Not amused

Gleich zweimal Ärger am Institut für Anglistik

Normalerweise hört man aus dem Institut für Anglistik/Amerikanistik im Uni-Alltag nicht sehr viel. Auch das baufällige Gebäude in der Steinbecker Straße macht alles andere als einen spektakulären Eindruck. Im Januar jedoch sorgten gleich zwei Ereignisse dafür, dass die Anglistik urplötzlich in aller Munde war.

Alles begann mit einer im Grunde schönen Geste, nämlich mit dem Besuch des amerikanischen Botschafters Daniel R. Coats. Auf einer Tour durch Mecklenburg-Vorpommern hatte er sich entschieden, auch bei den Greifswalder Anglisten vorbeizuschauen. So bogen am Vormittag des 21. Januar schwarze Limousinen nebst Polizeieskorte in die Steinbecker Straße ein. Einige Stunden vorher hatten Mitglieder des Fachschaftsrates (FSR) ein Transparent an einen nahen Bauzaun gehängt um gegen die geplanten Stellenkürzungen an ihrem Institut zu protestieren. ?Die ganze Aktion war mit der Institutsleitung abgesprochen?, sagt André Kaminski, Mitglied des FSR. Zunächst hätte das Transparent, auf dem eine durchgestrichene amerikanische und eine britische Fahne zu sehen waren, was den möglichen Wegfall beider Zweige zeigen sollte, niemanden gestört. ?Urplötzlich wurde es jedoch von zwei Polizisten abgerissen und beschlagnahmt.? Außerdem wurden Andrés Personalien aufgenommen, der Fall zu Protokoll gegeben. ?Begründet wurde alles damit, dass es verboten sei, Transparente an Bauzäune zu hängen?, erzählt André. ?Die Studenten haben gegen das Versammlungsgesetz verstoßen?, sagt hingegen der Leiter der Polizeidirektion, Polizeioberrat Rainer Dittschlag, auf moritz-Nachfrage. Alles hätte 48 Stunden vor dem Besuch angemeldet werden müssen. ?Das Plakat wurde im Rahmen der Gefahr sichergestellt, weil es dumm war?, antwortet er, zum Transparent gefragt. ?Die ausländische Delegation konnte schließlich nicht so gut deutsch und hätte es auch falsch verstehen können.? André hat das Plakat inzwischen zurückbekommen, versteht die ganze Geschichte jedoch bis heute nicht.
Wenige Tage später kam es erneut zu unschönen Szenen in der Steinbecker Straße. Es ging um die Kurs-Einschreibungen für das Sommersemester. Um 18 Uhr sollten sie am 27. Januar beginnen, die ersten standen bereits um 14 Uhr in eisiger Kälte vor der Tür. ?Die Einschreibung erfolgt bei uns nach Semestern gestaffelt?, erzählt Anglistik-Dozentin Margitta Kuty. So seien hohe Semester zuerst zum Zuge gekommen, jüngere hingegen hätten warten müssen. ?Sie wussten das auch und waren erst für später bestellt.? Soweit die Planung. Dass Studenten jedoch eine Eigendynamik entwickeln könnten, damit hatte anscheinend niemand gerechnet, denn als die Einschreibung begann, standen sie alle vorm Institut – Erstis wie alte Hasen. Erstere wollten nun jedoch nicht akzeptieren, dass letztere ein Vorrecht besitzen und so kam es zu Anfeindungen, Pöbeleien und Drohungen. Im Gebäude drängten sich bis zu 100 Kommilitonen auf der Treppe, die sonst schon unter den Tritten weniger ächzt und knarrt. ?Der Strom der Studenten floss rein, aber nicht wieder raus?, erinnert sich Tina Schönerstedt, Zeugin der Vorgänge. ?Manche hatten sich Klappstühle mitgebracht und blockierten den Flur.? Schoben sich höhere Seme­ster vorbei, seien sie angepöbelt und am Weitergehen gehindert worden. ?An sich herrscht bei uns eine gute Atmosphäre, aber an diesem Abend hat sich jeder mit jedem angelegt?, sagt Tina. Und auch die Dozenten schienen machtlos. ?Da herrschte Ignoranz auf beiden Seiten.? ?Die Nerven lagen bei vielen blank?, gibt auch Margitta Kuty zu. ?Mit solch einem Ansturm hatten wir nicht gerechnet.? Ein Standpunkt, der bei den meisten Studierenden auf Verwunderung stößt. ?Wie ich gehört habe, soll es im Semester zuvor ähnlich ausgesehen haben?, meint Henry Schweigel, der ebenfalls im Strom der Studenten stand. Er wollte sich die Behandlung nicht gefallen lassen und setzte spontan eine Petition auf, mit der gegen die Einschreibebedingungen am Institut protestiert werde sollte. Innerhalb weniger Minuten kamen 30 Unterschriften aufs Papier. ?Es ging nicht um blinden Protest, sondern um konstruktive Ideen?, erklärt er sein Vorgehen. Einige Tage später besuchte er Margitta Kuty in ihrer Sprechstunde um über die Situation zu reden. Für beide ein guter Dialog, der offenbar gefruchtet hat. ?Die Einschreibung wird bei uns ab dem Sommersemester elektronisch erfolgen?, verkündet Kuty. Dafür werde man mit Informatik-Studenten ein System entwickeln. Zum Ansturm wird es künftig also nur noch online kommen. Sind also alle zufrieden? ?Vorerst ja?, meint Henry Schweigel, ?doch wenn sich so etwas wie im Januar wiederholen sollte, sind wir wieder da.?

