Grafik: Jakob PallusSchon seit Wochen verstecken sich zahlreiche Greifswalder Studenten zu Hause oder in den Bibliotheken hinter ihren Büchern und Ordnern, wagen sich nur äußerst selten ans Tageslicht, um Prüfungen zu schreiben. Danach wird unbeirrt weiter gelernt. Was wie die Ausbildung der Akademiker von morgen aussieht, ist nichts anderes als das berühmte Aufschiebeverhalten. Wer Zerstreuung sucht, ist hier ganz richtig.

Tausende Greifswalder Studenten prokrastinieren schon seit Wochen vor sich hin, suchen Ausreden wie „Muss was für die Uni tun“ oder „Morgen fange ich wirklich an zu lernen“, nur um nicht ausgehen zu müssen und gar etwas zu erleben. Doch unser Kultur-Kompakt ist zurück und verschafft Abhilfe. Arsch hoch! Hier ist eine Übersicht für die nächsten Tage:

Donnerstag: One Billion Rising

Weniger Zerstreuung, dafür mehr eine handfeste Revolution verspricht die Aktion We rise!. Anlässlich des V-Day, dem internationalen Aktionstag gegen Gewalt gegen Frauen sollen am 14. Februar weltweit Menschen zusammen kommen, um für ein Ende der Gewalt zu protestieren.

„Jede 3. Frau weltweit war bereits Opfer von Gewalt, wurde geschlagen, zu sexuellem Kontakt gezwungen, vergewaltigt oder in anderer Form misshandelt“ heißt es auf onebillionrising.de. Aufgrund dieser Tatsache sollen sich die Menschen im globalen Kollektiv erheben und Stärke sowie grenzüberschreitende Solidarität zeigen. Eine Milliarde Frauen, was die Summe aller Gewaltopfer ist, werden weltweit auf die Straßen gehen und tanzen, so hoffen die Veranstalter. Die US-amerikanische Schriftstellerin Eve Ensler ist die Initiatorin der Kampagne.

„One Billion Rising ist die Vision von einer Welt, in der Frauen aller Kulturen und Klassen zusammen protestieren, reden, tanzen – am selben Tag, für dieselbe Sache. Für eine Welt, in der Frauen ihre Sexualität, ihren Intellekt, ihre Spiritualität und ihre Gefühle leben können – ohne bedroht, eingeschüchtert oder belästigt zu werden“, sagte sie in einem Beitrag, der heute beim Deutschlandfunk lief. In Greifswald könnt ihr gemeinsam mit eurer Lerngruppe ab 16:30 Uhr den Fischmarkt erobern. Dieser Mobilisierungsclip verdeutlicht die Ziele der Aktion:

Freitag: Technik auf dem Markt und Techno im IKuWo

Wem beim Studium der pharmazeutischen Formelsammlungen, der mediävistischen Quelleneditionen oder der kommentierten Gesetzestexte eigentlich eine ganz andere fundamentale Frage umtreibt, nämlich „Watt is eigentlich im Moor um die Ecke los?“, der hat am Freitag endlich die Aussicht auf Erhellung. Auf dem Greifswalder Marktplatz findet eine große Maschinenschau statt. Das dort präsentierte Gerät dient der Ernte und Verarbeitung von Schilf und ist der neueste Schrei in Sachen Ballonreifen- oder Gummikettentechnologie, welche schon in naher Zukunft die weichen Böden im moorreichen Mecklenburg-Vorpommern schützen könnte.

Bis zu sieben Tonnen schwer: Diese Maschine erntet Biomasse im Feuchtgebiet.

Bis zu sieben Tonnen schwer: Diese Maschine erntet Biomasse im Feuchtgebiet.

Anlass ist die morgen anlaufendeReed as a Renewable Resource-Konferenz, auf der sich 160 Experten aus der ganzen Welt im Krupp-Kolleg über die Nutzung von Feuchtgebietspflanzen austauschen. Sie sollen beispielsweise als Energieträger oder Baustoff dienen. Die Moore in der Gegend wurden viele Jahre lang trocken gelegt, das soll sich ändern und sie könnten eine Ressource werden und dabei selbstredend auch ein Mittel gegen den Klimawandel sein, heißt es in einer Mitteilung. „Wissensexport aus Vorpommern in andere Feuchtgebiete der Welt“ schreibt Pressesprecherin Nina Körner darüber. Um 20 Uhr findet im Kolleg ein Abendvortrag von Prof. Michael Succow statt. Er war letzter DDR-Umweltminister, hat 1997 den alternativen Nobelpreis gewonnen und referiert am Freitag über „Entwicklung und Bewirtschaftung von Feuchtgebieten“.

