von Archiv | 15.11.2006
Die Plattform zur Selbstdarstellung wächst und wächst: StudiVZ
Wer dieser Tage durch die Bibliothek schlendert, um sich selbst vom allzu eifrigen Studieren abzuhalten, und dabei den Blick über diverse Laptops und Bibliotheksrechner schweifen lässt, wird zwangsläufig bemerken, dass zahlreiche Kommilitonen einem merkwürdigen neuen Fieber zu erliegen scheinen.
Von immer mehr Bildschirmen flackert einem das rot-weiße Layout des neuesten Phänomens der studentischen Netzkultur entgegen: dem „StudiVZ“. „Das Studiverzeichnis“, für welches die Kurzform steht, ist der Marktführer unter einer ganzen Riege von neuen Internetplattformen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, speziell studentische Netzwerke jenseits universeller Websites wie „MySpace“ zu errichten.
Als Vorbild diente augenscheinlich das US-amerikanische Studentennetzwerk „Facebook“, das neben weitgehend identischen Funktionen auch erkennen lässt, dass die Begründer des deutschen Pendants den Grundsatz „Never change a running system“ mehr als nur verinnerlicht haben. Abgesehen von der Grundfarbe (Rot statt Blau) wurde das Seitenkonzept eins zu eins übernommen.
Nach Angaben der studentischen Betreiber haben sich seit der Gründung im Oktober 2005 über 700.000 aktive Nutzer kostenlos angemeldet. Diese haben die Möglichkeit, eigene Profilseiten anzulegen, auf denen Platz für Fotoalben, Lebensläufe, die Nennung von Vorlieben und den ganz persönlichen Seelenstriptease ist. Selbstredend verfügt das Netzwerk über einen eigenen Message-Dienst, der als kommunikatives Mittel dient und durch das „Gruscheln“, einer Art virtuellem Stups, ergänzt wird.
Die „Studis“ können sich darüber hinaus in Themen-Gruppen zusammenschließen, eine Möglichkeit, von der auch Greifswalder VZ-User rege Gebrauch machen. So können sich etwa Vereinigungen wie „Greifswald braucht ´ne Pommesbude“ oder „Freunde des Greifswalder Nobellokals ,Treffpunkt’“ eines stetigen Zustroms Gleichgesinnter erfreuen.
Den eigentlichen Reiz der Seite macht allerdings die Freundschaftsfunktion aus, bei der es durch schlichten Antrag und darauf folgende Bestätigung zu einer Vernetzung zweier Profile kommt. Der auf diese Art hinzugefügte „Freund“ wird fortan in der an exponierter Stelle befindlichen Freundesliste des Profilinhabers aufgeführt. Diese verkündet zugleich die Anzahl der Freunde an der eigenen und an anderen Universitäten. Wie von selbst erwächst dabei die dumpfe Ahnung, dass eine möglichst hohe Anzahl von eingetragenen Freunden dem eigenen sozialen Prestige zuträglich sein könnte. Beinahe instinktiv wird daraufhin bei manch einem Seitennutzer der verborgene Jäger und Sammler reaktiviert, der alles daran setzt, möglichst viele Bekanntschaften zusammenzutragen. Immer darauf bauend, dass schon niemand so garstig sein wird, einen entsprechenden Antrag abzulehnen, werden da schon mal „Freundschaften“ aufgefrischt, die über ein frühkindliches Gebrabbel im elterlichen Sandkasten oder den vagen Ansatz des Sich-Kennen-Lernens in der Erstsemesterwoche eigentlich nie hinaus kamen.
Nicht gern gesehen sind Nutzerprofile, die keine sind. So wurde auch ein Kunst-Profil, welches sich als das eines hierzulande nicht ganz unbekannten Dichters und Namensgebers unserer Universität ausgab, kurzerhand gelöscht. Vermutlich wurde es durch die hauseigene Denunziations-Funktion des „StudiVZ“ (Nutzer „melden“!) entlarvt. Zuvor kündete dieses noch von „Interessen“ des Betreffenden: „Demagogieren und Franzosen verhaun.“
Andere Fake-Profile, wie etwa der lokale „gläserne Student“, nutzen die Plattform des „StudiVZ“, um ihre Kommilitonen auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die solch eine digitale Anhäufung persönlicher Belanglosigkeiten mit sich bringen könnte. Zwar existiert eine Funktion, die den Zugang zum Profil nur den jeweiligen „Freunden“ erlaubt, von dieser wird aber kaum Gebrauch gemacht. Nicht zuletzt wohl auch, weil sie dem zu Grunde liegenden Drang, sich zu präsentieren, zuwider läuft. Sie ändert zudem nichts daran, dass zumindest den Betreibern des „StudiVZ“ ein unbegrenzter Zugriff auf die Daten möglich bleibt.
