Ein Filmgenre zwischen Träumerei und Wirklichkeit
Science-Fiction – der Traum einer besseren Zukunft und wohl einer der ersten und meistgenutzten Anglizismen überhaupt, erlebte seine Geburtsstunde inmitten der „goldenen Zwanziger“ im Jahr 1926.
Dem deutschen Regisseur Fritz Lang gelang mit seinem Film „Metropolis“ die Revolution des noch in den Kinderschuhen steckenden Mediums Film. Die Story denkbar einfach und oft kopiert: Im Jahre 2026 findet man eine kalte, mechanische Welt der Industrie vor. Kurze Zeit nach der Industrialisierung spiegelte Lang die Ängste und Ressentiments der Bevölkerung wieder. Metropolis ist eine Stadt voll Hektik und Lebensgeist, in der man es entweder zur privilegierten Elite gebracht hat, oder Teil der unterdrückten, verarmten Unterschicht geworden ist. Eine schöne Scheinwelt an der Oberfläche, getragen von Maschinen im Untergrund. Arbeiter versorgen die Maschinen, Maschinen versorgen die Arbeiter, Matrix lässt grüßen.
Welche Bedeutung hat denn der Begriff „Science Fiction“ nun eigentlich? Ob Raumschiffschlachten im All, Außerirdische, die mal wieder die Menschheit auslöschen wollen oder einfach der simple technologische Fortschritt – jeder versteht unter Science-Fiction etwas anderes und der Fantasie sind nahezu keine Grenzen gesetzt. Zwei Dinge sind ihnen aber allen gemein: Zum ersten machen sie sich alle die menschlichen Emotionen zum Thema. Zum Beispiel die Hoffnung, wie in Gene Roddenberrys Utopie „Star Trek“, in der die Menschheit dem Geld entsagt und dem Frieden die Hand gereicht hat, oder die bloße animalische Angst, die 1979 mit „Alien“ die Kinos heimsuchte. Der Zuschauer wird zum Spielball seiner eigenen Emotionen.
Jeder will einen Teil der Faszination „seines“ persönlichen Films, seiner persönlichen Zukunftsvision, seiner persönlichen Emotion. Tausende „Trekkies“ säumen jährlich die engen Gänge der Star-Trek-Conventions. Um George Lucas’ „Krieg der Sterne“ zu sehen, standen die Fans bis zu mehreren Blocks an und kreierten so unwissentlich den Begriff des „Blockbusters“. Sie alle vereint die gemeinsame Teilhabe an ihren eigenen Emotionen, ein gemeinsam gelebter Traum, der scheinbar nie aufhört und so viel beinhaltet.
Das haben die Filmproduzenten in einem ganz anderen Sinn sehr schnell für sich erkannt: Bis an den Rand der Geschmacklosigkeit wurden „Star Wars“ und danach viele andere Filme Teil eines umfassenden Merchandisings. Allein das Videospiel zur Matrix-Trilogie machte Film-Nebendarstellerin Jada Pinkett Smith zur Multimillionärin.
Die zweite Gemeinsamkeit ist die Konzentration auf die Zukunft. „Was war” und „was ist” werden unbedeutend, nur das Morgen zählt. Wer werden wir sein, wo werden wir sein und was werden wir tun? Werden wir Verbrechen vorhersagen können („Minority Report“), werden wir Menschen unendlich klonen können („The 6th Day“) oder noch wichtiger: Werden Raumschiffe in die Tiefen des Alls fliegen können, „dahin, wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist“ („Star Trek – The Next Generation“)? Man weiß es nicht, aber träumen wird ja wohl noch erlaubt sein. Solche erzählende Kultur sollte immer ein wenig visionär sein. Bei Thomas Manns Vision von Hitler in „Mario und der Zauberer“ wird einem fast unheimlich zumute.
Es wird also klar, Science-Fiction spricht die Urinstinkte des Menschen an: Hoffnung, Neugier, Entdeckerdrang, Furcht, Gut gegen Böse – der Kampf den wir tagtäglich auch in uns austragen. Man instrumentalisiert diese Instinkthaftigkeit nahezu, allein die Titel verraten es: „Trek” = Weg, „Voyager“ = Entdecker, „Enterprise“ = Unternehmung, „Stargate” = Sternentor.
Filme brauchen Motive, sei es explizit durch Namen oder implizit durch Prinzipien. Während in Kriegsfilmen das „Leave-no-man-behind“-Prinzip dominiert, ist es bei Science-Fiction die Erforschung der „Great Barrier“. Motive müssen aber bekannt sein, um sie zu erkennen – die schönste Metapher ist bedeutungslos, wenn sie niemand versteht. Die Motive des Science-Fiction-Films sind nicht neu, Amerika kennt sie längst durch seine Geschichte und soll sie nie vergessen. Einst war der mittlere Westen selbst die „Great Barrier” und konnte überschritten werden, so wie es uns der Film auch für das All und alles andere verspricht.
Widmet man sich der Science-Fiction, kommt man vor allem an deren drei Urvätern nicht vorbei: Fritz Lang, Gene Roddenberry und George Lucas. Letzterer, der 1969 mit dem Sci-Fi-Thriller „THX 1138“ seine Karriere begann – daher übrigens auch der Name seines Tonformats – wird in diesem Mai versuchen, die Geschichte seiner Science-Fiction-Saga „Star Wars“ fortzuschreiben, wenn er mit Episode III den Bogen zu den drei Klassikern schlägt.
Doch was macht die Magie von Science-Fiction und von „Krieg der Sterne“ im speziellen aus? Dass unsere Träume und Hoffnungen beflügelt werden, ist das eine, doch vor allem vereinen Filme wie „Star Wars“ viele Genres. Ein Sci-Fi-Film bietet Western, Liebesfilm, Märchen und vieles mehr in einem. Gut gegen Böse, unsere innere und äußere Welt wird uns mit einer seltenen Klarheit präsentiert und in allen Facetten bebildert. Man erinnert uns stets an unsere eigenen kleinen Aufgaben im Alltag, denn Filme wollen Menschen beflügeln. „Pretty Woman“ zeigt, dass jeder alles erreichen kann, „E.T.“ lehrt, dass wir nicht allein sind und „The Day after Tomorrow“ hält uns an, die Natur zu respektieren. Ethische Grundlagen vermittelt bekommen und Lebensentwürfe für das eigene Handeln finden – so lautet die Devise. Luke Skywalker zerstört den Todesstern, wir helfen einer alten Dame, ihre Tasche zu tragen. Der Maßstab ist egal, die Gestik zählt.
Wenn einen dann irgendwann die wirkliche Welt wieder einholt, mag sie einem klein und fern erscheinen und doch ist es genau das, worum es bei Science-Fiction geht. Ein bisschen Träumen mitzunehmen oder vielleicht sogar den Mut zu sammeln und sich etwas von alle dem selbst erfüllen. Zukunft und Emotionen sind der „Stoff aus dem die Träume“ sind – Träumer dieser Welt vereinigt euch.
Geschrieben von Joel Kaczmarek