Kino: Ein richtiger Hingucker

Wie viel Tüftlergeist braucht es, um aus Knete einen 94-minütigen Stop-Motion-Animationsfilm wie „Wallace und Gromit – Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen“ zu formen?

1985 schuf Nick Parks das reizende Duo aus zerstreutem Erfinder und vierbeinigem Freund. Erstmalig wirft es in abendfüllender Spielfilmlänge die Frage nach dem Sein oder Nichtsein eines gemüseliebenden Nagers auf. Einmal abgesehen vom philosophischen Gehalt und Streitwert der Leinwandproduktion ist die stark ausgeprägte Liebe für Details von Beginn an entscheidend und ergreifend zugleich. Denn für eine Sekunde bewegten Filmes bedarf es 24 einzelner Bilder. Um am Ende die Illusion einer flüssigen Bewegung der Figuren zu gewinnen, werden sie wie beim Daumenkino vor jedem neuem Bild ein bisschen weiterbewegt. Typisch britisch, einnehmend keck und zum Schmunzeln komisch ist Nick Parks neuester Wallace und Gromit ein richtiger Hingucker.

Geschrieben von Uwe Roßner

Schocken light

Erschreckend wirkten sie – die Flyer, die eine Woche vor der Lesung auf den Fluren der Germanistik herumlagen. „GUStAV warnt“ oder „GUStAV schockt“ war darauf zu lesen. Am Sonntagabend vor Halloween lauschten dennoch einige wagemutige Zuhörer den Mitgliedern des Greifswalder Universitäts-Studentischer Autoren-Verbands (GUStAV). In orangerotes Licht getaucht wurden Messer gewetzt, Leichen zerfleddert und darüber sinniert, welches die beste Foltermethode sei.

Den Autorenverbund gibt es seit einem Dreivierteljahr, mit dabei sind neun ambitionierte Jungschriftsteller. Einmal wöchentlich trifft man sich, gibt sich gegenseitig Hilfestellung und liefert sich Impulse beim Herantasten an das Spiel mit der Sprache. Die Texte entstehen zu Hause oder in Gemeinschaftsarbeit unter einem bestimmten Motto direkt während der Treffen. Aber nicht nur das Schreiben sondern auch das Vorlesen will gelernt sein, so dass Leseübungen ebenso zum Pflichtprogramm gehören.
Dunkel war es am 30. Oktober um neun Uhr abends draußen, dunkelrot drinnen im St. Spiritus. Zu der Musik von Pulp Fiction trudelten nach und nach die Zuhörer ein und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Mit Verspätung ging es dann los, Doreen Schneider und Katharina Hamacher gruselten die Zuschauer im Duett mit dem zeitweiligen Problem eines jeden Autoren, die ersten Worte seiner Geschichte zu finden.
Die leise vorgetragene Einleitung verdeutlichte zugleich ein Grundproblem der Texte des Abends, dass sich wohl nicht alle der neun Autoren mit dem Grusel-Genre anfreunden konnten. Der eine oder andere saß bestimmt länger vor dem weißen Blatt Papier und flüchtete sich dann in abstrakte Visionen des Horrors.
Dass dieser sowohl mit Humor als auch „Im Namen der Wissenschaft“ daherkommen kann und dennoch faszinierend schockend bleibt, bewies Andreas Budzier in seinen lebhaft vorgetragenen Texten. Blankes Entsetzen packte das Publikum, als es in Doreen Schneiders Geschichte „Der Garten der Elfen“ in die Betonrealität des Uni-Innenhofs geführt wurde. Martin Hoyer überzeugte durch ein souverän vorgetragenes Gedicht und eine Geschichte im subtilen Horror-Stil Howard Phillips Lovecrafts.
Trotz aller Grusel-Vorwarnungen war es ein schöner Leseabend, zu dem die Gäste liebevoll empfangen wurden. Die Autoren ermöglichten dem Publikum einen intensiven Einblick in ihre Arbeit und rundeten den Abend mit einem hervorragenden Buffet ab.

GUStAV – Greifswalder Universitäts-Studentischer Autorenverband

Treffen jeden Donnerstag um 19 Uhr im Raum 1.21 im Institut für Deutsche Philologie – Interessierte sind herzlich willkommen!

Geschrieben von Uta-Nabert Caecilia, Ulrich Kötter

Kino: Doku durch Allzumenschliches vermasselt

Der letzte Satz des Films steht von Anfang an fest: „und die Reise wird immer weitergehen…“

Zwei Stunden groß angekündigter Hollywoodstreifen lang fragt sich der Durchschnittskinogänger, warum Pinguine eigentlich nicht frieren, denn die französische Produktion Luc Jacquets bleibt hinter ihrem Dokumentationsanspruch weit zurück. Hinterher bewundert man diese putzigen Gesellen entweder für ihr Durchhaltevermögen oder fragt sich, wozu es Pinguine überhaupt gibt.