Mit maschinenartiger Musik geht es am Abend weiter: Rosa ist wieder da, diesmal im IKuWo. David Dorad aus Berlin, Bonjour Ben aus Rostock und Binto aus Hamburg bringen euch Techno, Techno und Techno mit. Ab 23 Uhr geht die Türe in der Goethestraße auf und sechs oder acht Euro kostet die Passage ihrer Schwelle.

Sonnabend: Nach der Oper ist vor dem Budenzauber

In der Metropolitan Opera in New York wird an diesem Tag die Oper „Rigoletto“ von Giuseppe Verdi aus dem Jahr 1851 aufgeführt. Die Regie führt Michael Mayer, der die Tragödie ins Las Vegas der 60er Jahre versetzt. Unter den Schauspielern ist auch die Deutsche Diana Damrau. Im Cinestar in der Langen Straße wird es um 19 Uhr eine Live-Übertragung mit deutschen Untertiteln geben. Der Eintritt beträgt 29 Euro.

Danach fahrt ihr zum Forellfriedhof, der diesmal den Studentenclub Kiste übernimmt. Auf dem Weg dahin könnte noch der Piratenfasching im Kaisersaal wenigstens mit einem abschätzigen Blick gewürdigt werden: „Greif Helau!“ In der Makarenkostraße trifft sich dann ab 22 Uhr die „High Forelity„: Misstrauische Zausel, Teilzeithippies und Singles mit Niveau – ihr werdet in bester Gesellschaft sein. Die Forellen gehören selbsternannt der musikalischen Elite an und wollen dem Ruf nach der immer gleichen Indie-Musik mit „frickeligen Raritäten und hirnverdrillenden Verschrobenheiten“ begegnen. Eine Analoglichtshow auf dem Polylux und Bartnasenbrillen sind im Eintrittspreis von zwei Euro enthalten.

Der Fleier, nech?

Ebenfalls ganz schon weit draußen lässt sich auch im BT22 die Nacht um die Ohren schlagen. FREUNDE & FREUDE heißt dort das Rezept gegen den Alltag und an den Reglern werden Silvio MarquardtCouchgag, ZappadeusPaul ZehnerHuBert, und das DJ-Team Herr Bernaux und Mister Maximov drehen. Ganz schön viel auf einmal, alle zusammen sollen sich irgendwo zwischen Funk, TechHouse, DeepHouse und Minimal einordnen lassen. Los geht’s um 23 Uhr und 3 Euro bezahlt der des Wissens überdrüssige aber umso mehr vergnügungshungrige Student (5 Euro seine nicht immatrikulierten Freunde).

Neu an diesem Abend ist ein Schuttleservice. Alle, die sich den langen Fußweg vielleicht schon als Ausrede zurechtgelegt haben, können nun nicht mehr kneifen und unter der Nummer [wird vom Club noch auf Facebook bekannt gegeben und hier ergänzt] einen Kleinbus bestellen. Er holt Gruppen mit bis zu acht Personen an der Ecke Bachstraße/ Lange Straße ab und bringt sie ins Industriegebiet zur Brandteichstraße. „Der Bus wird Nonstop im Einsatz sein bis die Party vorbei ist!“ hat man uns mitgeteilt und soll nichts kosten. Allerdings befindet sich der Dienst noch in der Beta-Phase. Irrungen und Wirrungen nicht ausgeschlossen! Im Bus hört ihr vielleicht schon:

Montag: James Bond im Spiegel der Realität

Ob James Bond-Filme oder Bücher zu den persönlichen Neigungen gehören oder nicht, von seiner unendlichen Widerstandsfähigkeit oder den abenteuerlichen Stunts hat wohl jeder schon einmal gehört. Der Experimentalphysiker Prof. Metin Tolan von der TU Dortmund hat mit seinen Studierenden verschiedene Szenen aus den Filmen untersucht und geprüft, ob die Gesetzte der Physik die Handlung auch in der Realität zulassen. Das soll zu verblüffenden Ergebnissen geführt haben, die er um 19 Uhr im Kaisersaal der Stadthalle in seinem Vortrag „Geschüttelt, nicht gerührt! James Bond im Visier der Physik“ vorstellen will. Einlass ist bereits eine Stunde früher, die Veranstaltung ist kostenlos und soll auch Laien ansprechen. Für die Experten veranstaltet das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. in der nächsten Woche eine Fachtagung, in deren Rahmen der Vortrag stattfindet.

Flyer: Veranstalter (ohne CC-Lizenz)
Video: (1) YouTube-User AVbyted; (2) vdayorg
Foto: C.Schröder (ohne CC-Lizenz)