Schulterzuckende Talkgäste und -master bekannter Shows grüßen stumm. Blende. „Sind sie weg?“, fragt ein junger Typ. Ende. Keine zwei Minuten.

Ja, sie sind weg. Kein sinnentleertes Blabla fragwürdiger Gestalten, sondern studentische Filmkunst zeigt Volker Kriegers Beitrag. radio 98eins und die Medienwerkstatt des Caspar-David-Friedrich-Instituts boten am 15. Dezember ein breites Spektrum an Kurzfilmen.

Ein Strichmännchen namens Schneewitte mit ihrem männermordenden Busen durchlebt Sodom und Gomorra im Zeichentrick „Schneewitte und die Vier“ von Inga Bremer. Ein animierter Knopf geht im Beitrag „Die wundersame Reise des Herrn Orbiculus“ der Greifswalder Studentin Susann Jonneg auf Erkundungstour.
Bei zwei Realfilmen kristallisiert sich das Bild des sensiblen Mannes heraus. Dieser lässt aufgrund seiner Schüchternheit beim Flirten die Frau den ersten Schritt machen, um dann etwa, eine Berührung fürchtend, seine Hand wegzuziehen („Linie 9“ von Matthias Krause) oder seinen nervösen Magen entleert („Staila crudanta“ von Pascal Bergamin).

Außerdem gab es noch bunt animierte Tierchen, Männchen und abstrakte, geometrische Figuren auf ihrem Weg durch Labyrinthe. Thematisch wurden auch sozial kritische Töne angeschlagen. Ein Mann des „Prekariats“ verliert Frau, Job, sowie Wohnung und sieht letztlich den einzigen Ausweg im Sturz vom Balkon der Plattenbausiedlung.

Der Gewinner

19 Filme werden in zwei Stunden vorgeführt, aus denen das Greifswalder Publikum ihren Liebling wählte. Und kleine Überraschung – der diesmalige Gewinner war auch der letztmalige. Ingo Schiller begeisterte erstmals mit „Durch das Warten wachsen“ und gewann jetzt die selbst gebastelte Kamera mit „Bernd und sein Leben“. Bernds stressig anmutendes Dasein ist voller Detailliebe gedreht. Die durchgehende Stop Motion-Technik, bei der einzeln aufgenommene Einstellungen aneinander gefügt werden, macht die Besonderheit aus. So raste das Bett des schlafenden Bernds über Felder, Straßen, sowie Bahnschienen bis er in seinem Zimmer erwachte und ein normaler Tag anderer Art beginnt…

Bewährtes Rezept

Die zweite Kurzfilmnacht war ein Abend nach dem vor einem Jahr geschaffenen Konzept. Damals hatte die Radioredaktion „Kulturbeutel“ erstmals dieses filmische Ereignis organisiert. Ziel damals wie heute war, jungen Filmemachern deutschsprachiger Hochschulen die Möglichkeit zu geben, ihre Werke öffentlich zu zeigen. Zudem, wie Dorith Broja von der Radioredaktion „Kulturbeutel“ erklärt: „Wir wollen den Leuten einen schönen Abend bereiten. Dabei soll nicht an Geld gedacht, sondern sich auf den Film konzentriert und sich wohl gefühlt werden.“

Letzteres erhofften sich wohl auch die zahlreich Erschienenen. Der Andrang überstieg abermals die Kapazität der Medienwerkstatt. 150  filminteressierte Gäste und dann war Schluss. Punkt acht Uhr nahmen die Zuschauer, gestärkt mit einem Begrüßungsdrink und ausgerüstet mit Stimmzettel für den Publikumspreis auf Sitzmatten und Klappstühlen Platz.

In zwei Etappen mit dazwischen liegender Pause samt Buffet wurden nun die 19 Filme präsentiert. worden Diese waren zuvor von der Kulturredaktion demokratisch ausgewählt. Sechzig Filmemacher sendeten teilweise auch mehrere ihrer Werke ein, nachdem an ihren Medienhochschulen Anfang Oktober die zweite Kurzfilmnacht beworben wurde.

Der Talk

Fünf der Filmemacher kamen auch nach Greifswald. Während der Stimmenauszählung wurde sie von der Moderatorin dieses Abends, Tina Harz, zu Filmdrehs und Idealen befragt. So erzeugte Matthias Krause in seinem Beitrag „Linie 9“ das Fahrgefühl einer Hannoveraner U-Bahn durch bloßes Kamerarütteln und den passenden Geräuschen. Die Bahn fuhr nicht. Und es ging auch ohne Drehgenehmigung.

Weil es für junge Filmemacher in Deutschland eine finanziell sichere Zukunft nicht gibt, müssen sie auch mal weniger kreative Angebote annehmen. Ein Gefühl „wie Prostitution“ erlebte Andreas Krüger („Flucht à la carte“) beim Drehen eines Werbespots für Burger King.

Deutlich zeigte sich das Streben der jungen Regisseure, hochwertige Kurzfilme mit besonderem Inhalt zu schaffen. Und nicht im kommerziellen Allerlei zu landen.           

Geschrieben von Frauke Kibscholl