Geschrieben von Kai Doering

„Studenten müssen flexibel sein!“

Der Bachelor in Greifswald soll geändert werden.

Mittwoch, 6. Oktober 2004, 11 Uhr, Hörsaal in der Kiste, Makarenkostraße: Da saßen nun 361 ?Bachelor of Arts?-Studenten in ihrer Erstsemesterwoche. Sie alle hatten sich für die neuen, ?straff organisierten? Bachelorstudiengänge entschieden.
In der ?Bologna-Erklärung? vom 19. Juni 1999 hatten 31 Minister aus 29 europäischen Ländern beschlossen, mit der Einführung von gestuften Bachelor- und Master- Studiengängen bis 2010 einen einheitlichen Europäischen Hochschulraum zu schaffen. Und so hatten sich auch diese 361 Neu-Studenten für den internationalen Studiengang entschieden, der etwas Schwung in die Wirtschaft bringen soll und Studenten erlaubt ohne große Schwierigkeiten an allen europäischen Hochschulen zu studieren.

So weit die Theorie, doch kommt im Leben vieles anders als man es sich vorgestellt hat.
1999 wurde das Projekt ?Bachelor? an der Ernst-Moritz-Arndt Universität, genauer, an der Philosophischen Fakultät, gestartet. Zwei Fachmodule (vergleichbar zwei Hauptfächern im Magisterstudium), unterteilt in einzelne Einheiten, ?Mikromodule? genannt, werden zeitverschoben gestartet, jeweils vier Semester lang studiert und führen mit semesterbegleitenden Prüfungen am Ende des sechsten Semesters zum ?Bachelor of Arts?. Doch mit diesem Fachwissen nicht genug, auch sogenannte ?Schlüsselfunktionen? sollen jedem Studenten nahegebracht werden. Die Geburtsstunde der General Studies. Unterteilt werden diese wiederum in General Studies I und II.
Die General Studies I umfassen Englisch, Rhetorik und Schriftkompetenz. Englisch für eine sichere Kommunikationsfähigkeit in einer Fremdsprache. Rhetorik für Kompetenzen und Fähigkeiten in der freien Rede und die Schriftkompetenz für einen gefestigten Umgang mit Texten verschiedener Arten. In den ersten zwei Semestern soll die Ausbildung in diesen Fächern begleitend zum ersten Fachmodul erfolgen. Das dritte und vierte Semester wird neben dem Studium der zwei Fachmodule als Praktikumzeit angeboten. Abschließend finden dann im fünften und sechsten Semester finden die General Studies II. statt. Dort kann der Student zwischen Wirtschaft/ Recht, Erziehungswissenschaften und Kulturwissenschaften wählen.
Auch die Prüfungsarten haben sich einem Wandel unterzogen. Im Gegensatz zum Magister- oder dem Diplomstudiengang, arbeitet der Bachelor-of-Arts-Student mit dem neuen ECTS Punktesystem (European Credit Transfer System). Mit diesen Leistungspunkten wird der durchschnittliche Arbeitsaufwand (Workload) gemessen, der für die erfolgreiche Teilnahme an einem Modul benötigt wird.
