von Archiv | 17.10.2005
Eins, Zwei, Drei
MacNamara (James Cagney) ist Manager für Coca-Cola im Westberlin Ende der Fünfziger Jahre. Kurz vor seiner erwarteten Beförderung schickt sein Chef die eigene Tochter nach Deutschland, um die frühreife 17-jährige von ihrem Verlobten – einem erfolglosen Footballspieler – weg und auf andere Gedanken zu bringen.
Leider ist die Tochter ein ganz schön durchtriebenes Früchtchen, das prompt nach Ostberlin verschwindet und dort heimlich heiratet –ausgerechnet den sowjettreuen Otto Piffl (Horst Buchholz).
Als die Eltern ihren Besuch ankündigen, muss der überzeugte Kommunist kurzerhand zum kapitalistischen Jungunternehmer und Traumschwiegersohn umgestylt werden. Leider muss er dazu erst mal aus der Gewalt der Ostberliner Polizei befreit werden, wohin ihn MacNamara als „amerikanischen Spion“ verfrachten ließ.
Der Klassiker von 1961 greift so ziemlich alle Vorurteile und Stereotype des Kalten Krieges auf. In der Billy-Wilder-Komödie werden die vielen deutschen Zitate in der englischen Variante interessanterweise nicht übersetzt; es ist also fraglich, wie viel amerikanische Zuschauer anhand der deutschen Untertitel verstanden haben.
„Manche mögen?s heiß“ trifft „Sonnenallee“ – selten so gelacht!
Geschrieben von Julia Mai
von Archiv | 17.10.2005
Verliebt in eine Hexe
sabel Bigelow (Nicole Kidman) ist eine waschechte Hexe, die aber das Hexenland, Zauberei im Allgemeinen und vor allem Dates mit Hexenmeistern absolut satt hat. Stattdessen möchte sie lieber unter normalen Menschen leben und alles verwirklichen, was der amerikanische Traum sonst so hergibt. Jack Wyatt (Will Ferrell) hingegen ist ein Schauspieler auf dem absteigenden Ast, der sich mit einem Remake der Sechziger-Jahre-Serie „Verliebt in eine Hexe“ ein Comeback erhofft. Durch einen Zufall castet er dabei – ohne es zu wissen – die echte Hexe Isabel für seine weibliche Hauptrolle, was in Verwirrung, Zaubersprüchen und ungeheurer Verwunderung endet.
m Prinzip ist das Ganze ineinander gesteckt wie die russischen Babuschkas: Ein Remake einer Hexenserie über eine Hexenserie mit einer Hexe als Hexe, die gar keine Hexe mehr sein will. Na gut. Warum nicht. Letztlich gibt es aber nur anderthalb gute Gründe, sich diesen Film anzusehen: eine bezaubernd niedliche Nicole Kidman, die mit ihrer Naivität und Unschuldigkeit in jedem Mann den Beschützerinstinkt weckt und ein witziger Michael Caine, der mit Beharrlichkeit das Menschsein in Frage stellt. Der Rest sieht düster aus: völlig überdrehte Gags, eine plumpe Message und Romantik à la Liebeskomödien-Schema F. Wie so oft kommt man an das Original nicht heran, wird dafür aber mit guter Musik vertröstet. Außer für erste Dates eher nicht zu empfehlen.
Geschrieben von Joel Kaczmarek
von Archiv | 17.10.2005
Dieses Buch scheint mit Klebstoff eingepinselt zu sein: kaum hat man es in der Hand, kann man es nicht mehr weglegen, denn die witzigen Kurzgeschichten kommen einem nur allzu bekannt vor. Der Zeit-Redakteur Mark Spörrle versteht es, aus Alltagsbegebenheiten Ereignisse mit Bedeutung zu schaffen. Die Nachricht vom Paketzusteller, dass das Paket nun in einer Postfiliale am anderen Ende der Stadt mit höchstens arbeitslosenfreundlichen Öffnungszeiten auf seinen Empfänger wartet.
Innerhalb der sieben Tage Abholfrist kann nun eine Menge dazwischen kommen, so trivial und vor allem so zutreffend. So erzählt Mark Spörrles Alter Ego von seinem Lieblingshemd, alt, halb zerfetzt, verwaschen – und seiner Freundin ein Dorn im Auge. Sein Nachbar macht ihn ständig verrückt weil er denkt, er habe den Herd angelassen. Die Paranoia erfasst auch ihn. Die freundliche Telefonansage, die ihn weiter verweist – Warteschleife – pure Freundlichkeit und wieder in die Warteschleife – der alltägliche Wahnsinn ist kein Einzelfall. Weitere Stationen sind der Liebeskrieg, ob die Heizung nachts an oder ausgeschaltet wird oder die Suche nach einer Unterhose jenseits von Geizgeilheit und Schnäppchenjagd.
