Und szenisch grüßt der Ludwig. Welcher? Natürlich Ludwig Wittgenstein. Der schwedische Regisseur und Schauspieler Peter Dalle nimmt in seinem ersten Kinofilm „Verschwörung im Berlin-Express“ den Philosophen beim Wort: Nichts ist scheinbar wie es ist.

Im Winter 1945 reisen der ehemalige Literaturkritiker Gunnar, der zynische Arzt Henry, seine Ehefrau Karin und die Geliebte Marie, ein exzentrisches Schwulenpärchen, zwei Nonnen, eine Gruppe baltischer Flüchtlinge und ein witziger, wenn auch verwundeter Soldat mit dem Zug von Stockholm nonstop nach Berlin. Das 96-minütige Gedankenexperiment gewinnt immer schelmischere Züge, je weiter die Bahn auf das Nachkriegs-Berlin zurollt.
Der Zauberlehrling Peter Dalle ahmt sein Vorbild Hitchcock in ausgesuchten Nahaufnahmen sicher nach, hält das Genre aber bewusst-raffiniert zwischen Thriller und Komödie offen und schafft es dabei, die alten Zeiten des schwedischen Schwarz-Weiß-Films der 40er und 50er Jahre wieder zu beleben. Sprachlich sei daher für alle DVD-Fans, die nicht des Schwedischen mächtig sind, die Originalfassung mit deutschem Untertitel empfohlen. Der mit ausgesuchten Schauspielern besetzte, innerhalb eines Monats abgedrehte Streifen besitzt ein besonderes ideengeschichtliches Gewicht, indem er den Wiederaufbau Europas nach 1945 aus schwedischer Sicht nachgezeichnet. Die Frage, ob nicht vielleicht Wittgensteins Zitat im Film oder heute im allgemeinen noch zutrifft, steht im Raum. Was für ein geschickter cineastischer Schachzug, Herr Dalle!

Geschrieben von Uwe Roßner