Der Dokumentarwert des Films verblasst durch die Vermenschlichung der beobachteten Pinguin-Familie. Auch das Unterlegen der Kinobilder mit dramatischer, romantischer oder sonst wie gearteter Musik verstärkt diesen Effekt, bis von der Doku nichts mehr übrig bleibt. Auch die Kommentierung des Streifens durch – man beachte! – die Pinguine selbst stellt keine Ablöse von den kitschigen Sonnenuntergängen dar. Hochtrabende und philosophisch angehauchte Scheindialoge werden auch bei der vierten Wiederholung nicht tiefgründiger.
Trotzdem zollt man der harten wissenschaftlichen Arbeit Respekt und die ästhetisch ansprechenden Bilder sind bemerkenswert. Der Farbkontrast von natürlichem Blau, Schwarz und Weiß ist selbst auf die Dauer des Films nicht anstrengend. Empfehlenswert ist der Film trotzdem ausschließlich für Pinguin-Liebhaber oder verliebte Pärchen, denen der Film sowieso Schnuppe ist.

Geschrieben von Cornelia Leinhos

Kino: Schöne Bilder

„Das Volk der Verdammten“ nennt Regisseur Luc Jacquet die Kaiserpinguine. Zum Filmemachen kam der französische Biologe eher durch Zufall: Durch eine Zeitungsannonce und seine Liebe zur Natur begab er sich mit 24 das erste Mal in die Antarktis.

Zweifellos hat er mit seinem Team innerhalb eines Jahres Unmengen interessanter und wunderschöner Bilder von den Pinguinen und ihrer gefährlichen Reise durch das Eis eingefangen. Er begleitete die Tiere durch einen gesamten Zyklus, in dem sie unglaubliche Strapazen auf sich nehmen, monatelang wandern und fasten, den Winterstürmen trotzen und manchmal bis zu 80 Prozent ihrer Küken verlieren.
Postkartenbilder von einer Landschaft, die eher an einen fremden Planeten erinnern als an die Erde, die fast menschlich anmutenden Liebesbekundungen der Pinguine untereinander und natürlich der kuschelige Nachwuchs genießen schnell die Sympathie des Publikums.
Allerdings wurde bei der Vertonung erheblich daneben gegriffen: Die menschlichen Stimmen, die die Pinguine im Film bekommen haben, wirken kitschig, über-dramatisch und einfach fehl am Platz. Für einen Dokumentarfilm gibt es außerdem zu wenig Informationen über die interessanten Tiere.

Geschrieben von Anne Breuer

Droht das Ende der Greifswalder Subkultur?

Die Stadtimpuls-Initiative will ehrenamtliche Jugendarbeit und Vereinskultur erhalten

Stadtimpuls: Ein Stichwort, das in den letzten Wochen und Monaten öfter fiel. Doch was ist der die das „Stadtimpuls“ überhaupt, warum hat er sie es sich gegründet und was wird dort gemacht?
moritz traf Jan Holten, Mitglied des Studententheaters, des IKUWO und des GrIStuF e.V. und Melanie Dorow, die beim Stadtjugendring und Sundevit e.V. aktiv ist sowie Diemo Schramm vom Infoladen, der auch das Stadtimpuls-Fest 2005 filmte. moritz sprach mit ihnen in idyllischer Atmosphäre über gar nicht idyllische Zukunftsaussichten.

Es geht um die Häuser, in denen sich eine Vielzahl an Menschen größtenteils ehrenamtlich in Vereinen engagiert, Jugendarbeit leistet, kulturelle Höhepunkte schafft und Jugendlichen einen Ort und die Möglichkeit der Mitarbeit bietet.
Im Gespräch ging es vor allem um die Häuser des Klex’, IKUWOs und des Parisers, deren Zukunft ungewiss ist. Ein trostloses Szenario, in dem die Jugend aus ihre Häusern verbannt wird und das subkulturelle Leben ausgestorben ist.

