Buch: Die letzte Fenstergiraffe

„Milosevic’ Vater wurde vom Mittelschulreligionslehrer zum Russischlehrer, bevor er sich von den Felsen von Cattaro ins Meer stürzte. Seine Mutter erhängte sich, sein Onkel, der General, schoss sich mit zwei Revolvern stereo in den Kopf. Ein Transparent der Studentendemos ruft zur Bewahrung familiärer Traditionen auf.“

Péter Zilahy schreibt in seinem neuesten Buch voller Witz, Provokation und sowjetischer Nostalgie. Es geht um Revolution, um den Alltag des Lebens und Anekdoten, die einen schmunzeln lassen. Zilahy schreibt über ein fernes Land, eine scheinbar andere Welt und doch sind die Orte des Geschehens nicht weiter weg als Paris oder Wien.
Ein „Revolutions-Alphabet“ heißt es, da der Autor das Buch wie ein Lexikon aufbaut. Es beginnt mit dem ersten Buchstaben des ungarischen, kroatischen, serbischen oder auch bosnischen Alphabets „a“ und endet mit dem letzten: „zs“. Der Titel des Werkes heißt deshalb „Fenstergiraffe“. Es bedeutet nichts anderes als „Ablak-Zsiráf“, womit die meisten Kinderlexika dieser Länder anfangen und enden. Zu jedem dieser Buchstaben sucht Péter Zilahy ein paar passende Wörter und fängt an zu erzählen. Über das Leben, die Diktatur, die Armee, die Revolution… Er lässt wenig aus und weiß immer mit einer Pointe abzuschließen.
„Die letzte Fenstergiraffe“: Eine Sammlung von Kurzgeschichten, die uns Teil der Revolution lassen werden.

Geschrieben von Kilian Jäger

Kino: Einfühlsam

Amerika in den 40-er Jahren. Ein Land dessen Gesellschaft zutiefst konservativ ist, dessen Jugendliche mit ihren Ängsten und Fragen zum Thema Sexualität allein gelassen werden und aus der Schuldgefühle nicht wegzudenken sind.

Auch Alfred Kinsey leidet unter diesen prüden Verhältnissen. Sein Vater würde ihn gern als makellosen Teil dieser Gesellschaft sehen, als Priester. Doch Kinsey bricht aus, wird gegen den Willen seines Vaters Biologe. Er nimmt wahr, wie verunsichert und ängstlich seine Studenten sind und hält Kurse über die Sexualität des Menschen. Er vertieft sich in die Forschung, stellt ein Team zusammen, befragt tausende von Menschen und veröffentlicht ein revolutionäres Buch über die Sexualität des Mannes. Amerika ist schockiert, doch für viele wirkt dieses Buch wie ein Befreiungsschlag.
Die freie Liebe, für die Kinsey Plädoyers hält, sorgt gleichzeitig für ein emotionales Chaos und Beziehungskrisen bei ihm, seiner Frau und seinen Mitarbeitern.
Ein sehr einfühlsames, emotionales Werk, das mit leisen, dramatischen und auch humorvollen Tönen das Leben eines Wissenschaftlers beschreibt, der versucht, in dem repressiven Klima des verklemmten Amerika für mehr Offenheit und Natürlichkeit zu sorgen. Doch auf dem Weg wird auch deutlich, dass Emotion und Verstand fast unvereinbar scheinen. Regisseur Bill Condon wirft die Frage auf, ob sich die Gesellschaft bis heute tatsächlich so verändert hat, wie man vielleicht denken mag.