Auch langfristig bleibt dieser Aspekt spannend, denn die Frage der wirtschaftlichen Ausgestaltung des Verzeichnisses ist noch nicht abschließend geklärt. Bisher noch werbefrei und scheinbar dem reinen Selbstzweck dienend, könnte das kleine Start-Up-Unternehmen von den vorhandenen mittelgroßen Investoren, die es derzeit stützen, schon bald zur Erwirtschaftung von Renditen gedrängt werden. Auch eine Übernahme durch einen finanzkräftigen Medienkonzern wie in den Fällen von „YouTube“ und „MySpace“ ist nicht undenkbar und könnte das „StudiVZ“ ebenfalls auf gewinnorientiertere Bahnen lenken. Vorbild „Facebook“ ist einen solchen Weg bereits gegangen. Und was läge neben dem Schalten von Werbeanzeigen dann näher, als die verfügbaren gebündelten Informationen bezüglich einer einzelnen konkreten Zielgruppe lukrativ auszuschlachten.
Derweil wird fleißig ins europäische Umland expandiert. Mittlerweile sind ähnliche Konzepte des “StudiVZ” auch in Frankreich, Italien und Polen online.
Ob das Verzeichnis nicht vielleicht dennoch wieder im Dunst der Netzgeschichte verschwinden wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls stellen sich auch bei dem geneigten Nutzer mitunter Ermüdungserscheinungen ein und man fragt sich, warum man seine Kontakte nicht einfach wieder per E-Mail pflegt. Immerhin: das „StudiVZ“ bietet einen virtuellen Abguss sozialer Netzwerke – nicht weniger, aber eben auch nicht wirklich mehr.
Geschrieben von Johannes Kühl
von Archiv | 15.11.2006
Damit es auf dem Wohnungsmarkt mit rechten Dingen zugeht, gibt es viele Vereinigungen, die den Mietern zur Seite stehen. In Greifswald übernimmt diese Aufgabe der Deutsche Mieterbund. moritz sprach mit Dirk Barfknecht, Jurist und Geschäftsführer des Mieterbundes vor Ort, über die Wohnsituation in der Stadt.
moritz: Herr Barfknecht, ein paar Worte zum Mieterbund.
Barfknecht: Der Deutsche Mieterbund ist formalrechtlich gesehen ein Interessenverband und hat schon eine längere Tradition in der Bundesrepublik. In Ostdeutschland gibt es ihn freilich erst seit 1990. Unsere wichtigste Aufgabe ist sicherlich die Rechtsberatung in Fragen des Mietrechts.
moritz: Andere Funktionen gibt es auch?
Barfknecht: Richtig, allerdings sind diese eher mittelbar und die Mieter sehen davon wenig. Zum Beispiel versuchen wir im Interesse der Mieter Einfluss auf die Wohnpolitik des Landes zu nehmen. Dasselbe versuchen wir auch bei den Vermietern. Außerdem erstellen wir regelmäßig einen Mietspiegel für Greifswald, zuletzt im Jahr 2003.
moritz: Wie sieht die Arbeit des Mieterbundes aus?
Barfknecht: Es gibt nur einen hauptamtlichen Angestellten, das heißt vieles von dem, was an Hilfe geschieht, ist ehrenamtliche Arbeit der anderen Mitglieder. Einige von Ihnen sind übrigens Studenten. Unser Einzugsgebiet ist sehr groß. Neben Greifswald kommen die Landkreise Demmin und Ostvorpommern dazu. Das bedeutet natürlich viel Arbeit.
moritz: Mit welchen Problemen kommen die Leute zu Ihnen?
