Neuer Stolperstein-David Vössing„Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist“ – mit diesen Worten leitete Prof. Eckhard Schumacher, Prorektor für Forschung der Greifswalder Universität, die Wiederverlegung des Stolpersteines vor dem Gebäude des Historischen Instituts ein. Etwa 200 Menschen beteiligten sich am heutigen Mittwoch zur erneuten Verlegung der Stolpersteine in Greifswald. Sie wurden in der Nacht vom 8. zum 9. November 2012 von mutmaßlichen Neonazis aus den Straßen herausgerissen und sind seitdem spurlos verschwunden. Unmittelbar nach deren Entfernung wurde eine Spendenaktion für eine Wiederverlegung ins Leben gerufen, die auch vom Greifswalder Studierendenparlament unterstützt worden ist.

Auf diese Weise kam so viel Geld zusammen, sodass nicht nur eine Wiederverlegung, sondern zugleich eine Neuverlegung von zwei weiteren Stolpersteinen möglich wurde.

Zwei Stolpersteine zusätzlich verlegt

Neu sind die Stolpersteine in der Kuhstraße und der Ellernholzstraße. In dem inzwischen seit mehreren Jahrzehnten abgerissenen Haus der Kuhstraße 9 lebte bis 1940 Else Borchert. Sie hatte ein Kind mit Behinderung, dass aufgrund dieser vom NS-Regime in einen jüdischen Kindergarten gehen musste. 1940 wurde sie ins Glusker Ghetto verschleppt und ist am 27. April 1944 im Alter von 43 Jahren gestorben. Der Stolperstein in der Ellernholzstraße erinnert nun an Edmund Forster. Er studierte Medizin und promovierte 1901 auf dem Gebiet der Neurophysiologie. 1925 besetzte er den Lehrstuhl für Neurophysiologie in Greifswald und erschoss sich schließlich 1933 sieben Monate nach dem Machtantritt Adolf Hitlers. Mündlich überlieferten Aussagen zufolge soll Forster Adolf Hitler im Pasewalker Lazarett psychologisch untersucht, und ihm Hysterie bescheinigt haben.

Das Datum der Stolpersteinverlegung wurde nicht zufällig gewählt. Es ist zugleich der „Tag des Grundgesetzes“. Aus diesem Grund wurde vor einer jeden Verlegung der Steine eine zur Leidensgeschichte des Opfers passende Grundgesetzespassage zitiert, durch die nicht nur die Grundrechtsverletzung, sondern zugleich die Wichtigkeit der Garantie unveräußerlicher Menschen- und Bürgerrechte unterstrichen wurde. „Das Grauen beginnt nicht erst in Auschwitz und Theresienstadt. Es begann in unserer unmittelbaren Nachbarschaft“, wurde vor einer jeden Stolpersteinverlegung erinnert.

Stolpersteine als Verpflichtung und Mahnung

Eröffnet wurde der Stolpersteinweg um 11 Uhr vom Greifswalder Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit. Der Gedenkspaziergang wurde von der Universitäts- und Hansestadt Greifswald, der Ernst-Moritz-Arndt Universität, der Klasse 6a der Regionalen Schule „Erwin Fischer“ sowie  der Initiative Jugend findet Stadt und dem Dekanat Vorpommern des Erzbistums Berlin initiiert. Zum Abschluss der Veranstaltung verlas Oberbürgermeister Dr. Arthur König folgende Worte zum Gedenken:

Etwa 200 Menschen beteiligten am Gedenkmarsch.

Etwa 200 Menschen beteiligten sich am Gedenkmarsch.

13 Stolpersteine wurden heute verlegt. Sie erinnern uns an Greifswalderinnen und Greifswalder jüdischen Glaubens, denen Greifswald einst Heimatstadt war, die hier lebten, liebten, arbeiteten.

Diese Steine sind uns Mahnung und sie sind uns Verpflichtung.

Sie mahnen uns, nicht zu vergessen, dass das Unrecht und die Menschenverachtung auch in unserer Stadt Zuhause waren. Sie verpflichten uns, alles dafür zu tun, dass solche Verbrechen nicht wieder geschehen.

Sie verpflichten uns, rechtsextremistischem, rassistischem und unmenschlichem Gedankengut und Handeln bereits in seinen Anfängen geschlossen entgegenzutreten.

Lassen Sie uns gemeinsam Sorge dafür tragen, dass gilt: Greifswald ist bunt und weltoffen.

Zum Abschluss bitte ich Sie, bitte ich alle Greifswalderinnen und Greifswalder!

Behalten Sie die Stolpersteine im Blick.

Ich danke Ihnen, dass Sie heute diesen Weg mit uns gegangen sind. Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.

Fotos: David Vössing