Doch zurück in die Makarenko­straße. Nachdem den 361 Erstis das komplizierte System von Workload und Leistungspunkten mehr als eine Stunde erklärt worden war, ging es zum Brennpunkt der Sitzung. 200 Plätze standen für die General Studies I zur Verfügung – für 361 Studenten. Man muss kein Mathematikstudent sein um die Unmöglichkeit dieser Rechnung zu erkennen.
Schnell wurde eine Übergangslösung gefunden, die zwar alle Lernwillige in Kursen unterbrachte, jedoch nicht unbedingt für Freude sorgte. Einige Studenten bekamen keine Englischseminare, sondern wurden in Englischvorlesungen der Anglistik geschickt. Andere durften nicht an den Schriftkompetenz-Veranstaltungen teilnehmen und wurden in Vorlesungen der Kommunikationswissenschaft geschickt. Kommunikationswissenschaftler dagegen wurden in die ?Logische Propädeutik? des Instituts für Philosophie gesteckt. Dies löste natürlich Unzufriedenheit aus, besonders wenn man in diesen Fächern Prüfungen schreiben muss, die Ergebnisse aber trotzdem unter den vorgegebenen General Studies laufen.
Nun ist Abhilfe dringend vonnöten, denn mit dem Wintersemester 05/06 werden die Magisterstudiengänge an der Philosophischen Fakultät endgültig abgeschafft und es wird mit etwa 600 neuen Bachelorstudenten in den 26 Fächern der PhilFak gerechnet. Ein neues General-Studies-Modell ist deshalb bereits für das Wintersemester geplant und es wird einige Umstellungen mit sich bringen.
?Die Studenten müssen eben flexibel sein?, meint Prof. Udo Friedrich dazu. Das neue System sieht so auch vor, dass kein Student mehr das Recht, sondern nur noch eine Option auf einen Platz in den General Studies hat. Bereits in den General Studies I wird es eine größere Anzahl von Fächern geben, aus denen sich der Student jeweils ein Fach auswählen kann. Jedoch darf er sich auch hier nicht auf ein Fach versteifen. Da nicht alle Studenten Rhetorik belegen können, müssen sie auch flexibel wechseln können.
Die General Studies II werden ebenso neu konstruiert. Die drei Felder bleiben, doch wird besonders der kulturwissenschaftliche Teil ausgebaut. Durch die Verminderung der zu belegenden Fächer, wird auch der Workload der General Studies auf 360 Stunden pro Einheit reduziert.

Geschrieben von Louise Pachtner

Arvids Kolumne: ″O tempora, o mores!“

Anmerkungen zum Zeitgeist

„Wahrlich, es würde euch bange werden, wenn die ganze Welt, wie ihr es fordert, einmal im Ernst durchaus verständlich würde.“
(Friedrich Schlegel)

