Die Novellierung des Landeshochschulgesetzes (LHG) wird die bestehende Hochschulautonomie stark beschränken, so sie in der zweiten Lesung im Schweriner Landtag angenommen wird. Anlässlich der Aktualität dieser Novellierung fragte moritz bei den Landtagsfraktionen SPD (Regierung), Linkspartei.PDS (Regierung) und CDU (Opposition) nach den individuellen Standpunkten zu der Diskussion.
Wie steht Ihre Fraktion zum Gesetzesentwurf zur Novellierung des Landeshochschulgesetzes des Bildungsministeriums?
Andreas Bluhm (hochschulpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion der Linkspartei.PDS):
Die Fraktion stimmte der Überweisung des Gesetzentwurfes in die Ausschüsse in 1. Lesung mehrheitlich zu. Die End-abstimmung kann jedoch erst nach der Behandlung im Bildungsausschuss auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses und einer 2. Lesung im Landtag – voraussichtlich im Januar 2006 – erfolgen. Somit sind noch Änderungen oder Ergänzungen des vorliegenden Ge-setzentwurfs möglich.
Ilka Lochner-Borst (bildungspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion):
Die CDU-Land-tagsfraktion lehnt diesen Gesetzentwurf ab. Er stellt eine Ein-schränkung der Hochschulautonomie dar, die 2001/2002 in einem mühsamen Gesetzgebungsverfahren durch die Hochschulen auf eine konstruktive Art und Weise erstritten wurde. Nach Ansicht der CDU-Fraktion geht im gegenwärtig gültigen LHG die Hochschulautonomie nicht weit genug. Die Haushaltspolitik der Landesregierung greift durch ständige Einsparungen, Kürzungs- und Schließungspläne massiv in die ohnehin beschränkte Autonomie der Hochschulen ein.
Mathias Brodkorb (hochschulpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion):
Die SPD-Fraktion hat bisher noch nicht über die LHG-Änderung beraten.
Ist diese Position einheitlich oder gibt es auch Gegenstimmen innerhalb der Fraktion?
Andreas Blum:
Es gab bei der Abstimmung auch Gegenstimmen und Stimmenthaltungen in der Fraktion der Linkspartei.PDS.
Ilka Lochner-Borst:
Diese Position ist einheitlich, weil die CDU die Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern als einen der nachhaltigsten Entwicklungsfaktoren des Landes betrachtet.
Mathias Brodkorb:
Siehe Antwort zu Frage 1.
Wie steht es um Ihre persönliche Meinung zu diesem Vorhaben?
Andreas Bluhm:
Ich sehe die Notwendigkeit des Gesetzentwurfes, um vor dem Hintergrund der vielschichtigen und komplizierten Rahmenbedingungen eine zukunfts-, leistungs- und konkurrenzfähige Hochschullandschaft unter der Prämisse der Erhaltung aller Hochschulen zu sichern. Dabei gehe ich immer noch davon aus, dass es gelingt, einen Konsens zwischen allen Beteiligten zu erreichen und damit die geplanten Eingriffsmöglichkeiten des Gesetzentwurfs nicht anwenden zu müssen.
Ilka Lochner-Borst:
Die Antwort auf Frage 1 stellt meine persönliche und meine parteipolitische Meinung dar. Als Mitglied der CDU und als hochschulpolitische Sprecherin werbe ich dafür, dass meine persönliche Meinung auch Meinung meiner Fraktion und Partei wird.
Mathias Brodkorb:
Eine abschließende Meinung zur Änderung des LHG werde ich mir erst nach der geplanten Anhörung bilden.
Sind Landespolitiker im Bildungsministerium das qualifizierteste Personal, um Entscheidungen über die universitäre Verwaltung zu fällen?
Andreas Bluhm:
Nach dem LHG hat das zuständige Ministerium einen gesetzlichen Auftrag zur Gestaltung und Mitwirkung im Hochschulbereich, der Gesetzeskraft hat. Da sich die Frage auf die universitäre Verwaltung bezieht, ist von qualifizierten Entscheidungen auszugehen. Die Eingriffsmöglichkeiten in die Prozesse der Lehre und Forschung sind nach dem Grundgesetz, der Landesverfassung und dem LHG des Landes der Autonomie wegen berechtigterweise sehr beschränkt.
Ilka Lochner-Borst:
Die Frage stellt sich mir anders: Wie versetzen wir als Politiker die Univerwaltungen in die Lage, Hochschul-autonomie im Interesse der Hochschule und des Landes mit Leben zu erfüllen? Ich will, dass sich Hochschulen auch dem Interesse des Landes verpflichtet fühlen. Daher ist das angestrebte Prozedere beim Abschluss von Zielvereinbarungen im gültigen LHG der richtige Weg. Ich sehe es kritisch, dass Bildungsbürokraten für sich in Anspruch nehmen, die Breite und Tiefe von Hochschulstrukturen treffsicher zu beurteilen.
Mathias Brodkorb:
Soweit ich weiß, wurde in der Hochschulreformdebatte nicht über „universitäre Verwaltung“ beraten. Auch arbeiten aus Gründen der Gewaltenteilung keine Abgeordneten in Ministerien mit. Abstimmungsprozesse in besonders wichtigen politischen Fragen zwischen Regierung und Fraktionen sind jedoch nicht ungewöhnlich.
Geschrieben von Stephan Kosa