von Archiv | 17.05.2005
Der Applaus wollte und wollte nicht enden. Unter dem Jubel des begeisterten Publikums im gut gefüllten Greifswalder Theater haben sich die Schauspieler des Geistig-Behinderten-Theaters „Die Eckigen“ und Jan Bernhardt, das feste Ensemble-Mitglied des Theater Vorpommern, minutenlang feiern lassen.
Dem vorausgegangen war die ungemein gelungene und humorvolle Aufführung der Moliere-Komödie „Der eingebildete Kranke“. Dieses Prosawerk des französischen Dramatikers, im Jahre 1673 in Paris uraufgeführt, ist schon auf unzähligen Theaterbühnen gezeigt worden. In dieser neuesten Bearbeitung jedoch hat das Stück durch die Zusammenarbeit geistig behinderter und gesunder Schauspieler einen unvergleichlichen Charme erhalten.
Argan, gespielt von Jan Bernhardt, ist ein Hypochonder, der seine Mitmenschen mit eingebildeten Krankheiten tyrannisiert. All sein Denken und Fühlen, das ganz normale Leben zunehmend vergessend, ist auf seinen Körper und dessen Äußerungen gerichtet. Umgeben ist der Hypochonder von seiner Tochter, die einen jungen Arzt heiraten soll, seiner jüngeren Frau, die auf ein vorzeitiges Erbe hofft, dem arroganten Notar, der am Tod verdienen will, und schließlich den Vertretern der Medizin, die an endlosen Behandlungen profitieren. Erst am Ende erkennt Argan, welchen seiner Mitmenschen er vertrauen kann und wem nicht.
In dieser Inszenierung unter der Regie von Gerd Franz Triebenecker ist vor allem die schauspielerische Leistung des Ensemble-Mitgliedes Jan Bernhardt und der geistig behinderten Schauspieler hervorzuheben. Seit mittlerweile zehn Jahren existiert die Theatergruppe der „Eckigen“, dessen Träger das kreisdiakonische Werk in Stralsund ist. Verschiedenste Theaterstücke, wie zum Beispiel „Die Bremer Stadtmusikanten“, „Romeo und Julia“ oder „Don Quijote“, sind im Laufe dieser Zeit zur Aufführung gelangt, wobei nach Worten des Regisseurs Triebenecker „am Anfang gar nicht geplant war, an die Öffentlichkeit zu gehen“. „Von Anfang an aber waren die Resonanzen sehr positiv“, so fährt Triebenecker fort, „so dass der Weg zur Bühne unumgänglich wurde“. Als eine sehr interessante Tätigkeit beschreibt Triebenecker seine Arbeit, die er „nicht missen will“. Auch die geistig behinderten Schauspieler sind, ähnlich eng wie der Regisseur, mit ihrer Arbeit verbunden. So sagt Birgit Lutter, ein langjähriges Mitglied der „Eckigen“: „Wir sind vor jedem Auftritt immer wieder aufgeregt, aber es macht sehr viel Spaß.“
So bleibt nur zu hoffen, dass der Spaß in den nächsten Jahren weitergeht und der Theaterbesucher noch viele gelungene Aufführungen der „Eckigen“ erwarten kann.
Geschrieben von Grit Preibisch
von Archiv | 17.05.2005
CD einlegen. Augen schließen und lauschen – wenn auch nur für 40 Minuten, denn Sam Phillips neuestes Album „A Boot and a Shoe“ überzeugt nicht durch Quantität sondern durch Qualität.
Die amerikanische Sängerin bleibt damit ihrem oft als „sparsam“ bezeichnetem Stil treu. Wer inhaltslose Phrasen und überflüssige instrumentelle Lückenfüller bevorzugt, wird mit dieser CD nicht glücklich werden.
Egal ob das Leben, die Liebe oder der Verlust dieser beiden, Sam Phillips’ Texte sind voller Emotionen und Geschichten ohne Happy End. „Torture-music” – wie sie selbst sagt. Und doch wirkt gerade diese Tiefe so beeindruckend.
