92 Teenies + die schönste Stadt der Welt = ein fantastischer Auslandsaufenthalt

Ein Erlebnisbericht

„Es ist Prag!“ Ich kann mich ganz genau daran erinnern, wie ich durch meine WG gehüpft bin und immer wieder diesen Satz gerufen habe. Das ist jetzt erst ein dreiviertel Jahr her, und trotzdem ist alles schon wieder vorbei. Vor zwei Wochen musste ich meine Traumstadt vorerst hinter mir lassen, um zurück an die Greifswalder Uni zu gehen – kein guter Tausch.

Ich studiere hier Deutsch, Philosophie und Deutsch als Fremdsprache auf Lehramt. Unsere Stu­dien­ordnung sieht einen „studienrelevanten Auslandsaufenthalt“ vor, den ich im letzten Wintersemester angetreten habe. Natürlich gibt es eine Vielzahl von Angeboten, die alle sehr interessant und in der Regel sehr kostspielig sind. Daher war ich begeistert, als ich von dem Programm „Völkerverständigung macht Schule“ der Robert-Bosch-Stiftung hörte. Ich habe mich also für Mittel- und Osteuropa beworben, auf die Tschechische Republik gehofft und von Prag geträumt. Für mich war es daher ein riesiges Geschenk, als ich die Nachricht mit meinem ‘Einsatzort’ erhalten habe. Ein halbes Jahr als Fremdsprachenassistentin in Prag – ich konnte den Praktikumsbeginn kaum abwarten. Etwas nervös war ich zugegebenermaßen auch. Ich konnte kein Wort Tschechisch, hatte bis zu meiner Abfahrt keine Wohnung – aber das Versprechen, dass es bisher immer irgendwie funktioniert habe – und wußte, dass ich an einer Grundschule am Stadtrand unterrichten würde. Allerdings hat mich Prag mit mehr als offenen Armen empfangen. Ich habe für die ersten Wochen eine kleine Wohnung mitten im Zentrum Prags bekommen und lebte somit in direkter Nachbarschaft zum „Reduta Jazz Club“, dem Nationaltheater und dem Büro von Ex-Präsident Vaclav Havel.
Meine Praktikumsschule lag in der Nähe von Wäldern, Wiesen und vielen kleinen Seen. Die Lehrer waren alle furchtbar freundlich zu mir und haben, wenn es gerade nicht die Deutschlehrer waren, ihre letzten Deutschkenntnisse ausgegraben, um mir zum Beispiel „Viel Spaß!“oder „Einen schönen Tag!“ zu wünschen. Richtig toll waren aber meine Schüler. Ich war hauptsächlich in achten und neunten Klassen und habe nur gute Erfahrungen gemacht. In Tschechien werden die Klassen im Sprachunterricht geteilt. So sind es nie mehr als fünfzehn Schüler im Deutsch-/Englischunterricht, was natürlich hervorragende Vorraussetzungen zum Sprachlernen und –lehren sind.
Mit zwei achten Klassen habe ich ein Projekt durchgeführt. Dabei handelte es sich um ein Planspiel, dass den Schülern nicht nur interessante Redeanlässe geben, sondern sie gleichzeitig in die Grundlagen der Entwicklung von Staatengemeinschaften einführen sollte. Die Schüler hatten sehr viel Spaß und waren dementsprechend fleißig bei der Arbeit.
Um in Prag „überleben“ zu können, muss man nicht unbedingt Tschechisch sprechen. Trotzdem habe ich ein Semester lang einen Kurs an einer Sprachschule in Prag besucht. Es hat großen Spaß gemacht, ich habe interessante Leute kennen gelernt und vor allem sehr viel Verständnis für meine „armen Schüler“ entwickelt. Außerdem begegnen einem die Prager noch herzlicher, wenn man zumindest versucht, sich in der Landessprache verständlich zu machen. Und wenn ich dann doch einmal den falschen der sieben Fälle erwischt habe, gab es oft sehr nette Nachhilfe. So habe ich an einem Kiosk, an dem ich eigentlich nur eine Telefonkarte kaufen wollte, die Zahlen bis dreihundert gelernt.
Freizeit hatte ich natürlich auch, aber jetzt sämtliche Möglichkeiten aufzuzählen, die mir die Stadt geboten hat, wäre doch sehr aufwendig. Und ich habe sie mit Sicherheit nicht zum letzten Mal genutzt.

Geschrieben von Stephanie Dahn

Zurückgekehrt

Über Hélène Grimaud, ihr Buch und ihre neue CD

Wolf oder Sonate? Für Hélène Grimaud wäre das keine Frage. Denn sie verbindet beides seit Jahren mit Leidenschaft: den Flügel für ihre Musik und die wilden Schmusetiere als Seelenverwandte während ihres Rückzugs in die Natur. Kein Wolfstick. Sondern eine aufrichtige Zuneigung, die zuletzt in ihrem Buch „Wolfssonate“ gipfelte.