Das Buch “Ist der Herd wirklich aus?” von Mark Spörrle ist bei Rowohlt erschienen und kostet 7,90 Euro.
Geschrieben von Judith Küther
von Archiv | 17.10.2005
Alter: 32 Jahre
Größe: Mach keine Witze! Nee, ist egal, will eh‘ keiner wissen.
Gewicht: Hab‘ keine Waage.
Sternzeichen: Glaub‘ ich nicht dran. Ich glaub‘ nicht mal an meinen Geburtstag.
Berufsbezeichnung: Wissenschaftler.
Lieblingsessen: Bin Fleischfetischist.
Lieblingscomic: „Miracleman“. Ein Comic mit einem sehr guten Helden, einem Übermenschen in Nietzsches Sinne. Was wäre, wenn es einen Supermann gäbe, der wirklich die Fähigkeit hätte, die Welt zu verändern? Im Comic tut er‘s dann auch.
Lieblings-CD: Wechselt ständig.
Lieblings-Film: Ganz weit vorne auf der Liste ist „Wag The Dog“. Und ich mag Filme von Regisseuren, die mit traditionellen Erzählweisen brechen, wie zum Beispiel „Memento“.
Wie lässt sich Deine Tätigkeit in drei Sätzen beschreiben?„Mit harter Arbeit von früh bis spät nur kann das Werk geraten,
denn Neid kennt nur das Blumenbeet, aber nicht den Spaten.“ Das ist ein Zitat von Olaf Schubert.
Wie viele Stunden hat Deine Arbeitswoche? Zwischen 70 und 120. Ich bin natürlich immer am Arbeiten, gerade als Künstler und Autor. Ich bin ständig am Überlegen, was ich als nächstes machen könnte. Vor dem Einschlafen habe ich oft die besten Ideen, das ist eine Art Meditationsübung.
Welches Handwerk würdest du gern beherrschen? KFZ-Mechaniker. Für Autoreparaturen in der Werkstatt braucht man eine Menge Geld; das würde ich gern selber
machen.
Wie sah als Kind Dein Traumberuf aus? Verrückter Wissenschaftler. Ich wollte die Welt in die Luft sprengen, bin dann aber doch normaler Wissenschaftler geworden. Und Comicautor wollte ich eigentlich auch schon immer werden.
Was verabscheust Du am meisten? Im Moment: Nervige Telefonfirmen, die mich abends so gegen 6 anrufen und mir irgendwelche billigen Tarife aufschwatzen wollen. Am schlimmsten ist es, wenn dann nur so eine Bandansage läuft.
Wo würdest du gerne leben? Monte Carlo.
Welches Fach würdest du gerne in Greifswald studieren, wenn du nochmal studieren würdest? Kirchenmusik
Dein Lieblingstier ist… a) zu Hause b) aus Stoff c) ein Braten Ganz klar das Fleischliche. Ich liebe Schweine, Hühner und Kühe. Sowohl gebraten als auch lebendig.
Hast Du eine Lieblingssportart? Ja.
Was ist Dein persönlicher Jungbrunnen? Grüner Tee.
Machst Du Dein Bett selbst?Oh ja. Mit Sorgfalt und Liebe.
Was liegt auf Deinem Nachttisch? Da stehen eine Topfpflanze und ein Wecker.
Hast Du einen Lieblingsplatz in Greifswald? Meine Wohnung.
Geschrieben von Ulrich Kötter
von Archiv | 17.10.2005
„Wir beurteilen die Welt nach der Ähnlichkeit, die sie mit ihren Bildern hat.“
(Hans Belting)
In der sternenklaren Nacht blickte ich in das weite Tal. Ein Meer von Lichtern tat sich vor mir auf. „Das ist wie in den Hollywoodfilmen, wo das Liebespärchen aus dem Auto auf L.A. runterschaut“, sagte ich zu der Kommilitonin neben mir. „Nein! Überhaupt nicht!“ sprach sie energisch. „Wir sind hier in Pamukkale in der Türkei und nirgendwo anders!“ Sie stampfte fast wütend mit ihrer Sandale auf den Boden.
