschauers, um die kleinen und großen Momente dieses intellektuellen Trips ins Nirwana zu begreifen.
Glücklicherweise entspricht die Ausstattung der deutschen DVD dem Ideal dieses Mediums: Alternative und verlängerte Szenen, ein informatives Making-of, sechs lustige Werbefilme für den Erhalt von Freiflächen und ein Special über die Entstehung der Filmmusik von Jon Brion sowie das kurzweilige Musikvideo des Titelliedes sind zu bestaunen.