Das psychologisches Kabinettstückchen ?Die fetten Jahre sind vorbei? überfordert deutsche Jungstars
Wenn ?die neue deutsche Hoffnung?, ?der Newcomer?, ?der Jungstar? Daniel Brühl einem Film seine mimischen Fähigkeiten zur Verfügung stellt, ist das ein Leise-Töne-Revoluzzer-Produkt mit einem Extra an Weltverbesserungspotential. Aber: Die fetten Jahre sind vorbei. So gesehen im neuen Film von Hans Weingartner.
Julia (Julia Jentsch) darf nach einem selbstverschuldeten Unfall für die nächsten Jahre den Mercedes eines reichen Managers (Burghard Klaußner) abzahlen, ihr Freund Peter (Stipe Erceg) bricht derweil mit seinem besten Kumpel Jan (Daniel Brühl als Daniel Brühl) in vornehme Villen ein. Dabei sind die beiden nicht auf Beutefang, sondern vielmehr auf Erziehungstour: Teure Vasen, mondänen Kitsch und edle Sessel verknäulen sie zu einem modernen Konsumturm zu Babel. Darauf hinterlassen sie wahlweise die Botschaft ?Die fetten Jahre sind vorbei? oder ?Sie haben zuviel Geld. Die Erziehungsberechtigten?.
Verwickelt wird die Situation, als sie in das Haus des Neureichen geraten, an den Julia ihre Schuld abzutragen hat. Eins kommt zum anderen und schwuppdiwupp befinden sich die Drei mit dem Manager als Geisel auf einer Alm in den Bergen. Dass der Gekidnappte ein Alt-68er ist, der seine Ideale irgendwann wie Ballast abgeworfen hat, macht die Situation nicht leichter. ?Das Rebellieren ist schwieriger geworden?, stellt Jan fest. Che-Guevara-Shirts als Modeobjekt, Anti-Haltung als Lebensgefühl, komplette Meinungsfreiheit als Diskussionskiller. Der Film beschreibt das Dilemma vieler Rebellen: Denn sie wissen nicht was sie tun. Das ?Dagegen? ist klar, das ?Wofür? nicht. Die Reflektion der Protagonisten verliert sich zu oft in diffuser Anklage gegen das Establishment, ihr Beitrag zu verantwortungsvollerem Miteinander ist das Möbelrücken und Fernsehantennenkappen. Immerhin, möchte man sagen, immer noch entgegnen.
So ziellos wie die Suche nach dem gelobten Staat wirkt stellenweise auch der Film. Die darstellerische Kraft der Schauspieler reicht nicht, um das psychologische Kabinettstückchen zu tragen, dessen Anlagen sich zumindest vermuten lassen. Und die unvermeidliche Liebesgeschichte zwischen Jan und Julia lässt erschaudernd wünschen: Herr Brühl, den nächsten Film ausnahmsweise nicht als Gutmensch!
Geschrieben von Britta Voß