Neue Rektorin, neue Prorektoren, neues Programm? Im Oktober wurde unsere neue Rektorin Prof. Dr. Hannelore Weber gewählt. Morgen stimmt der Senat über ihre Mitstreiter im Rektorat ab. Diesbezüglich stellten sich heute die beiden Kandidaten den Fragen der Angehörigen des Senats. In der prunkvollen Aula fanden sich Senatsmitglieder und Interessierte ein, darunter auch Prof. Rainer Westermann und Prof. Hannelore Weber, um den Ausführungen der Bewerber zu folgen und eventuell Fragen zu stellen.
Wenn ein neuer Rektor gewählt wird, schlägt dieser auch zwei Kandidaten für die Prorektorenstellen vor. Frau Weber hat Prof. Wolfgang Joecks (Lehrstuhl für Strafrecht, insbesondere Wirtschafts– und Steuerstrafrecht) und Prof. Eckhard Schumacher (Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur und Literaturtheorie) vorgeschlagen. An der Greifswalder Universität werden zwei Prorektorenstellen vergeben. Diese teilen sich dann die Arbeit auf, in Lehre und Forschung.
Joecks will die Stelle als Prorektor über Studium und Lehre gewinnen. Er hatte dieses Amt schon 2007 bis 2009 inne. Er gab es damals auf, weil er sich der Belastung nicht gewachsen fühlte, da er zu der Zeit auch die Mitgliedschaft am Landesverfassungsgericht Mecklenburg–Vorpommern erhalten hatte. Das hat sich jetzt geändert. Er müsse bis Januar nur noch 700 Seiten einreichen und dann sei es fast wie Vorruhestand, erklärte Jöcks. Auch dass er „keine Revolutionen“ starten möchte. Vielmehr will er sich um eine gute Zusammenarbeit mit den Studenten bemühen.
Schumacher möchte Prorektor der Forschung werden. Er setzt sich zum Ziel, die Interdisziplinarität zu fördern. In Greifswald sei dieser Punkt noch ausbaufähig. Er zählt in diesem Zuge einige seiner früheren Forschungsprojekte auf, bei denen sowohl Natur– als auch Gesellschaftswissenschaften miteinander kooperiert haben. Diese Interdisziplinarität möchte er aber nicht nur im Gebiet der Forschung verstärken, sondern auch in Studium und Lehre.
Wohin mit dem Geld?
Ein großes Thema in Greifswald wie auch an anderen Universitäten ist die Geldverteilung. Spezifisch wurden die Kandidaten nach der besseren Verteilung von leistungsorientierten Mitteln befragt. Dabei handelt es sich um Geld, welches die Universität an die Fakultäten verteilt, wobei die Kriterien dafür derzeit diskutiert werden. Schumacher antwortete, dass es schwierig sei, eine einheitliche analytische Methode zu finden, da für gewöhnlich nach Publikationen gesehen würde und besonders in seinem Fach eher Monographien veröffentlicht würden. Doch der Ausgleich dieser Asymmetrie sei ein Ziel. Forschung und Lehre sollten seiner Meinung nach gleichgewichtig gefördert werden. Joecks führt fort, dass alle Methoden nur „diffuse Kriterien“ sein würden. Er wirft die Frage auf, wie man die Qualität der Lehre beurteilen solle. Etwa anhand der anonymen Evaluationen oder anhand der Noten der Studenten in einem Fach? Genauso sieht er die Bewertbarkeit der Forschung als schwierig an. Für ihn sei die Vergleichbarkeit von Wissenschaften nicht gewährleistet. Man müsse sich andere Universitäten und ihren Umgang mit der Problematik ansehen.
Ein weiteres Thema ist der Umgang mit dem Doppelhaushalt 2012/2013 ohne etwaige Strukturanpassungen oder Institutsschließungen. Joecks sieht dabei die schlechte Vertretung Greifswalds im Landtag als Problem. Er verspreche aber, zu versuchen, das Optimum für Greifswald herauszuholen, verweist dabei aber darauf, dass er die zukünftige Wirtschaftslage nicht kenne. Schumacher wolle „auf breiter Ebene“ diskutieren und nach Lösungen suchen.
Angesprochen auf seine Meinung bezüglich der Verwertung von Forschungsergebnissen in der Wirtschaft, meint Schumacher, dass einige Fächer ohne diesen Forschungstransfer undenkbar seien. Dieser Transfer sei auch eine finanzielle Stütze der Universität. Trotzdem stehe er ihm auch kritisch gegenüber.
Über die Lehrerbildung wurde auch diskutiert, wobei Schumacher dort die Zusammenarbeit von Forschung, Lehre und Studium verbessern möchte und Joecks dieses Thema problematisch sieht, da die Universität kein Extrageld zur Verfügung habe und man dort durch persönliches Engagement erst einmal mehr erreichen könne.
Die Mission 2020
Zum Schluss noch die Frage nach ihren Visionen für die „Mission 2020“. Schumacher hegt den Wunsch einer bestmöglichen Nutzung der Verbundforschung und eines neuen selbstständigen Sonderforschungsbereiches in Greifswald. Joecks zitiert einen Bekannten: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“ Doch er lässt es sich nicht nehmen, einige Wünsche auszusprechen. Er wolle mehr Import von Studenten nach Greifswald, um die Studentenzahlen auf ungefähr 10.000 zu halten. Greifswald solle attraktiver und toleranter werden, da der Migrantenanteil auf 25 Prozent steigen werde.
Beide Kandidaten scheinen der Aufgabe gewachsen zu sein, wobei Joecks schon Erfahrung hat und offener seine Standpunkte vertritt. Doch Schumacher hat Vorschläge zur Verbesserung der Universität. Ob und inwieweit diese Vorschläge erfüllt werden, bleibt abzuwarten. Morgen um 14.00 Uhr findet im Konferenzsaal die Senatssitzung mit der Wahl der neuen Prorektoren statt.
Fotos: Simon Voigt, David Vössing (alle webMoritz-Archiv)