Neulich fragte mich ein Kommilitone, wozu man denn das Studium der Ur- und Frühgeschichte im Zusammenhang mit unserem Uni-Schwerpunkt „Ostseeraum“ brauche. „Und auch ein Mittelalterzentrum – das ist doch alles schon so lange her. Politik und Wirtschaft wären doch Dinge, auf die man sich viel mehr konzentrieren sollte …“ – Politik und Wirtschaft! Nichts prägt die Debatte um das Schicksal der Alma Mater Gryphiswaldensis in unseren Tagen mehr als diese Faktoren.
Die Ökonomie ist es, unter deren Dogmen sich alles zu fügen hat – selbst die Wis­senschaft. Dass damit das Grundverständnis einer Universität angegriffen wird, ist in den Reaktionen auf die Kürzungspläne schon mehrfach und hoffentlich auch laut genug angeklungen.
In unserem „neuen Europa“ ist die wirtschaftliche Vernetzung nur ein Faktor, der die Bereitschaft zur Zusammenarbeit ermöglicht. Die wesentliche Basis ist jedoch die Definition der eigenen Identität. Seit dem 19 Jahrhundert hat man diese Identität „national“ begriffen und deren historische Basis in einer Zeit verankert, die sich in unserer Region großteils nur durch archäologisch-frühgeschichtliche Forschungen ergründen lässt. Ohne eine kritische Untersuchung – die auch sich selbst gegenüber kritisch ist – würde vieles dieser Identitätsursprünge bald wieder zu einer „nebulösen Vergangenheit“ mutieren, aus der erneut Gedankengut entspringen kann, das diese „Nationalität“ politisch-wirtschaftlich versteht. Und dann wird auch der „westliche Ökonom“ wach, für den sich im besten Fall nur die Absatzmärkte verschließen.
Mit der Einschränkung der Wissenschaft ist aber nicht nur deren Weiterentwicklung sondern auch die Aufrechterhaltung ihrer bisherigen Erkenntnisse gefährdet. Was sich anbahnt, wenn man beispielsweise ernsthaft auf die Idee kommt, sich vom Studium der Theologie zu verabschieden, zeigt sich im Kontext von Ridley Scotts neuem Blockbuster „Kingdom of Heaven“ der sich der Problematik der (mittelalterlichen) Kreuzzüge widmet.
Wenn der Diskurs über religiöse Fragen nicht mehr möglich ist und Glauben zur Privatsache degradiert wird, ist eine Fundamentalisierung vorprogrammiert. In solchen Fällen ist der dilettantische Umgang mit christlich-abendländischen Werten kein gutes Omen dafür, wer in dem heraufbeschworenen „Kampf der Kulturen“ die Oberhand gewinnen wird. Aus dem englischen Titel des Films wird der Bezug zum anbrechenden Reich Gottes ersichtlich, für das hier das schon oft angeklungene „Bild des Himmlischen Jerusalem“ die Vision lieferte, die die Menschen damals dazu bewegt hat, es im ‘irdischen Jerusalem’ zu suchen, so wie es Liam Neeson als alternder Kreuzritter bereits im Trailer verkündet.
Diesem Werk nun im Deutschen den Titel „Königreich der Himmel“ zu geben, zeugt von dem Unverständnis derer, die dort zugange waren. Es mag zwar den ‘Siebenten Himmel’ geben, aber in diesem Zusammenhang im Plural zu sprechen, negiert den inhaltlichen Bezug vollkommen – aber es klingt halt „irgendwie mystisch“ und das muss ausreichen, um die Konsumenten ins Kino zu bewegen.
Doch was ist, wenn aus Konsumenten Gläubige werden und die neuen Medien sich aus den Ketten der Ökonomie weiter befreien und zu Instrumentarien von Volks­frömmigkeit oder gar Fanatismus entwickeln?
Was ist, wenn die führenden Gestalten dieser Welt sich nicht nur selbst im Ver­ständnis eines Gottesgnadentums sehen, sondern auch so gesehen werden – zum Beispiel weil es „cool“ ist, sich mit schwarzer Atemmaske und wallendem Umhang zur „dunklen Seite“ zu bekennen?
Wer soll diesen Entwicklungen die Richtung weisen, wenn nicht eine Universität? Wir befinden uns in einer Zeit des Suchens – und wer meint, allein durch die kurzsichtige ratio Antworten zu finden, der gleicht dem der „systematisch“ Bäume fällt, um den Wald besser sehen zu können …

Geschrieben von Arvid Hansmann

Meld! Dich! An!