Barfknecht: Oft sind es einfache Dinge, wie Lärmbelästigungen durch andere Mieter. Aber auch Probleme mit den Vermietern kommen vor. Mal stimmt ein Wohnungsübergabeprotokoll nicht, mal werden vom Vermieter die Nebenkosten nicht korrekt abgerechnet. Wegen diesen kommen die Leute übrigens immer häufiger zu uns. Der Grund dafür ist die Kostenexplosion bei Strom und Gas, was bereits jetzt besorgniserregende Folgen hat. Manch einer ist am Rande der Zahlungsfähigkeit. Gegen die Preissteigerung kommt man nur politisch an, eben auf dem Wege der Einflussnahme auf die Wohnpolitik. Das ist aber sehr schwierig.
moritz: Wächst der Andrang angesichts der Probleme?
Barfknecht: Das nicht. Aber er wird auch nicht geringer. Außerdem werden die Fälle aus den genannten Gründen immer anspruchsvoller.
moritz: Gibt es Schwierigkeiten mit den Wohnungsgesellschaften wie der WVG?
Barfknecht: Ja, wenn auch keine speziell die WVG betreffenden Probleme. Was wir als Mieterbund jedoch anprangern, ist die so genannte Eigenkapitalverzinsung bei der WVG.
moritz: Was heißt das genau?
Barfknecht: Die WVG gehört der Stadt Greifswald und muss an diese einen Teil ihrer Einnahmen abtreten. Allerdings stehen hierfür auch die Mieter gerade, da sie die Kosten in Form hoher Mieten mittragen. Das ist quasi eine Sondersteuer.
moritz: Wie schätzen Sie den Greifswalder Wohnungsmarkt im Vergleich zu anderen ein?
Barfknecht: Wirft man einen Blick in die Statistiken, stellt man fest, dass die Stadt eine Sonderstellung einnimmt. Greifswald gehört zu den teuersten Städten und zwar nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch im bundesweiten Vergleich.
moritz: Wie kommt das?
Barfknecht: Nach der Wende kam es relativ schnell zu Sanierungsmaßnahmen in der Stadt. Ein Beispiel ist die Franz-Mehring-Straße, deren Häuser schon seit Mitte der 90er Jahre überwiegend keine Kohlebeheizung mehr haben. Der technische Zustand des Greifswalder Wohnraums kann sich auch insgesamt sehen lassen. Allerdings macht sich dies natürlich auch bei den Mieten bemerkbar. Verschärfend kommt hinzu, dass der Leerstand von Wohnungen im Vergleich gering und der Bedarf entsprechend hoch ist.
moritz: Weil immer mehr Studenten nach Greifswald kommen.
Barfknecht: Genau. Aber nicht allein deshalb. Nach der Wende befürchtete man wie in anderen Städten der ehemaligen DDR einen Bevölkerungsrückgang in der Stadt und baute langsam zurück, zum Beispiel im Ostseeviertel. Aber bald trat eine gegenläufige Entwicklung ein, mit der niemand gerechnet hatte. Die Einwohnerzahl fiel nicht so stark, wie zunächst angenommen. In anderen ostdeutschen Städten lief dies teilweise völlig anders. Wie gesagt, Greifswald nimmt eine Sonderstellung ein.
moritz: Was denken Sie über den Rückbau von Plattenbauten in Schönwalde?
Barfknecht: Ganz im Gegensatz zu den Maßnahmen im Ostseeviertel, die durchaus sinnvoll waren, sehe ich die Aktivitäten in Schönwalde kritisch. Im Ostseeviertel hatte man in den 90er Jahren neben der Reduzierung der Wohnungszahl schließlich auch eine Aufwertung der Umgebung im Sinn. Doch in Schönwalde sieht es anders aus. Da wird ohne Konzept die Abrissbirne eingesetzt. Ich finde das schlichtweg nicht nachvollziehbar.
moritz: Gibt es einen Trend für die Zukunft?
Barfknecht: Das ist schwer zu sagen. Es gibt viele Faktoren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann beispielsweise niemand verlässliche Aussagen über die Auswirkungen des EU-Beitritts von Polen auf den Wohnungsmarkt machen. Meine Meinung ist, dass die Situation sich vermutlich weiter zuspitzen wird.
moritz: Herr Barfknecht, vielen Dank für das Gespräch.
Geschrieben von Robert Heinze
von Archiv | 15.11.2006
Einmaleins rund um den Mietvertrag.
Neu in der Stadt? Ja, warum? Na, hast du schon eine neue Bude? Ja, aber irgendwie hatte ich bei dem Vermieter ein ungutes Gefühl. Warum? Hat er gleich am Anfang das halbe BAföG von Dir kassiert? Mhh, leider ja…war das nicht korrekt?
