Erneute Novellierung des Landeshochschulgesetzes
Dieses Jahr wird voraussichtlich das Landeshochschulgesetz Mecklenburg-Vorpommern (LHG) auf ein Neues novelliert.
Die Zielrichtung seiner jeweiligen Ausfertigungen schwankt je nachdem, aus welcher Richtung der Wind des politischen Zeitgeistes gerade weht. Nachdem das LHG in den Jahren 2001/2002 grundlegend reformiert wurde, sah es für die Hochschulautonomie in Mecklenburg-Vorpommern noch gut aus. Damals wurde das Anstreben konsensualer Eckpunkte zwischen der Landesregierung und den Hochschulen im LHG verankert. Begründet wurde dies vom damaligen Gesetzgeber damit, den Hochschulen „den Spielraum […] zu eigenverantwortlicher Entwicklung und Profilbildung wesentlich zu erweitern.“
Hochschulautonomie adieu
Im Jahr 2005 wurde dieser Gedanke wieder uninteressant. Im Zuge der Novellierung des LHG wurde der Gesetzestext um die Paragraphen 15, Absatz IV und 92a erweitert. Diese ermöglichten der Landesregierung plötzlich, Studiengänge per Rechtsverordnung, also ohne die Zustimmung der Hochschulen, einzurichten oder aufzuheben. Ebenso wurde der Regierung dadurch ermöglicht, die Zusammenlegung von mehreren Fakultäten im Land anzuordnen.
Kritikpunkte an diesen Regelungen waren damals, dass sie von der Abwanderung der Bevölkerung ausgingen, nicht von den zu erwartenden steigenden Studierendenzahlen. Weiterhin wurde moniert, durch so viele Eingriffsmöglichkeiten fielen im Regierungsapparat zwei zu teilende Kompetenzen, namentlich die Sach- und die Entscheidungskompetenz, zu. Die Hochschulen seien jedoch sehr wohl in der Lage, sich selbst objektiv zu bewerten.
Neuer Entwurf fragwürdig
Nun ist die nächste Runde eingeläutet. Dieses Jahr soll das LHG ein weiteres Mal geändert werden. Im Vorfeld des Gesetzgebungsprozesses hat die Landesrektorenkonferenz Mecklenburg-Vorpommern (LRK) einen Vorschlag zur Güte ausgearbeitet. Dieser behandelt auch den § 10 LHG, in dem bisher die Möglichkeit vorgesehen war, auf Antrag einer Hochschule von bestimmten organisationsrechtlichen Vorschriften des Gesetzes abweichen zu können.
Ginge es nach der LRK, könnten hier in Zukunft auf Anträge hin Abweichungen von allen Vorschriften des LHG erlaubt werden. Problematisch könnte das dann werden, wenn die Hochschulen ihre Entscheidungswege abkürzen, Studenten die Mitbestimmungsrechte beschneiden und eine regierungsfreundlichere Linie fahren. In diesem Fall könnte es sehr schnell sehr pragmatisch werden in der Hochschulpolitik.
Braucht hier jemand ein Konzil?
Des Weiteren ist im Novellierungsvorschlag der LRK nämlich vorgesehen, das Konzil abzuschaffen. Das Konzil, in Greifswald seit 2003 als „erweiterter Senat“ etabliert, ist das einzige Gremium, in dem Studenten sich in die Hochschulpolitik der Professoren „einmischen“ können. Hier müssen Anträge des Senates an die Landesregierung bestätigt werden und hier wird auch der Rektor gewählt. Im Konzil haben die studentischen Vertreter ein Stimmrecht, das ein Drittel der gesamten Stimmen ausmacht. Ein weiteres Drittel wird durch die Hochschullehrer gestellt, das letzte durch zwei mal sechs Mitarbeiter der Universität. Eine gute Möglichkeit, gerade auf Abstimmungen, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern, Einfluss zu nehmen. Wenn jetzt die §§ 80 ff. LHG dahingehend geändert würden, dass diese Beteiligung der Studenten nicht mehr vorgesehen ist, dann könnte die Hochschule ganz einfach Absprachen mit der Regierung treffen und jeden Antrag stellen, der ihr gerade sinnvoll erscheint. Absprachen darüber zum Beispiel, gegen welche Gegenleistung die Universität welche Stellen streichen würde. Und Anträge dazu, ohne welche Regelungen des LHG man zu schalten und walten beliebte.
Weiterhin sieht der Entwurf der Landesrektorenkonferenz Änderungen zu Akkreditierungen und zu Evaluationen vor. Die Grenze, die diese trennt, wird damit verwischt. Juniorprofessuren sollen nach einem geplanten § 59, Absatz VII LHG wie in anderen Bundesländern nach Begutachtung zu richtigen Professuren gemacht werden können. Der Kanzler der Universität Greifswald, Dr. Behrens, sagte hierzu im Gespräch mit moritz, er halte die Vorteile einer solchen Regelung für gewichtiger, sei doch der negative Effekt der Regelung kein strukturelles Problem des Gesetzesentwurfs, sondern auch eine direkte Folge der Unterfinanzierung der Hochschulen.
Diesen Effekt sieht der AStA Greifswald darin, dass Sparsamkeit an wirklichen Professuren die Folge sein könne, welche durch eine Juniorprofessur jedoch nicht ersetzt werden könnten. Das Erfordernis der Ausschreibung nach § 59, Absatz I LHG entfiele auch, wenn eine Professur durch einen schon an der Hochschule tätigen Juniorprofessor besetzt werden könnte. Eine Linie, die sich durch den kompletten Gesetzesentwurf zieht: Durch die Möglichkeit, Ausschreibungen wegfallen zu lassen, sollen Mitbewerber von außen trotz möglicherweise höherer Qualifikation zu Gunsten von bereits an der Universität beschäftigten ausgeschlossen werde.
Dies wird scharf von der Landeskonferenz der Studierendenschaften kritisiert. Thomas Schattschneider, AStA-Vorsitzender der Universität Greifswald, sagte dazu gegenüber dem moritz: „Das LHG muss geändert werden, das ist ganz klar. Es braucht einfach der Anpassung des Gesetzes an die Studienabschlüsse Bachelor und Master. Was aber darüber hinausgeht, also beispielsweise die Abschaffung des Konzils, wird vom AStA Greifswald abgelehnt und wir werden gemeinsam mit den Hochschulen argumentativ dagegen vorgehen.“
Kanzler Behrens meinte hierzu: „In den drei Jahren, die ich nun schon in Greifswald bin, habe ich mit dem Erweiterten Senat sehr gute Erfahrungen gemacht. So lange dieser existiert, werden Studenten nicht von der Mitbestimmung ausgegrenzt.“
Was folgt daraus?
Steht den Studierendenschaften des Landes nun eine Zeit bevor, in der sie sich auf ungehörte Demonstrationen beschränken müssen, ihnen jede Chance auf direkte politische Einflussnahme genommen sein wird? Der Gesetzgebungsprozess ist noch nicht in seine entscheidende Phase gekommen. Sicher ist aber: Ohne massiven Protest und politische Arbeit gegen diese Vorschläge wird so oder so ähnlich das neue LHG aussehen. Für die Einflussnahme von Studenten auf die Hochschulpolitik im Lande begeistern sich in Schwerin die wenigsten.
Geschrieben von Stephan Kosa