Für Greifswald als Hauptwohnsitz gibt es viele Argumente

Im Jahr 2006 wird die Stadt Greifswald eine Zweitwohnsitzsteuer einführen, sofern sich Ende diesea Jahres nicht mindestens 5000 Studenten in Greifswald mit ihrem Hauptwohnsitz angemeldet haben. Derzeit haben nur etwa 3000 Studenten hier ihren Hauptwohnsitz. Bei 10400 Studenten eine dürftige Zahl.

Von der Zahl der Einwohner hängen die so genannten ?Schlüsselzuweisungen? ab, Finanzzuschüsse die die Stadt vom Land erhält. Der Stadt entgeht somit eine ganze Menge Geld. Falls die Zahl der Neuanmeldungen nicht erreicht wird, müssen Studenten die in Greifswald nur ihren Nebenwohnsitz haben eine Zweitwohnsitzsteuer in Höhe von bis zu 450 Euro im Jahr zahlen.
Derartige Zweitwohnsitzsteuern wurden schon in anderen Universitätsstädten eingeführt. Zwar gab es auch erfolgreiche Klagen gegen die Besteuerung, aber die Entscheidungen können von Einzelfall zu Einzelfall verschieden ergehen, daher ist es wichtig, dass die Zweitwohnsitzsteuer gar nicht erst eingeführt wird. Dies könnt Ihr nämlich verhindern, wenn Ihr Euch hier mit Eurem ersten Wohnsitz anmeldet.

Es gibt gute ideelle, finanzielle und rechtliche Gründe sich anzumelden!

Gerade bei jüngeren Semestern gibt es das Phänomen, dass man lieber noch „zu Hause“ gemeldet sein möchte, scheinbar weil die Verbundenheit mit der ?Heimat? noch groß ist. Nicht vergessen: Greifswald ist jetzt das neue zu Hause! Hier habt ihr einen neuen Freundeskreis, den Lebensmittelpunkt und nicht zuletzt Eure Uni. Ihr seid mündige Bürger und wollt doch auch in Greifswald wählen um die Kommunal- und Landespolitik mitzubestimmen. Wenn das noch nicht überzeugt: Wir alle nutzen Greifswalds Straßen und Einrichtungen. Deshalb sollte es auch in unserem Interesse sein, dass die Stadt die finanziellen Zuweisungen bekommt, die ihr zustehen.
Studenten mit Hauptwohnsitz Greifswald erhalten ab dem Wintersemester 2005 50 Euro pro Jahr. Die Anträge liegen schon im AStA, im Rathaus und im Einwohnermeldeamt aus.
Anhand der eingegangenen Anträge überprüft die Stadt dann auch, ob die Zahl der studentischen Hauptwohnsitznehmer die geforderten 5000 beträgt.
Es gibt weitere Vorteile und Vergünstigungen durch die Hauptwohnsitznahme. Einen Überblick gibt die Broschüre ?Weg von zu Hause – Erstwohnsitz in Greifswald!? die Ihr auch beim AStA bekommen könnt.

Meldepflicht

Es besteht eine Meldepflicht. Nach den Landesmeldegesetzen (z.B. § 12 I LMG M-V) ist man, wenn man in eine neue Stadt zieht, verpflichtet sich innerhalb einer Woche anzumelden! Hat man mehrere Wohnungen, ist die vorwiegend benutzte Wohnung die Hauptwohnung. Der durchschnittliche Greifswalder Student, der in der vorlesungsfreien Zeit mal zu der Familie fährt, hat also durchaus seine Hauptwohnung in Greifswald.
Und die Nachteile? Immer wieder werden Bedenken über Nachteile der Erstwohnsitzmeldung, etwa wegen des Versicherungsschutzes oder des Kindergeldes genannt. Ohne Frage kann es im Einzelfall bei Versicherungen Nachteile geben, dies ist dann zu prüfen. Dann ist es mehr als verständlich, den Hauptwohnsitz bei den Eltern zu lassen. Hier handelt es sich jedoch um Einzelfälle. Der große Teil, der nicht betroffen ist, sollte sich deshalb anmelden, eben um die Zweitwohnsitzsteuer von Studenten, die sich aus genannten Gründen hier nicht mit dem Hauptwohnsitz anmelden können, abzuwenden. Das Kindergeld ist z.B. vom Alter des Kindes abhängig und nicht davon, wo es seinen Hauptwohnsitz hat
Also los! Das Einwohnermeldeamt findet Ihr in der Spiegelsdorfer Wende 1, beim Südbahnhof. Die Anträge für die Erstattung von 50 Euro liegen im AStA Büro, aber auch im Rathaus und Einwohnermeldeamt.