Was ist Miete und warum zahle ich überhaupt fast mein ganzes BAföG dafür?
Die meisten Menschen denken bei Miete gleich an Ihre eigene Wohnraummiete, aber es gibt verschieden Arten von Mieten. Hier soll näher auf die Miete von Wohnräumen eingegangen werden. Mit der Mietrechtsreform vom 01. September 2001 hat sich einiges geändert. Jedoch meistens zu Gunsten der Mieter, da der Gesetzgeber die Mieter mehr als die Vermieter bzw. Eigentümer von Wohnraum schützt.
Wo ist das Mietrecht geregelt?
Das Mietrecht ist in den §§ 535 – 580 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt und bestimmt die Rechtsbeziehung zwischen Mieter und Vermieter.
Was ist im Mietvertrag zu beachten?
Der Mietvertrag ist die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Vermieter und dem Mieter. Ein Mietvertrag unterliegt grundsätzlich keiner Form. Ist das Mietverhältnis jedoch länger als ein Jahr angesetzt, so gilt es laut § 550 BGB auf unbestimmte Zeit und muss schriftlich erfolgen.
Was sollte mindestens alles im Mietvertrag verankert sein?
Zunächst einmal sind die Vertragsparteien, Mieter und Vermieter, aufzuführen. Danach wird der Mietgegenstand beschrieben. Das heißt, hier muss alles aufgeführt werden was der Mieter laut Vertrag mietet. In der Regel ist es nur der Wohnraum, aber auch Einbauküchen oder Stellplätze können mitgemietet werden.
Hinweis: Sollte einmal ein Küchengerät z. B. der Kühlschrank einer gemieteten Einbauküche defekt sein, so rennt bitte nicht zum Hausmeister oder kauft diesen gar selbst. In solch einem Fall sollte der Vermieter (Eigentümer oder die eingesetzte Hausverwaltung) angeschrieben und der Vorfall gemeldet werden. Daraufhin ist der Vermieter verpflichtet zu reagieren, da die Mietsache nicht mehr im vertragsgemäßen Zustand ist. Liegt kein schadhaftes vorsätzliches Handeln beim Mieter, so hat der Vermieter das Gerät anstandslos zu ersetzen.
Des Weiteren ist wie bereits gesagt die Art des Mietverhältnisses zu benennen. Entweder auf bestimmte oder unbestimmte Zeit. Dabei ist der Beginn des Mietverhältnisses mit dem Datum festzuhalten.
Hinweis: Es kann mit dem Vermieter eine mietfreie Zeit vereinbart werden (nur bei Angebotsüberhang an Wohnungen durchsetzbar) bzw. aus umzugstechnischen Gründen eine frühere Schlüsselübergabe arrangiert werden.
Wann kann ich meine Wohnung kündigen?
Wichtig für das Praktikumssemester!
Grundsätzlich ist der Mietvertrag schriftlich zu kündigen!
Ordentliche Kündigung: Die Kündigung ist am dritten Werktag eines Monats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Das heißt, dass man zum Beispiel spätestens am 03.12.06 sein Kündigungsschreiben bei der jeweiligen Hausverwaltung beziehungsweise Vermieter versendet hat. Das Mietverhältnis besteht danach noch im ganzen Monat Dezember und Januar. Warum sich hier der Gesetzgeber wieder seiner Beamtensprache hingibt, bleibt uns wohl verschlossen.
Der Vermieter hingegen kann den Mietvertrag ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse vorweisen kann. Ein berechtigtes Interesse liegt vor wenn,
1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft in erheblichen Maße verletzt hat,
2. der Vermieter die Wohnung für sich oder einen seiner Familienangehörigen überlassen möchte,
3. der Vermieter bei Fortsetzung des Mietverhältnisses einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden erleidet (zum Beispiel das bebaute Grundstück nicht mehr anderweitig nutzen kann).
Außerordentliche fristlose Kündigung:
Der Mieter und der Vermieter können aus wichtigem Grund fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn
1. dem Vermieter die Mietsache nicht vertragsgemäß rechtzeitig gewährt wird beziehungsweise nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht mehr gewährt wird. Das heißt, wenn der Vermieter seinen Pflichten nicht nach kommt und die Mietsache dem Mieter nicht rechtzeitig oder gar nicht mehr zur Verfügung steht,
2. der Mieter die Rechte des Vermieters im erheblichen Maße verletzt oder die Mietsache unbefugt einen Dritten überlässt,
3. der Mieter für zwei aufeinander folgende Monate keine Miete zahlt beziehungsweise mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete im Rückstand ist.