Geschrieben von Anne Breuer

m. kocht… Nudeln mit Puten-Sahne-Sauce

Zutaten
(für 4 Personen)

250 gr Pilze
trockener Weißwein
1 große Zwiebel
1 Knoblauchzehe
500 Gramm Putenbrustfilet
Olivenöl
1 Becher Schmand
(oder fettärmer: 1 Becher
Creme Fraiche)
1 Becher Sahne
1 Packung Kräuterfrischkäse
Instant-Gemüsebrühe
Basilikum
Lorbeerblätter

dazu 500 Gramm Penne oder Spaghettini

Zubereitung

Ganz zu Anfang Pilze abtropfen und in Weißwein einlegen. Zwiebeln, Knoblauch und Fleisch möglichst klein schneiden.
Die Zwiebeln zusammen mit der kleingehackten Knoblauchzehe in einem großen Topf in Olivenöl anbraten bis sie glasig sind. Das Fleisch mit Salz und Pfeffer würzen, in den Topf dazugeben und solange garen, bis es fest wird.
Pilze und einen Schuß Weißwein in den Topf schütten. Kurz aufkochen und Herdplatte anschließend auf kleine Hitze stellen. Schmand, Sahne und Frischkäse hinzufügen. 1 EL Zucker beimengen und abschmecken. 1 TL Gemüsebrühe in ein wenig Wasser auflösen und in die Sauce einrühren. Zum Abschluss mit Basilikum garnieren.

Als Tipp: Falls die Sauce zu dünn ist, 1 EL Mehl in einer Tasse mit ein wenig Wasser verdünnen und der Sauce langsam und vorsichtig beimengen.

Nudeln in reichlich gesalzenem Wasser mit einem TL Olivenöl und einem Lorbeerblatt kochen, bis sie al dente sind.

Geschrieben von Michael Boortz

Kino: Realität und Märchen – Zwei Meinungen zu Til Schweigers neuem Film „Barfuss“

Eigentlich hat Nick schon genug Probleme: Keinen festen Job, keine Freundin, und noch dazu machen ihm sein Stiefvater und sein Bruder das Leben zur Hölle. Nachdem er auch den letzten Job als Putzhilfe in einer psychiatrischen Klinik verliert, kann er gerade noch verhindern, dass sich die junge Leila vor seinen Augen erhängt. Niedergeschlagen geht er nach Hause und findet Leila kurz darauf vor seiner Tür vor. Sie lässt sich nicht abwimmeln und hat beschlossen, bei ihm zu bleiben…

Eine rührende und lustige Erzählung, in der es leider hin und wieder an Realismus fehlt. Zudem wird nicht ganz klar, ob Til Schweiger (Regisseur und Autor zusammen mit Jann Preuss) ein Märchen, eine Romanze oder einen nachdenklichen Film schaffen wollte. Und wenn dann auch noch Axel Stein und Markus Maria Profitlich ihren Comedy-Kurzauftritt absolvieren, ist die Verwirrung komplett.
Die Kameraführung ist gut gelungen. Allerdings hätte man sich mehr Gedanken machen können, ob die sehr stereotype Darstellung einer psychiatrischen Klinik komisch oder ernsthaft wirken soll. Denn die Grenzen zwischen einer gewissen oberflächlichen „KlapsenRomantik“ und dem ernsthaften Versuch, gesellschaftskritische Elemente unterzubringen, verschwimmen stark.

Til Schweiger zeigt überraschend, dass er das Zeug zum Märchen und zur einfühlsamen Tragikomödie hat. Newcomerin und Wiener-Burg­theater-Star Johanna Wokalek glänzt in der Rolle der Leila. Zart und sanft, mit der Neugierde eines Kindes, tastet sie sich ohne Schuhe und Strümpfe mit großen Augen durch den Alltag, den sie bisher nie kennen gelernt hat. Er hat mit ihr plötzlich eine Frau an den Hacken und den Geburtstag seines arroganten High-Society-Bruders vor sich.
Der Film dümpelt am Anfang ein wenig in der Gleichgültigkeit zwischen Arbeitsamt und Psychatrie-Alltag vor sich hin, wird aber mit dem Zusammentreffen von Nick und Leila sehr warmherzig. Spätestens der Soundtrack – „Shrek“ läßt grüßen – macht klar: Dieser Film will und darf ein Märchen sein.