Geschrieben von Constanze Rogge

″Studentensteuern″ und ″Intelligenzabgaben″

Ende Januar hat das Verfassungsgericht das Verbot von Studiengebühren gekippt. Am 26. Januar 2005 um kurz nach zehn waren die Würfel gefallen. An diesem grauen Wintermorgen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe entschieden, dass das Verbot von Studiengebühren, wie es seit dem Jahr 2000 im Hochschulrahmengesetz des Bundes vorgesehen war, verfassungswidrig ist. Der Artikel 1 Nr. 3 und 4 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG) sei nichtig, da dem Bundesgesetzgeber das dazu notwendige Gesetzgebungsrecht fehle. Das hieß allerdings nicht, was viele vermuteten, nämlich die Verfassungsmäßigkeit von Studiengebühren im Allgemeinen.

Wie der Vorsitzende Richter Winfried Hassemer in einer für das BVerfG recht untypischen Deutlichkeit in der Urteilsverkündung bemerkte: ?Wir hatten nicht darüber zu entscheiden, ob Studiengebühren politisch vernünftig sind.? Ebenso sei eben nicht geklärt worden, ob Studiengebühren die Grundrechte der Wissenschafts- und Studienfreiheit sowie des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes in verfassungswidriger Weise beeinträchtigten. ?Wir hatten nur zu entscheiden, ob der Bund zu dem Verbot befugt war und die Antwort lautet nein?, so Hassemer weiter. Das Urteil wurde damit begründet, dass ein einheitliches, bundesweites Verbot von Studiengebühren nicht notwendig sei, um gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen oder die Wirtschaftseinheit zu wahren.
Was bleibt, ist die Gewissheit, dass die sicherlich folgenden politischen sowie juristischen Auseinandersetzungen sich von der Bundesebene auf die Länderebene verlagern werden. Einige Auffassungen des BVerfG muten teilweise auch fast realitätsfern an. Da ist zum Beispiel die Begründung, dass in den zu erwartenden 500 Euro Studiengebühr pro Semester kein Ausnahmefall vorliege, der von Artikel 75 Absatz 2 Grundgesetz für eine Bundesgesetzgebungskompetenz verlangt wird, da sie keine so schwere Beeinträchtigung bedeuteten, dass große Wanderungsbewegungen zwischen den Bundesländern zu erwarten seien. Dies war einer der Punkte, die der Bund als Gründe für eine ihm eigene Gesetzgebungskompetenz vorgetragen hatte. Wie die Karlsruher Richter aber den jetzt schon äußerst fragwürdigen Satz von 500 Euro als feste Größe annehmen konnten, wie sie die Wanderungsbewegungen überhaupt als Begründung anführen konnten, würde doch selbst eine massive Wanderbewegung keine Kompetenz des Bundes in dieser Frage begründen können, macht deutlich, dass dieses Urteil sehr wohl hinterfragt werden darf.
Weiterhin ist eine der denkbaren Konsequenzen aus diesem Urteil, dass auch gegen Studiengebühren Klagen vor Bundes- oder EU-Gerichten durchaus möglich und wahrscheinlich sind; die letzten Worte sind hier noch lange nicht gesprochen.
In Greifswald hatten im Mensaclub etwa 20 Studierende der Entscheidung auf einer Großbildleinwand beigewohnt. Kurz nach der Entscheidung ein Demonstrationszug durch die Greifswalder Innenstadt. Nur 300 Menschen waren dem Aufruf des AStA gefolgt – im Vergleich zu den übrigen Hochschulstandorten im Land sogar noch eine riesige Zahl. ?Das Studium in Mecklenburg-Vorpommern muss gebührenfrei bleiben?, hob der hochschulpolitische Referent des AStA, Simon Sieweke, als Kernforderung des Studierendenausschusses hervor. Gestützt wurde er dabei von einer großen Mehrheit der Greifswalder Studierenden. Achtzig Prozent von ihnen hatten sich während der Vollversammlung am 12. Januar für einen Antrag ausgesprochen, in dem ?ein umfassendes Verbot von Gebühren? gefordert wurde.