Achtung: Besteht ein wichtiger Grund aus nur einer verletzten Pflicht des Mietvertrages, muss zunächst eine Abmahnung erfolgen beziehungsweise eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt werden.
WICHTIG: Bevor man allerdings auf die harten Geschütze der Paragraphen im BGB zurückgreift, sollte man nicht vergessen, dass hinter einer Hausverwaltung oder einem Eigentümer auch nur Menschen und natürlich wirtschaftliche Interessen stehen. Also, ist das BAföG mal wieder für wichtige Bauteile am Golf IV oder bei Douglas draufgegangen, so wirkt ein einfacher Anruf manchmal Wunder. Im Mietverhältnis sollte stets eine gute Kommunikation zwischen beiden Parteien bestehen und so kommt es in der Praxis auch oft zu Kompromissen auf beiden Seiten.
In diesem Sinne: einmal öfter anrufen wenn es brennt. Das bedeutet auch schöneres und stressfreieres Wohnen.
Geschrieben von André Bruchmann
von Archiv | 15.11.2006
Willkommen in der Casting-Show! Greifswald sucht den Super-Mitbewohner! Du wirst genau beobachtet, ausgefragt und bewertet. Was sind Deine Aufgaben?!
Gut rüber kommen, natürlich wirken, nicht gestellt bewegen. Und trotzdem kommt die Absage des selbsternannten Masters: „Nein, Du bekommst das Zimmer nicht. Wir haben uns für jemand anderen entschieden.“ „Na, toll. Und wo soll ich im nächsten Monat schlafen? “, denkst Du Dir dann und schaust auf der Uni-Pinnwand wieder nach weiteren Wohnungsangeboten. Damit bist Du auf Level Zwei des Spektakels – gut drauf bleiben, trotz Niederlage.
Oder doch einmal den Spieß umdrehen: schnell eine Wohnung mieten und schon beginnt die eigene Show. Das kann natürlich auch in einer Art sozialen Stress enden: 20 Bewerber auf ein Zimmer an einem Tag, puhh. Da kann man schon mal den Überblick verlieren und mit den Informationen diverser Lebensläufe übersättigt sein.
Letztendlich hat es geklappt: Nach mehreren Anläufen steht nun die Fünfer-WG in der Gützkower Straße.
Drei Erstsemester und zwei Studenten im siebten Semester teilen sich seit Oktober eine sanierte Altbauwohnung auf 145 Quadratmetern. Und? Bis jetzt ist alles gut.
Die Wohnung ist toll. Jeder hat sein eigenes Zimmer, plus moderner Küche, Gemeinschafts-, („Raucher“)-Raum, einem riesengroßen Flur, auf dem wir Bowling- Abende veranstalten könnten und – und das ist der einzige Makel – ein kleines Bad. Aber auch dies ist bis jetzt kein Problem. Wir sprechen uns ab und die „Waschzeiten“ werden eingehalten. Ein Stundenplan, der zeigt, wann wer wo in welcher Vorlesung ist, hilft dabei, auszuhandeln, wann wir zum Beispiel gemeinsam essen können.
Die Miete, die jeder zahlt, befindet sich noch im Rahmen des Erträglichen. So zahlt jeder, abhängig von der Quadratmeterzahl des Zimmers (15- 25 Quadratmetern), zwischen 180 und 220 Euro, warm. Leider lief die Wohnung über einen Makler, so dass jeder noch mal rund 140 Euro Courtage und 250 Euro Kaution zahlen musste. Aber das ist schnell vergessen.
Und? Die Mitbewohner, drei Mädels und zwei Jungs, sind (bis jetzt) auch toll. In einer Art WG-Sitzung haben wir als erstes einen Termin für eine Einweihungsparty beschlossen, in einem zweiten Schritt, dass jeder das putzt, was ihm am meisten „Spaß macht“.
Einer fegt, der andere wäscht ab, die andere putzt das Bad. Große Streitigkeiten sind diesbezüglich noch nicht ausgebrochen.
