Gregor_Gysi-mzAm gestrigen Mittwochabend, besuchte der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Gregor Gysi das Jugendzentrum Labyrinth in Greifswald. Zusammen mit der linken Direktkandidatin Kerstin Kassner besprach er in dem dortigen öffentlichen Forum das Wahlprogramm seiner Partei. Zuvor aber wurde die Veranstaltung durch die Präsenz von vier bekannten Mitgliedern der rechten Szene gestört.

Von einigen Zuschauern wurden sie als Aufpasser der NDP-Veranstaltung vom vorherigen Montag identifiziert, einer davon war Marcus G., der einen Gegendemonstranten per Fußtritt verletzt haben soll, wie das Bündnis „Greifswald Nazifrei“ in einer Pressemitteilung schrieb. Polizeisprecher Axel Falkenberg kann dies auf Nachfrage nicht bestätigen. Weder sei den Polizisten vor Ort eine vergleichbare Tat aufgefallen noch liege bisher eine Strafanzeige vor. Er geht weiterhin davon aus, dass Aufpasser von NPD-Kundgebungen ebenfalls der rechten Szene zuzuordnen seien. Gregor Gysi schien ihre Anwesenheit nicht zu stören, er kommentierte gelassen: “Solange die Jungs ihre Klappe halten, habe ich nichts dagegen. Wer weiß, vielleicht könnten sie von dem Zuhören hier etwas lernen.“

Mindestlohn, NSA und Bildung

Wie schon erwartet, redete der linke Spitzenpolitiker viel. Wie üblich wurden Themen wie Mindestlohn, prekäre Arbeitsverhältnisse, Steuerhinterziehung oder Euro-Rettung groß angeschnitten, dabei plädierte er immer für den sozialen Weg. Auch die Diskussion rund um den Whistleblower Edward Snowden sprach er kurz an. Seiner Meinung nach, sollte der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter in Deutschland als wichtiger Kronzeuge zum NSA-Skandal ins Zeugenschutzprogramm eingeladen werden. “Der Herr Innenminister wurde wohl bei dieser Sache von den USA über den Tisch gezogen.“ fügte der promovierte Rechtsanwalt hinzu.

Zudem überreichte der Präsident vom Studierendenparlament (StuPa) Milos Rodatos Gregor Gysi die Petition “Bildung braucht Priorität“. Einer der Hauptforderungen dieser Petition ist es, dass Kooperationsverbot zwischen dem Bund und den Ländern in allen Bereichen der Bildung zu kippen. “Ich denke, dass wir durch Personen wie Gregor Gysi der Petition aktiv mehr Gewicht verleihen“, meinte der Stupa-Präsident, der es schade findet, von der Bundeskanzlerin Angela Merkel noch keine Antwort bezüglich ihrer Meinung zur Petition bekommen zu haben. Bei einem Besuch im Uniklinikum vor einigen Wochen wurde auch ihr die Petition überreicht, sie entgegnete, sich erst mit dem Thema auseinandersetzen zu wollen.

Gregor Gysi forderte ein “Top-Bildungssystem“ von Mecklenburg-Vorpommern bis Bayern. Auch kritisierte er das „verschulte“ Bachelor-System: “Das ist ja so, als ob man gleich nach dem Beenden der Schule im Studium wieder zurück in die Schule muss.“ Auf Anfrage vom webMoritz wie er dazu stehe, dass in der Petition das BAföG uneingeschränkt für Familien aus allen Einkommensgruppen gefordert wird, antwortete er: “Das BAföG ist ja eine Art Darlehen und dieses lehne ich ab. Ich fordere eher das Bafög ganz abzuschaffen und es mit einem allgemeinen Stipendium zu ersetzen“. Dieses Stipendium soll dann für alle frei zugänglich sein. Schließlich sei man mit 18 Jahren von den Eltern unabhänging und sollte auch dementsprechend vom Staat behandelt werden, so Gysi.

Stupa-Präsident Milos überreicht den Franktionschef der Links-Partei die Petition ''Bildung braucht Priorität''.

Stupa-Präsident Milos überreicht den Franktionschef der Links-Partei die Petition “Bildung braucht Priorität“.

Die Linke als Kanzlermacher?

Am Ende wollte der webMoritz vom Fraktionsvorsitzenden noch wissen, ob sich die Linke für eine rot-rot-grüne Regierung bereit erklären, oder zumindest eine rot-grüne Minderheitsregierung tolerieren würde. Der Spitzenpolitiker entgegnete, dass seine Partei für eine Koalition zur Verfügung stehe, allerdings nur unter harten Bedingungen. Einer Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linken erteilte der Fraktionschef prompt eine Absage. “Wir haben es einmal auf Landesebene getan und das war ein Fehler.“ meint er. Außerdem könne er dem Land keine instabile Regierung verantworten.

Fotos: Mounir Zahran

Anmerkung der Redaktion: Um 16:55 Uhr wurden die ersten beiden Absätze korrigiert und um neue Erkenntnisse erweitert.