Im Gegenantrag, eingebracht vom ?Ring Christlich-Demokratischer Studenten? (RCDS), wurde die Landesregierung hingegen aufgefordert, die Einführung von Studiengebühren vorzubereiten, unter der Voraussetzung, dass die Beiträge erst nach Abschluss des Studiums erhoben werden und den Hochschulen ?allein und direkt? zugute kommen. Hierbei handelt es sich um ein Modell, das von vielen Befürwortern als ausgereift betrachtet wird. Formuliert wurde es als erstes von der ?Kreditanstalt für Wiederaufbau? (KfW). Alle Studierenden haben hier das Recht auf einen Kredit. Sozial Bedürftige erhalten zusätzlich ein Stipendium. Abgewickelt werden die Kredite über normale Banken, finanziert von der KfW. Die Rückzahlung beginnt spätestens zwei Jahre nach dem Abschluss, sie kann jedoch bei finanziellen Engpässen durch Arbeitslosigkeit oder Familiengründung unterbrochen werden. Nur wenn nach 25 Jahren immer noch Forderungen offen sind, springt der Staat ein. Daneben gibt es Modelle, bei denen Studiengebühren nur von den Studierenden gezahlt werden müssen, die nicht mit erstem Wohnsitz in dem Bun­desland gemeldet sind, in dem sie studieren (?Hamburger Modell?) oder so genannte Studienkonten, von denen pro Semester ein pauschaler Betrag abgebucht wird. Hier bezahlt der Student erst, wenn sein Konto leer ist. Maßnahmen wie die ?Landeskinderregelung? hat das BVerfG im Zusammenhang mit dem numerus clausus schon 1972 zwar nicht grundsätzlich abgelehnt, jedoch sehr problematisierend behandelt. (AZ 1 BvL 25/71)
Für die Gebühren-Gegner jedoch sind all diese Modelle gleich – und zwar gleich schlecht. ?Studentensteuern oder Intelligenzabgaben – das macht keinen Unterschied?, ist Jörg Tauss, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion überzeugt. Als Abgeordneter hatte er die Novelle des Hochschulrahmengesetzes mit auf den Weg gebracht, die Studiengebühren verbot. ?Ich war nie so stolz, verfassungswidrig zu sein?, sagt er heute.
Unterdessen basteln die Befürworter bereits fleißig an der Einführung. Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel hätte am liebsten bereits zum kommenden Semester Gebühren erhoben, musste jedoch nach massivem Druck zurückrudern. Nun wird es wohl zum Sommersemester 2006 soweit sein. Baden-Württemberg peilt als Termin das Wintersemester 2006/2007 an. Auch Hamburg, dessen Wissenschaftssenator Jörg Dräger einer der Wortführer der Befürworter ist, wird vor 2006 nichts unternehmen. Es bleibt also noch ein wenig Zeit. Doch was passiert danach? Viele sind davon überzeugt, dass es zu ?Studentenwanderungen? aus den Gebühren – Ländern kommen wird. Auf diese Weise wäre auch Mecklenburg-Vorpommern, wo Gebühren (noch) laut Koalitionsvertrag verboten sind, betroffen. Ob es jedoch hier im Land beim Gebührenverbot bleibt, muss erst abgewartet werden. Ministerpräsident Harald Ringstorff hat jedenfalls im Februar bereits angedeutet, er sei bei dem Thema ?nicht völlig vernagelt?. Schließlich gelte die Koalitionsvereinbarung nur bis 2006.

Geschrieben von Stephan Kosa und Kai Doering