Die momentane Situation

Das Klex in der Langen Straße 14 ist derzeit mit dem Problem konfrontiert, dass der Mietvertrag Ende 2006 auslaufen wird. Die Stadt möchte nach der Räumung eine Sanierung des maroden Komplexes vornehmen. Allerdings kann niemand sagen, ob die vielen Vereine und Organisationen, die derzeit ihre Räume im Klex haben, dort wieder einziehen können. Fest steht auch schon, dass es keinen Konzertraum mehr geben wird, auf den beispielsweise die Veranstaltungsgruppe Proton e.V. angewiesen ist. Ein Ausweichobjekt wurde den Mitarbeitern noch nicht angeboten. Als ausgewiesener Träger von Jugendarbeit in der Innenstadt müsste sich ein geeignetes Gebäude auch in dieser befinden.
Das Pariser, in dem sich die Leute der Initiative Kapaunenstraße engagieren, sieht sich seit geraumer Zeit mit strengen Auflagen konfrontiert, die aufgrund mehrfacher Lärmbelästigungsanzeigen beschlossen wurden. Dadurch ist der abendliche Cafébetrieb stark zurückgegangen. Die Leute bleiben weg, was aber auch an den derzeit unklaren inneren Strukturen des Vereins liegt.
Die Lage des IKUWOs scheint sich hingegen etwas entspannt zu haben. So wusste man bis vor wenigen Monaten nicht, ob das Projekt in dem Haus in der Goethestraße 1 bleiben dürfe oder nicht. Mittlerweile ist die „Aufenthaltsgenehmigung“ in Sack und Tüten und auf lange Sicht will der Verein das Gebäude übernehmen. Aber auch hier stehen Sanierungen an, eine Schallschutzwand ist notwendig, für deren Förderung hart gekämpft werden muss.
Generell scheint die Jugendarbeit in Greifswald ein einziger Behörden-Hürdenlauf zu sein. Von öffentlicher Seite, sprich vom Jugendamt, wird genau eine Stelle zur Verfügung gestellt, die sich um derartige Belange kümmern soll. Die Ernsthaftigkeit der Probleme ist wohl den wenigsten öffentlichen Stellen klar. Die Verweigerung der – insbesondere finanziellen – Unterstützung der verschiedenen Projekte entzieht der Stadt die eigene Basis, nämlich die Jugend, für die die Häuser eine Möglichkeit ist, sich aufzuhalten, auszuleben, Kultur zu erleben, Freunde zu treffen, sich weiterzubilden und Perspektiven zu erschließen.

Was macht der Stadtimpuls?

Genau hier setzt die Initiative des Stadt-impuls ein, denn hauptsächlich geht es um den Erhalt der Häuser, was den Erhalt eines Großteils des kulturellen Lebens mit sich bringt. Denn nicht nur die drei bisher genannten Institutionen, sondern eine Vielzahl anderer Gruppen und Vereine, wie zum Beispiel das Wohnprojekt Grimmer Straße, das Psychosoziale Zentrum oder der Stadtjugendring, sind dazu aufgefordert, ihre Probleme öffentlich zu machen und ihren Input zum Stadtimpuls beizutragen. „Eigentlich haben fast alle die gleichen Probleme“, so Melanie Dorow, „wenn wir alle gemeinsam an die Öffentlichkeit treten, können wir mehr erreichen als einer allein.“ Ein Netzwerk soll entstehen, in dem sich ausgetauscht werden kann über Probleme und Lösungsansätze. Das öffentliche Interesse soll geweckt werden durch kontinuierliche Aufklärungsarbeit in Form von Informationsblättern, Plakatwänden und anderen Medien. Man will die Initiative Bürgernähe schaffen und die Öffentlichkeit mit einbeziehen. „Das wäre mein Wunsch“, sagt Jan Holten.
Die Idee des Stadtimpuls existiert schon länger. Doch was derzeit zu beobachten ist, war bisher nicht da. Die Rede ist von kontinuierlichem, organisiertem und erfolgreichem Zusammenarbeiten. Ein erster Erfolg war das dreitägige Festival im September dieses Jahres, neben den ersten Ansätzen des selbst organisierten Arbeitens. Hierbei bezieht sich Jan auf neue Plakatwände, die demnächst in der Fleischerstraße auf Höhe des Walls aufgestellt werden. Dies ist ein Fortschritt, denn bisher gab es nur drei Plätze, an denen die Vereine für Veranstaltungen werben durften. Alles andere hatte die Stadt unter Androhung von Kürzungen verboten.

Was muss in Zukunft getan werden?

Jeder kann seinen Teil dazu beitragen, dass sich der Stadtimpuls weiterentwickelt. Hilfe, egal in welcher Form, wird überall gebraucht. Man kann die Homepage des Stadtimpuls besuchen und sich detaillierter informieren. Über eine Kontaktaufnahme wird niemand traurig sein. Bei den Verantwortlichen kann man sich dann über bevorstehende Aufgaben erkundigen, wie zum Beispiel Ausschau halten für neue Plakatierungsmöglichkeiten. Man kann direkt in die Vereine eintreten, mitarbeiten, helfen, Finanzierungsprojekte schreiben und vieles mehr.
„Auch wenn man nur für kurze Zeit in Greifswald ist, ein oder zwei Jahre, man kann immer etwas bewegen“, sagt Jan.

Geschrieben von Sophia Penther