Der Schriftsteller Paul Celan als Vorlesender und Hörbucherlebnis

Bei seiner ersten Lesung in Deutschland wurde Paul Celan ausgelacht. Sein pathetischer Vortrag des Gedichts „Todesfuge“ wurde von Mitgliedern der Gruppe 47 sogar mit Goebbels verglichen. Unter den deutschen Dichtern der Nachkriegszeit war es auch Anfang der 50er Jahre noch üblich über den Massenmord an den Juden zu schweigen. Doch Paul Celan schwieg nicht, hatte er doch Heimat und Eltern durch das NS-Regime verloren.
Leicht hatte es die Lyrik nach Auschwitz nicht. Sie musste dem Vorwurf standhalten, das Grauen der Shoah nicht in Worte fassen zu können, ohne es zu ästhetisieren. Paul Celan schaffte es aber angemessen über die Opfer zu schreiben und ihnen damit zu gedenken.
Einen Einblick in sein umfangreiches Werk bietet die Doppel-CD „Ich hörte sagen“, auf der Gedichte und ein Prosastück vom Autor selbst gelesen werden. Auf über 100 Minuten kann man dem teils musikalisch anmutenden Vortrag Celans lauschen, um ein Gespür für seinen „Sound“ zu bekommen. Oder aber man sieht es als Möglichkeit die schwer zugängliche Lyrik besser zu verstehen, dafür ist es meiner Meinung nach jedoch unumgänglich die Gedichte beim Hören vor Augen zu haben.
Paul Celan beteiligte sich auch literarisch an den Diskussionen zwischen Philosophen und Litaraten und antwortete auf Kontroversen poetisch. So schildert er in dem kurzen Prosastück „Gespräch im Gebirg“ seine nicht stattgefundene Begegnung mit Theodor W. Adorno in einem schweizerischen Gebirgsort. Hier treffen sich zwei Juden, die sich über ihre Heimatlosigkeit und das Problem der Muttersprache unterhalten. Von Paul Celan gelesen kommen die sprachlichen Besonderheiten noch besser zum Tragen und so durfte die „kleine Prosa“ in der umfangreichen Sammlung nicht fehlen.
Auch wenn den Dichter Kritiker und Plagiatsvorwürfe verfolgten, wurde er für sein literarisches Schaffen unter anderem mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Ende April des Jahres 1970 beendete Paul Celan sein Leben mit einem Sprung in die Seine. Heute wird er zu den bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikern des 20. Jahrhunderts gezählt.

Paul Celan: Ich hörte sagen. Gedichte und Prosa, 2 CDs, ca. 101 Minuten, Der Hörverlag, München 2004, ISBN 3-89940-450-5Geschrieben von Alina Herbing