In einem kurzen Interview erzählt Dr. Mohammed al-Kilzy von seiner Sicht auf die deutsche Gesellschaft und die Diskussionen um den Islam – aus der Sicht eines normalen Moslem.

Dr. al-Kilzy lebt seit 4 Jahren mit seiner Familie in Greifswald und praktiziert als Arzt im Universitätsklinikum. Er ist Mitglied im Vorstand des Islamischen Kulturzentrums Greifswald und stammt ursprünglich aus Syrien.

Förster:
„Dr. Mohammed al-Kilzy, fühlen Sie sich in Deutschland akzeptiert?“

Dr. al-Kilzy:
„Meistens ja, eigentlich gibt es da keine Probleme. Ich bin jetzt seit 4 Jahren in Deutschland, in denen mir größtenteils freundlich begegnet wurde. Es gab vielleicht nur 2 oder 3 Leute, die mir ablehnend gegenüberstanden – eher feindlich. Durch meine Arbeit an der Universität und im Alltag komme ich auch mit vielen Deutschen in Kontakt. Insgesamt haben ich und meine Familie etwa gleich viele Bekanntschaften mit (ausländischen) Moslems und mit Deutschen. Und ich denke, dass es immer Ausnahmen gibt.“

Förster:
„Was ist ihre Meinung dazu, dass die Kirche in Deutschland vor dem Islam bevorzugt wird?“

Dr. al-Kilzy:
„In der Theorie schreibt das Gesetz dem Staat vor, dass Gleichheit, Neutralität und Glaubensfreiheit herrschen müssen. In der Praxis denke ich aber schon, dass die Kirche Vorteile hat. Zum Beispiel die Steuer, die der Staat für sie einzieht. Außerdem erkennt man zum Beispiel beim Moscheenbau in Köln, dass der Islam oft nicht gleich behandelt wird. Auch rechtsextreme Gruppen versuchen, die Menschen dagegen zu mobilisieren. Das ist keine Religionsfreiheit.“

Förster:
„Soll der Islam die gleichen Rechte erhalten wie die Kirche in Deutschland?“

Dr. al-Kilzy:
„Ich bin mit der Art, wie ich meinen Glauben ausüben, beten oder die Moschee besuchen kann, sehr zufrieden und sehe keine Probleme. Aber wenn man in den Medien sieht, wie zum Beispiel das Kopftuchverbot unterstützt wird, dann mache ich mir Sorgen. Da soll das Glaubensrecht [die Religionsfreiheit, Anm. d. Interviewers] eingeschränkt werden. Es sollte Freiheit für alle geben. Aber bei solchen Fragen, ob der Islam die gleichen Rechte bekommen sollte, sollte man eher auf die Position des Zentralrats der Muslime (ZMD) schauen.
Ein anderes Beispiel ist das Schächten, das offiziell auch nicht erlaubt ist. Juden dürfen allerdings ihr Fleisch so zubereiten, wie ihnen das ihre Religion vorschreibt.“

Förster:
„Denken Sie, dass es Muslime gibt, für die die Scharia mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist? Und dass sie das Grundgesetz nicht achten?“

Dr. al-Kilzy:
„Ich bin nicht der Ansicht. Die Prinzipien der Scharia sind der Schutz des Lebens, Glaubens, der Nachkommen, des Eigentums und das klare Bewusstseins und Denken. Das Grundgesetz schützt auch viele dieser Dinge, da gibt es kein Problem.
Moslems müssen auch schon aus religiöser Sicht die Gesetze beachten, wenn Sie ein Visa, einen Pass haben oder in Deutschland leben. Sie gehen einen Vertrag mit dem Land ein, in dem sie leben, und müssen dadurch die Gesetze befolgen – der Islam schreibt das vor.“

Förster:
„Was sollte man tun, damit (ausländische) Muslime und Deutsche besser zusammenleben können? Haben Sie Vorschläge oder Ideen?“

Dr. al-Kilzy:
„Diese Aufgabe müssen beide wahrnehmen, ausländische Moslems und Deutsche. Muslime müssen mehr Kontakt mit Deutschen haben, auch die Gesetze beachten. Das tun die meisten auch. Moslems, die nicht die Gesetze der Länder achten, in denen sie leben, sind keine guten Moslems und auch keine guten Vorbilder.
Der Islam ist eine tolle Religion, eine tolerante, friedliche Religion, die die Menschenrechte achtet. Aber die Medien zeichnen immer ein falsches Bild vom Islam. Sie zeigen nur die Dinge, die Moslems falsch machen, die Verfehlungen. Dabei hat das nichts mit dem Islam zu tun, sie dürfen das nicht im Islam. Sie nehmen sich immer genau die Dinge, die schlecht sind im Islam, und zeigen den Islam so, wie er nicht ist. Und dann ist es klar, dass die Menschen in Deutschland oder Europa und anderen Ländern die Moslems nicht akzeptieren. Sie haben Angst, weil der Islam immer wieder als Gefahr dargestellt wird.
Ich frage: Warum? Warum tun die Medien das? Das tut mir wirklich Leid, es tut weh. Die meisten Moslems sind nicht so. Das entwickelt sich zur Islamophobie. Und die Islamophobie ist eine Gefahr für beide Seiten, für Moslems und Nicht-Moslems.“

Geschrieben von Daniel Förster