Als ich den Vergleich mit dem Blick vom Montmartre auf Paris anführte, empfand sie das zwar als „schon besser“, aber dennoch in dieser Situation als völlig unangebracht. Was hatte ich falsch gemacht?
Ist es denn nicht die lebendige Phantasie, die einen kreativen Menschen auszeichnet? Doch wie „lebendig“ ist diese Phantasie? Von anderen Exkursionsteilnehmern fand ich Bestätigung, als ich den Hotelkomplex, in dem wir uns in dieser Nacht befanden mit Stanley Kubricks Stephen-King-Verfilmung „Shining“ in Verbindung brachte. Ich sah dieses „Ding“ im Schnee versinken und mich als einsamen Hausmeister durch die endlosen Flure schleichen. Doch gleichzeitig erschrak ich bei der Vorstellung, am Ende durch eine zerhackte Tür zu grinsen und zu rufen „Hi! Here’s Johnny!“.
An dieser Stelle kam mir nun die Frage, inwieweit dies die eigene Phantasie ist. Sollte dies nicht wieder zeigen, wie das multimediale Zeitalter in unsere persönliche Erlebniswelt eingreift? Hat es Kubrick nicht geschafft, einen sklavisch an die Introduktion des Films zu binden, wenn man das „Dies irae“ aus Hector Berlioz’ „Symphonie fantastique“ hört?
Dass solche „erworbenen“ Phantasien unser Bewusstsein bestimmen, ist sicher keine neue Erkenntnis. Dass die künstlich produzierten Bilder zunehmend eine solche Macht besitzen, dass sich selbst die Wirklichkeit nach ihnen richtet, gilt es doch zu bedenken.
Mit der Figur des Indiana Jones beispielsweise ist es George Lucas gelungen, ein Bild zu konstruieren, dem man unter den realen Umständen einer archäologischen Exkursion – in fast sehnsüchtiger Weise – meint nacheifern zu können. So kann ich auch nicht leugnen, meinen Strohhut über den funktionalen Aspekt hinaus in dieser konstruierten Tradition getragen zu haben, als wir in der sengenden Sonne abseits der Touristenströme durch die antiken Trümmerfelder marschiert sind. Es erfüllte einen mehr mit Forscherdrang, in mufflige Zisternen oder Grabmäler hineinzukriechen, als sachliche architektonische Rekonstruktionsversuche vorzunehmen.
Welch ein Assoziationsspektrum sich einem hier bieten könnte, zeigt, inwieweit die multimediale Reizaufnahme den Bogen auch überspannen kann. Als ich mir das ästhetisch zwar sehr innovative, aber faktisch extrem unappetitliche Machwerk „Sin City“ ansah, stellte ich mir die Frage, ob derartige Bilder wirklich notwendig sind, um eine Geschichte mit grotesker Ironie zu erzählen, die man auch noch für amüsant halten soll. Wenn sich Bruce Willis das Gehirn wegschießt, mag der abstrahierende Comiceffekt zwar vermeiden, dass man dem Kinobesucher in der Reihe vor sich in den Nacken kotzt, die dadurch produzierte Resignation wird einem aber auch so nicht genommen.
Wenn ich mir nun vorstelle, wie die gastfreundlichen anatolischen Bauern in dem (archäologisch zwar sehr interessanten, aber ansonsten im Niemandsland liegenden) Dorf Binbirkilise, die unsere ganze Exkursionsgruppe in ihrer kleinen Stube mit Fladenbrot, Honig und Tee bewirteten, auf diesen Film reagieren würden, ist es fast schon legitim, wenn der dortige Imam im Freitagsgebet gegen die „dekadente westliche Welt“ wettern würde. Die Bild-Zeitung könnte titeln: „’Sin City’ produziert Islamisten“.
Einer derartigen Pervertierung der Bilder lässt sich wohl nur durch entsprechende Askese entgegenwirken. Ein kompletter Entzug wird in unseren Tagen kaum möglich sein, jedoch sollte man sich darauf konzentrieren, die wirklichen Dinge in seinem Leben wahrzunehmen und daraus die eigene Fantasie zu schöpfen. Das war es wohl auch, was mir meine Kommilitonin sagen wollte: Genieße einfach den Augenblick! Das Lykostal liegt hier und jetzt in einer Weise vor uns, wie es nie wieder sein wird!
Geschrieben von Arvid Hansmann