Noch befinden wir uns, wenn man das Leben auch als Show ansehen möchte, in der Start- oder auch Schnupperphase. Es ist schon interessant, wenn verschiedene Charaktere unterschiedlichen Alters aufeinander treffen und sich viel zu erzählen haben.
Party gegen Lernstress? Treffpunkt ist die Mitte. Gelernt wird in den Zimmern, in denen es relativ ruhig ist, gefeiert in der Küche.
Mindestens einmal in der Woche essen wir gemeinsam (heute gibt es Senf-Ei) und unternehmen einen Ausflug in bekannte Clubs. Beim Feiern lernen wir uns dann noch viel besser kennen. Noch nervt der tägliche Trubel, das Spektakel jedoch nicht, noch macht das Leben in der „Kommune“ Spaß. Denn dies ist erst der Anfang. Unser Ziel: die Fortsetzung eines guten WG-Lebens. Immer über alles reden und erst gar keinen Frust aufkommen lassen.
In diesem Sinne: weiter geht es in der WG-Show!
Geschrieben von Ina Kubbe
von Archiv | 15.11.2006
Die Universität Greifswald hat etwas, das außer ihr nur die Hochschulen in München und Würzburg vorweisen können: einen Universitäts-forstmeister. In Greifswald heißt dieser Wolfgang von Diest und ist für all das verantwortlich, was im Zusammenhang mit dem Universitätsforst steht. Zu ihrem Wald kam die Alma mater bereits im 16. Jahrhundert, als ihr der Pommernherzog Bogislaw XIV. eine große Menge Landes vermachte.
Diesen kostbaren Besitz zu pflegen und in angemessenem Maße zu nutzen, ist seit 1998 die Aufgabe von Diests. Am zweiten Mai hatte er seinen ersten Arbeitstag in der Hansestadt, an den sich der studierte Forstwissenschaftler noch gut erinnern kann: „Zu Anfang gab es hier nichts außer ein paar Aktenordnern.“ Zunächst musste eine Miniverwaltung aufgebaut und zwei Revierförster eingestellt werden um das 3200 Hektar große Gebiet zu kontrollieren. In den ersten Jahren verbrachte von Diest selbst etwa sechzig Prozent seiner Arbeitszeit „draußen“. „Das war meine schönste Zeit“, sagt er. Heute verbringt er gerade noch fünf Prozent seiner Zeit im Wald.
Zu vielfältig sind die Aufgaben geworden, mit denen sich der 45-jährige befassen muss: er erstellt Abschusspläne für die Jagdsaison, plant, wie viele Bäume gefällt und wo sie wieder aufgeforstet werden, beobachtet den Holzmarkt, und und und. „Ich versuche, sowohl die Ökonomie als auch Ökologie im Blick zu behalten“, fasst der Forstmeister seine Aufgaben selbst zusammen.
Das Forsthandwerk wurde dem gebürtigen Lüneburger bereits in die Wiege gelegt. Schon sein Vater war Revierförster im Emsland und so verschlug es den Sohn nach dem Abitur zum Studium nach Göttingen. Nachdem er fünf Jahre für die Treuhand in Berlin gearbeitet hatte, erfuhr er von der Stellenausschreibung der Universität. „Ich kannte Greifswald vorher nur touristisch. Mit meiner Familie hatte ich mal Urlaub in Lubmin gemacht“, berichtet von Diest von seinem ersten Kontakt mit der Hansestadt. Der Familie gefiel es am Bodden und so zog man her. „Der Zufall hat es gut mit uns gemeint“, sagt von Diest zurückblickend.
2002 gab es dann sogar noch Familienzuwachs. Dackelrüde Quax zog bei den von Diests ein. Seitdem sind Herr und Hund unzertrennlich. Arbeitet das Herrchen im Büro, macht es sich Quax in seinem Körbchen bequem, doch sobald es in den Wald geht, ist der Vierjährige hellwach. „Einmal haben wir eine verwundete Sau über mehr als vier Kilometer verfolgt“, berichtet von Diest. „Ohne Quax hätte ich sie nie gefunden.“
Wenn er so erzählt, gerät Wolfgang von Diest ins Schwärmen. Der Wald ist sein Leben und das färbt ab. „Mein Sohn hat schon gesagt, dass er auch Forstmann werden möchte. Er ist dreizehn.“
Geschrieben von Kai Doering