„Eden“ von Michael Hofmann

Viel interessanter als die Tingel-Tangel-Tour durch deutsche Talkshows, dem dortigen Entblößen vermeintlicher intimer und niemals zuvor ausgesprochener Dinge, ist die Darstellung Charlotte Roches im kleinen Kabinettstück „Eden“.

Erinnert sich der Zuschauer noch an die Fernsehsendung „Fast Forward“ auf VIVA 2 – aber nicht die Vergangenheit verklären – und besonders die lustigen Zwischenmoderationen der 163-Zentimeter-Frau, spätestens nach Ende des 98 Minuten langen Kinofilms wird Roche der Status einer auf Erden wandelnden Göttin zugesprochen.  Wo solch eine starke titelgebende Hauptfigur vorhanden ist, bedarf es zweier männlichen Protagonisten.

Der Eine ist ein zurückgezogen lebender Meisterkoch. Seine Arbeit verzaubert die Sinne seiner Gäste und erfüllt den fülligen Genießer über alles. Schon als Kind wollte Gregor (Josef Ostendorf) nur eins: Dick sein. Dies gelang, doch mußte für die hohe Kunst des Kochens Tribut geleistet werden. Gregor verzichtete auf den Kontakt zu Frauen. Aber nur bis Eden aus seinen Töpfen wie Schneewittchen bei den sieben Zwergen nascht.

Edens Ehemann dagegen versteht die Welt nicht mehr: Warum verbringt seine Frau soviel Zeit mit einem – oberflächlich betrachtet – unattraktiven Mann? Eifersucht kommt ins Spiel, denn die seltsame zwischenmenschliche Beziehung des Kochs und der Bekochten beruht nicht auf einer sexualen Anziehungskraft. Das gemeinsame Erlebnis des Genießens führt freundschaftlich zusammen. Natürlich geht dies in den Augen der provinziellen, konservativen Bevölkerung nicht: Eine Freundschaft zwischen Mann und Frau.

Gerade wenn sich Eden im Paradies befindet, wird dieses von Innen zerstört: Ihr Ehemann vergreift sich an der materiellen Grundlage des Kochs, erfährt aber vorher noch selbst die höchstmögliche Sinnesentfaltung am Tisch des Meisters.
Wo der Film zwischen der harten Realität und einer märchenhaften Welt wandert, sich die Figuren nicht verändern, teilweise sogar wie Schweine benehmen, ist ein Zauberer wie Gregor nötig. Zum Glück steht ihm  sein Ego nicht im Weg.

Zu selten für einen auch mit Fernsehgeldern finanzierten Film, darf dieser eine eigene Handschrift tragen, die im Einheitsbrei deutscher Herkunft lesbar ist. Bemerkenswert erfährt dieser beim Publikum wenig angenomme Film ein DVD-Release erster Sahne: Interviews, ein Making-of, Trailer und wie kann es für einen Kochfilm anders sein: Rezepte. Am schönsten ist aber das Cover. Charlotte Roch wie man sie kennt, aber nicht erkennt.    

Geschrieben von Björn Buß