Einprägsame Melodien und Sam Phillips’ sanfte und doch selbstbewusste Stimme ziehen den Hörer in ihren Bann. Die allgemeine Zurükkhaltung von Bass, Schlagzeug und Akustikgitarre verleiht eine besondere Note. Diese Musik lässt sich nicht in eine bestimmte Schublade stecken. Es ist ein Zusammenspiel verschiedenster Genres: ein bisschen Blues, ein bisschen Jazz, angehaucht mit alternativem Rock, der einfach ins Ohr geht. Selbst der 3/4-Takt in „Reflecting Light“ wirkt alles andere als eingestaubt. Der Mix aus Balladen mit konstantem Beat und akustischen Indierock ist einfach fesselnd. Vielleicht noch nicht beim ersten Hören, aber man muss dieser Platte einfach eine Chance geben. Es lohnt sich.
Geschrieben von Anne Schult
von Archiv | 17.05.2005
Das Cello hat seit Apocalyptica eine neue Stellung in der Rockmusik. Zumindest verschafften sich die auf ihren Instrumenten klassisch ausgebildeten Finnen damit gebührend Gehöhr. Gesang bestimmt ihr fünftes Album. Die hittauglichen Stücke „Bittersweet“ und „Life Burns!“ mit Ville Vallo (HIM) und Lauri (The Rasmus) oder das herzzerreißende „Farewell“ sprechen für sich. Mit ihren elf Eigenkompositionen kostet Apocalytica neben knackigen Einlagen die zarten Seiten des Cellos genüsslich aus. Hier stimmts: Cello burns! Kiitos! (finnisch: Danke!)
Geschrieben von Uwe Rißner
von Archiv | 17.05.2005
Joaquin Rodrigos „Concierto de Aranjuez“ ist ein Meilenstein der spanischen Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Über Nacht machte es seinen Komponisten berühmt und brachte der Gitarre als Instrument in den Konzertsälen der Welt ein hohes Ansehen ein. Einziger Witz: Der Pianist und Violinist Rodrigo (1901-1999) konnte nie Gitarre spielen. Die „Rodrigo-Collection“ gibt auf CD und DVD neben einer Aufnahme des Konzerts mit dem exzellenten Gitarristen Pepe Romero einen guten Einblick in das musikalische Schaffen und das Leben des spanischen Maestros.
Geschrieben von Uwe Roßner
von Archiv | 17.05.2005
Totgesagte leben / bluten länger. Nachdem die Gerüchte um eine Trennung der Band nach dem letzten Album „Beautiful Garbage“ nur langsam verstummten, melden sich die 4 Schotten nach 4-jähriger kreativer Schaffenspause mit einem Paukenschlag zurück. Dieser trägt den bezeichnenden Titel „Bleed like me“.
Nicht nur der Titel des Albums, auch die erste Single „Why do you love me“ tragen das Thema, das sich durch das Album zieht, nach draußen. Textzeilen wie „you’ve got soul inside your shattered heart“ oder „nothing ever smells like roses that rises out of mud“ lassen Schmerz, Wut, Melancholie, Depressionen und Aggressionen schon beim ersten Hören erklingen. Alles unterstrichen von der traurig-schönen Stimme Shirley Mansons.
Das Album scheint nicht ganz Mann und nicht ganz Frau zu sein. Es ist, wie Garbage schon einen Song auf dem Vorgängeralbum nannten, eher androgyn. Eine gelungene Zusammenstellung aus harten, rockigen Sounds gemischt mit weiblicher Sanftheit.
Während der Bandpause arbeitete Shirley an einigen Stücken mit ihrem Namensvetter Marilyn Manson, doch leider kam es nicht bis zu Aufnahmen. Dafür gesellte sich Dave Grohl, den meisten wohl gut bekannt von Nirvana, zu den illustren Schotten und ist als Drummer gleich auf dem ersten Song der Platte „Bad Boyfriend“ zu hören.
Also alles in Allem ein Album, bei dem es sich lohnt, es in seiner Plattensammlung zu haben. Auch live sind Garbage ein Genuss. Wer das nicht verpassen möchte, kann die Schotten dieses Jahr bei ‘Rock am Ring’ oder ‘Rock im Park’ sehen und hören.
Geschrieben von Delia Holm