?Red?

Wer kann sich erinnern? In den 90ern gab es Chartstürmer namens Loona, Magic Affair und Technohead. Und in den 80ern stürmten MC Miker G & Deejay Sven oder Kaoma die Singlecharts. Wer das noch abrufen kann, wird zu seinem Wissen in heuer eine englische Band akkumulieren – die alle anderen bereits im Herbst 2008 wieder vergessen haben werden.

Das liegt nicht daran, dass Guillemots  mit „Red“ keine eingängige Musik vorlegen – au contraire. Aber es bleibt dabei recht seichter Pop, drapiert mit einigen Klang-Anhängseln aus der Ethno-Kramkiste. Man spürt die Halbwertzeit in den Boxen rieseln, wenn die sehr schönen, oft ins Diskofalsett bugsierten Melodien von Sänger Fyfe Dangerfield ertönen, untermalt von Synthiebeats- und Streichern. Beim Opener „Kriss Kross“ kommt gar ein Rave-Orchester zum Einsatz – das löblich schnell von einem Pet-Shop-Boys-Melodie-Klon abgelöst wird.  Die Beats auf Track 2, „Big Dog“, hat man so auch schon bei den Sugababes gehört. Immerhin frohlockt der Song fast wie eine aufgedrehte Phoenix-Nummer. Spätestens im Novembernieselregen wird der Sound von „Red“ aber nach lang-lang-ist’s-her klingen. Vieles auf den elf Tracks gründet  auf 80er und 90er Dancefloorhymnen,  etwa zwischen D. Duran und R. Williams. Heißt also nicht, dass man dazu nicht tanzen möchte. Für mehr reicht es bei den Guillemots aber diesmal leider nicht.

Gegen das Vergessen hilft vielleicht noch diese eine Eselsbrücke: Guillemot ist englisch für Trottellumme – kleine pinguinartige Klippenbrüter, deren Eier so geschickt geformt sind, dass sie nicht in den Atlantik stürzen. Oder war‘s der Pazifik?

Geschrieben von Robert Tremmel