Die Originalausgabe der bezaubernden Autobiographie „Variations sauvages“, wilde Variationen, erschien allerdings in Frankreich bereits vor zwei Jahren. Dennoch.
Neben dem Buch kehrte die 1970 in Aix-en-Provence geborene Pianistin im Februar mit ihrem ersten Solorecital für die Deutsche Grammophon in die hiesigen Landen zurück. Das Konzept „Tod und Transzendenz“ steht hinter den Klaviersonaten der Romantiker Frédéric Chopin (1810–1849) und Sergei Rachmaninov (1873–1943). Bei beiden jeweils die zweite. Chopins Berceuse in Des-Dur und Barcarolle in Fis-Dur runden das Ganze ab.
Was die Einspielung an Fragen offen ließ, beantwortete das ausverkaufte Konzert am 24. Februar im Großen Saal der Berliner Philharmonie. Der reißende Fluss von Noten war nicht gedankenlose Hast, sondern ein befreites Ausleben der komponierten Seelengemälde auf schwarzen und weißen Tasten.

Geschrieben von Uwe Roßner

DVD: Kapitalismus auf Zelluloid

Ob man in der Mensa sein Gegenüber von der Notwendigkeit des Nummerntausches überzeugen will, oder ob man an der Uni um gute Noten buhlt – sich zu verkaufen gehört zum täglichen Geschäft. Ricky, Shelley, George und Dave haben ihr Können zum Beruf gemacht. Sie sind Versicherungsvertreter. Man könnte auch sagen, sie prostituieren sich.

Ricky, gespielt von Al Pacino, ist der erfolgreichste von ihnen, die Spitze der firmeninternen Verkaufscharts, und wird von seinen Kollegen (Jack Lemmon, Alan Arkin und Ed Harris) dafür gehasst. Tempo kommt in die Sache, als das Firmenmanagement den Druck erhöht und einen Verkaufswettbewerb ausruft. Um den überlebenswichtigen Bonus zu erhalten, wird auch vor Raub und Betrug nicht zurückgeschreckt. Wer nicht verkauft, fliegt. Friss oder werde gefressen. Darwin lässt grüßen.
Regisseur James Foley machte sich mit „Die Kammer“ schon international einen Namen. Das Drehbuch ist eine Adaption von David Mamets gleichnamigem Bühnenstück. Der Theatercharakter ist deutlich spürbar: Der Film spielt nur an rund fünf verschiedenen Schauplätzen und ist dialoglastig. Brüskiert und mitunter entsetzt findet sich der Zuschauer in einem spannend gezeichneten Existenzkampf wieder.
Verfügbar ist der Film in Deutsch und Englisch. Soll sich allerdings auch die DVD gut verkaufen, muss an den Extras (3 Trailer) allerdings noch gefeilt werden. Ein Insider für alle, denen Blockbuster zu viel geworden sind.

Geschrieben von Joel Kaczmarek

Hochs und Tiefs im Erstsemester

Ein Semester in Greifswald

Wer kennt sie nicht, die typischen Eigenschaften eines jeden Erstsemester-Studenten: hochmotiviert, übereifrig, ahnungslos und im besten Fall auch wissbegierig. Wahrscheinlich werden sie auch deshalb von ihren Kommilitonen liebevoll „Erstis“ genannt. Ab Oktober 2004 sollte auch ich einer von ihnen werden. So begann ich mein erstes Studium an der EMAU. Im Gepäck: all die bekannten Erkennungsmerkmale.