Geschrieben von Anne Breuer, Ulrich Kötter

Journal international

Greifswalder auf Zeit berichten

Sechs Überlebende einer Erasmuserfahrung in Greifswald hatten nach der Rückkehr an ihre Heimatuniversitäten die Idee, noch etwas weiter zu machen und ein kleines ?Journal international? herauszugeben. Konkret ist daraus nun das Projekt geworden, jeden Monat (oder auch alle zwei) einen Artikel zu schreiben, der die verschiedenen nationalen oder persönlichen Perspektiven auf ein bestimmtes, gemeinsames Thema wiederspiegelt. Das Ergebnis soll dann mehr oder weniger gleichzeitig in Fribourg, Riga, Lublin und Greifswald erscheinen.

Schaut doch mal in die jeweiligen Uni-Magazine, wenn ihr vorbeifahrt! Wer wir sind? Ewa und Aga, Jurastudentinnen aus Lublin (Polen), Andis und Inga aus Lettland, Studenten der Baltistik in Riga, Matthieu aus Fribourg (Schweiz), der Zeitgeschichte studiert und Thomas, ?der Eingeborene?, Student der Politikwissenschaft. Übrigens: Geschrieben wird auf Deutsch und dann jeweils übersetzt – braucht es da noch eines Beweises, dass Sprache verbindet?
PS: Dieser Artikel über das Sommersemester 2004 ist bereits auf Französisch in der Dezember ’04-Ausgabe des zweisprachigen Studentenmagazins „Spectrum“ der Uni Fribourg/Freiburg (Schweiz) erschienen.

Thomas:

Was kann der Eingeborene dazu schreiben? Ich denke, mit Recht behaupten zu können, für Greifswald sind sie zweifellos eine ganz besondere Bereicherung – die Studenten, die aus verschiedenen ?Ecken? Europas und der Welt hierher in den Nordosten der Bundesrepublik kommen. Allein der weite Weg und ihr Interesse an der Fremde ehren uns Einheimische. Durch ihre Beteiligung in den Kursen, aber auch Veranstaltungen im IKUWO, der Mensa und anderswo schaffen sie Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen und interkulturellen Erfahrungsaustausch. Sich zu verstehen ist die Basis für Verständigung. Wer sich von den Greifswalder Studenten auf dieses ?Abenteuer? einlässt, kann seinen Horizont erweitern – und, mit eine bisschen Glück, sogar neue Freunde finden…

Inga/Andis:

Immer mehr Studenten von den Hochschulen und Universitäten Lettlands fahren ins Ausland, um ihre Fremdsprachen zu verbessern, etwas Neues in ihrer Studienrichtung zu lernen oder um neue Bekannte und Freunde zu finden.
Wir – zwei Studenten der Philologischen Fakultät der Universität Lettland (Latvijas Universitate) – sind mit dem SOCRATES/ERASMUS-Austauschprogramm nach Greifswald gekommen.
Warum Greifswald? Der Grund ist ziemlich einfach: In Lettland studieren wir baltische Philologie, das bedeutet lettische und litauische Sprache und Literatur – die Sprachen der einzigen ?überlebenden? baltischen Völker. Natürlich ist diese Fachrichtung sehr spezifisch und die Möglichkeiten, sie außerhalb von Lettland oder Litauen zu studieren, sind sehr klein. In Deutschland kann man dies in Mainz und Greifswald machen, aber nur in Greifswald gibt es ein Institut für Baltistik. Dies ist zwar sehr klein aber für uns war es sehr interessant, die Deutschen kennen zu lernen, die sich ?ausgesucht? haben, unsere ziemlich komplizierte Sprache, die noch dazu so wenige Leute sprechen, zu lernen. Einige tun das, weil sie lettische Freunde haben, andere weil sie es sehr exotisch finden.
Wir waren vier Letten im Sommersemester 2004 in Greifswald. Genug, um sich nicht einsam zu fühlen und zu wenig, um sich nur miteinander zu unterhalten. Deswegen hat es uns viel Spaß gemacht, die anderen Austauschstudenten kennen zu lernen – von Sibirien bis Florida, von Schweden bis Spanien. Natürlich war es auch sehr interessant, für einige Monate Teil des deutschen Bildungssystem zu sein, das ganz anders ist als das in Lettland. Das Unvergessliche an dieser Zeit bleibt jedoch nicht die akademische Arbeit, sondern die Leute und die engen Beziehungen, die in so kurzer Zeit zwischen den Menschen so verschiedener Kulturen und Mentalitäten entstanden sind.

