Das breite Spektrum der Berlinale

„Asylum“
Regie: David MacKenzie

In die ästhetisch befremdliche Welt der 1950er Jahre fügt sich eine tragische Geschichte um eine düstere Irrenanstalt. Die Frau des neuen Direktors (Natasha Richardson – sie erschien etwas zu „offenherzig“ auf dem roten Teppich) versucht der patriarchalen Gesellschaft durch ein Verhältnis mit einem Patienten zu entfliehen. Dieser steht unter der Obhut des Leiters der geschlossenen Abteilung (Ian McKellen – der Bart ist ab), der ebenfalls ein Auge auf die Dame geworfen hat. Die Sache hätte eine gute „Hannibal-Lecter-Geschichte“ werden können, verstrickt sich dann aber in einer schwermütigen Tragik.
Fazit: In der entsprechenden Stimmung kann man sich dieses Werk antun – ein Fall zum Beispiel für „CineExtra“.

„Dancing with myself“
Regie: Judith Keil und Antje Kruska

Dieses dokumentarische Porträt stellt drei äußerst unterschiedliche Vertreter unserer urbanen Kultur in ihrer intimen Lebenswelt vor. Einen verschrobenen Althippie, einen arbeitslosen Mittdreißiger und eine orientierungslose Schülerin verbindet, dass sie ihre Sorgen im exzessiven Tanz vergessen machen – jeder in seiner Musik natürlich.
Fazit: Die grotesken Einblicke in alltägliche „Parallelgesellschaften“ sollte man sich nicht entgehen lassen – der Film soll demnächst im ZDF ausgestrahlt werden.

„On the Objection Front“
Regie: Shiri Tsur

In diesen israelischen Dokumentarfilm werden einzelne Eliteoffiziere vorgestellt, die sich weigerten an militärischen Interventionen und Vergeltungsmaßnahmen in den palästinensischen Gebieten teilzunehmen. Sie schlossen sich zu einer Vereinigung zusammen und waren durchaus bereit für ihr Verhalten Degradierungen und Gefängnisstrafen in Kauf zu nehmen.
Dieser schweren Thematik stand in gewisser Weise der Wettbewerbsbeitrag „Paradise Now“ (Regie: Hany Abu-Assad) gegenüber, dass sich palästinensischen Selbstmordattentätern widmet.
Fazit: Wenn sich die Möglichkeit ergibt, einen derartigen Einblick zu erhalten, hilft es vielleicht, eine schablonenhaft dualistische Betrachtung der Problematik zu überwinden.

„Panzerkreuzer Potemkin“
Regie: Sergej Eisenstein

Dieser Meilenstein der Filmgeschichte wurde in der „Volksbühne“ in der rekonstruierten Fassung von 1926 mit dem Babelsberger Filmorchester aufgeführt. Die intensive Bildfolge sowie die äußerst eingängliche und die perfekt abgestimmte Musik von Edmund Meisel lassen zeitweilig selbst George Lucas und John Williams alt aussehen.
Fazit: Das Verhältnis von Musik und Film muss auch in unseren Tagen stärker diskutiert werden.

Geschrieben von Arvid Hansmann