Mein erster Enthusiasmus verflog allerdings schon in der „Ersti-Woche“. Denn da hieß es anstehen und Geduld haben! Besonders am Tag der Begrüßung in beziehungsweise vor der Mensa. Als ich all die Neuankömmlinge dort das erste Mal auf einem Haufen sah, war mein erster Gedanke: Massenabfertigung! Wie am Fließband wurden wir unseren entsprechenden Studiengängen und Tutoren aufgeteilt. Doch dann stellte sich gerade dieses Gedränge als vorteilhaft heraus: Man fühlte sich alles andere als allein gelassen und konnte ganz einfach die ersten Kontakte knüpfen.
Danach ging es noch zu Fuß durch die Greifswalder Innenstadt. Da kam ich mir weniger als Erststudent sondern eher als Erstklässler vor. Mit Namenschild und Geschenkbeutel (Man könnte auch sagen: getarnte Zuckertüte) watschelte ich immer meinen Tutoren hinterher. Ich fand das sehr amüsant und tat das, was alle Erstis taten: Ja nicht den Anschluss verlieren!
Jetzt begann also, fern der Heimat, der „Ernst des Lebens“. Der entwickelte sich jedoch in den ersten Monaten entgegen meiner Vorstellungen. Mit welchen großen und kleinen Probleme man im Alltag und an der Uni aber auch konfrontiert wird: leerer Kühlschrank, bügeln, kaputter Fahrradschlauch, Konto im Minus, GEZ-Prüfer an der Haustür, vergessene Familiengeburtstage, radfahrer-unfreundliche Bordsteinkanten, Platzjagd im Hörsaal (zumindest am Anfang des Semesters), und touristenähnliche Orientierungslosigkeit an der Uni. Und das sind nur die Highlights! Umso stolzer war ich dann aber, wenn ich eines dieser Probleme erfolgreich beheben konnte.
Allgemeine Ahnungslosigkeit herrschte natürlich auch in meinem ersten Semester Studieren. Was bedeuten nur all die Abkürzungen wie „AStA“ oder „c.t.“? Wie funktioniert eine Kopierkarte? Was ist der „OPAC“? Und: Wieso gibt es in der Mensa immer eine lange und eine kurze Warteschlange an der Kasse?
Solche Fragen lassen einen vorkommen, als hätte man das Wort „Ersti“ direkt auf die Stirn tätowiert bekommen. Als es mir dann zu viele Fragen wurden, habe ich sie ganz einfach laut gestellt. Negative Erfahrungen habe ich damit nie gemacht. Ich bekam immer freundliche und hilfreiche Antworten von Mitarbeitern oder Kommilitonen.
Und dann kam der Tag, an dem dieses Tattoo verblasste. An einem der Hochschulinformationstage kam im Audimax ein junges Mädchen auf mich zu und fragte mich, wo das Theologische Institut sei. Jetzt sollte ich also antworten! Außer mir vor Begeisterung wurde mir erst im Nachhinein bewusst, was ich ihr eigentlich geantwortet hatte: „Nein, keine Ahnung, ich studier’ hier auch erst ein paar Monate.“ Ich weiß, nicht sehr hilfreich, aber ich sah für sie so aus, als hätte ich das wissen können! Allein das zählte für mich in diesem Moment.
Jetzt ist mein erstes Semester schon wieder vorbei. Die ersten Prüfungen sind geschrieben, die ersten Freund­schaften entstanden und das anfängliche Heimweh (nahezu) verflogen. Und, das Wichtigste: Meine „Ersti“-Eigenschaften habe ich abgelegt und werde mein zweites Semester mit weniger Übereifer, dafür mit mehr Ahnung angehen!

Geschrieben von Anne Waldow

Zwei Flegel feiern Geburtstag

1865 erschienen die bekannten „sieben Streiche“ in einer Bildergeschichte in der Zeitschrift „Fliegende Blätter“ in München. Es war die erste und auch populärste Bildfolge von Wilhelm Busch, der sich damals damit seinen Lebensunterhalt sicherte.
Derweil träumte Busch zeitlebens davon, als ernsthafter und passionierter Maler anerkannt zu werden. Immerhin absolvierte er 1851-1854 eine professionelle Ausbildung zum Kunstmaler. Doch dieser Traum sollte sich nicht verwirklichen: Als Satiriker war er in seiner Epoche konkurrenzlos, aber als Kunstmaler blieb er zeitlebens ein Unbekannter. Unzufrieden über diese Situation schrieb er einst:
„Leicht kommt man an das Bildermalen,
doch schwer an Leute, die’s bezahlen.
Statt ihrer ist, als ein Ersatz,
der Kritikus sofort am Platz.“

Umso bedeutender waren und sind seine zahlreichen gemalten Bildergeschichten, die als Vorläufer der uns heute bekannten Comics gelten. Kurze, zugespitzte Texte und Bilder und eine an schwarzen Humor grenzende Komik zeichnen dabei alle Werke von Wilhelm Busch aus. Jedoch auch stets darauf bedacht, versteckte Kritik an dem status quo zu äußern.
Und wie immer in klassischen Geschichten siegt am Ende stets das Gute über das Böse, so dass Max und Moritz letztendlich auch das Zeitliche segnen. Dennoch sind die beiden Frechdachse bis heute nicht in Vergessenheit geraten und werden auch in Zukunft noch vielen Kindern und Erwachsenen ein Lächeln auf das Gesicht zaubern. So auch die vielen anderen Geschichten, die zwar weniger bekannt, aber nicht weniger amüsant sind. Wie zum Beispiel „Fipps, der Affe“ oder „Die fromme Helene“.
1908, kurz nach dem Tod von Busch, veröffentlichte der Schriftsteller Ludwig Thoma einen Nachruf in der Zeitschrift „Simplizissimus“, in dem es heißt: „Er hat uns vieles gelassen, was lebendig bleiben wird.“ Dass die dreisten Streiche der beiden Schelme im Besonderen dazu zählen, ist unumstritten.
In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch, Max und Moritz!