Ewa:

Schon seit langer Zeit hatte ich nach einer Möglichkeit gesucht, nach Deutschland zu fahren. Ich denke, eigentlich wollte ich irgendwo hin, etwas Neues erleben, neue Leute kennen lernen.
Zufällig habe ich einmal mit jemandem gesprochen, der schon ein Auslandsstudium im Rahmen des SOCRATES/ERASMUS-Programms hinter sich hatte und ?total? begeistert davon war. Ich dachte: Das will ich auch, davon habe ich geträumt! Sofort habe ich mich an meiner Uni dafür beworben. Ich will unterstreichen, dass ERASMUS in Polen nicht besonders populär und verbreitet ist. So funktioniert die ganze Infrastruktur auf der Uni-Seite sehr schlecht. Alle erforderlichen Dokumente sind ?vom Studenten-Kopf? zu erledigen. Die Zeit vor der Abfahrt war ?ein Kampf gegen die Bürokratie?. Es lohnt sich aber, diesen ?Preis? für spätere, großartige Erfahrungen und Abenteuer zu bezahlen!
Anfangs wollte ich für ein Jahr nach Hannover – das klappte aber nicht und ich habe den Platz in Greifswald bekommen. Ich muss zugeben, dass ich sehr enttäuscht war. Greifswald – was ist denn das? Eine kleine Stadt irgendwo in Norddeutschland, von der niemand gehört hat, und noch dazu in der ehemaligen DDR! Aber besser das als nichts, dachte ich.
Heute weiß ich jedoch, dass ?jemand? alles gut geplant und die richtige Entscheidung getroffen hat. Ich habe eine Art von Paradies gefunden: nämlich Greifswald. Dort habe ich zwar nur ein Sommersemester studiert, aber während dieser Zeit habe ich mehr gelernt als an meiner Heimatuni in vier Jahren. Es handelt sich nicht um „wissenschaftliche, akademische Forschung“ im engeren Sinne, sondern um ?Lebensforschung?: zwischenmenschliche Kontakte und Freundschaften, die Horizont erweitern. Früher hatte ich keine Ahnung von der Schweiz, Lettland, Spanien, Estland – jetzt bedeutet jedes Land für mich etwas anderes und hinter allen Ländern stehen für mich wichtige Personen. Außerdem ist es ein wunderbares Gefühl, wenn man in jeder Ecke der Welt jemanden hat. Aus dieser multikulturellen Mischung kann jeder etwas Wichtiges und Neues für sich selbst gewinnen. Unbekanntes wird plötzlich bekannt und das finde ich besonders schön und wertvoll.
Das Leben in Greifswald ist leider schon vorbei, das bedeutet aber nicht, dass sich damit alles beendet hat. Zum Glück geht ?unser? Erasmusleben weiter und entwickelt sich, was auch viele neue Ideen für die Zukunft bringt. Meiner Meinung nach verstehen sich alle Leute, die an solchen Veranstaltungen (wie SOCRATES/ERASMUS) teilgenommen haben, ohne Worte – und es ist egal, wo sie ein Austauschstudium gemacht haben. Ich bemerke, dass eine Art von ?Erasmusbevölkerung? existiert.

Geschrieben von Matthieu Gillabert / Thomas Müller