Auf 6,59 Millionen Euro beläuft sich das Defizit des Greifswalder Haushalt 2013, der mit 28 Ja-Stimmen bei sieben Gegenstimmen (Linke) und einigen Enthaltungen (Grüne) verabschiedet wurde. Das Haushaltsvolumen beläuft sich auf über 100 Millionen Euro. Die Bürgerschaft stimmte für eine Fuhrtenverbreitung bei der Europakreuzung, womit einige die Diagonalquerung beerdigt sehen. Zudem bleibt es bei der Gewerbesteuererhöhung. Die Wallanlagen werden 2013 und 2014 komplett saniert.
Zu Beginn der Haushaltsdebatte zeigte sich Oberbürgermeister Dr. Arthur König zuversichtlich, dass „wir schwierige Situationen meistern können“ und verwies beispielsweise, dass das Stadthaus (Technisches Rathaus/Alte Post) nächstes Jahr fertiggestellt werde. Er sieht in Greifswald keinen Stillstand, sondern eine positive Entwicklung. Stadtkämmerer Dietger Wille ging noch einmal auf die Zahlen des Haushalts ein, der Erträge von 95,78 Millionen Euro vorsieht bei Aufwendungen von 102,4 Millionen Euro. Das Defizit von 6,59 Millionen Euro wird aus dem Eigenkapital in Höhe von etwa 486 Millionen Euro gedeckt.
Beerdigung der Diagonalquerung? Furten werden verbreitert
Die Bürgerliste brachte einen Änderungsantrag zum Haushalt ein, der 10.000 Euro für eine Fuhrtenverbreiterung an den Übergängen für Fußgänger und Fahrradfahrer an der Europakreuzung vorsieht. „Damit kommt es zu einem zügigeren Verkehr“, begründete Dr. Thomas Meyer (Bürgerliste) den Antrag. Kurz vor der Abstimmung warnte Dr. Gerhard Bartels: „Wer für die Führtenverbreitung ist, beerdigt die Diagonalquerung!“ Aus Richtung CDU und FDP, die zu Gegnern der Diagonalquerung gehören, kamen freudiges Lachen, Klatschen und Jubelpfiffe. Entsprechend knapp war das Ergebnis mit 21 Ja-Stimmen für breitere Fuhrten und 18 Gegenstimmen (SPD, Linke, Grüne). In diesem Zusammenhang wurde ein Antrag der Grünen mehrheitlich bei 11 Ja-Stimmen und fünf Enthaltungen abgelehnt, der 40.000 Euro für eine Planung um die Europakreuzung vorsah. „Es geht dabei um die Optimierung der Verkehrsströme“, beispielsweise um einen Fahrradweg entlang des Hanserings, um das Mühlentor zu entlasten. Es gehe nicht unbedingt um die Diagonalquerung, äußerte Stefan Fassbinder (Grüne). „Es geht natürlich um die Diagionalquerung“, widersprach Franz-Robert Liskow (CDU). Aus diesem Grund enthielten sich die Grünen bei der Abstimmung über den Haushalt 2013.
Gewerbesteuer wird erhöht
In seiner Haushaltsrede kritisierte CDU-Fraktionsvorsitzender Axel Hochschild die geplante Anhebung der Gewerbesteuer (eine Gewinnsteuer für Unternehmen), die seine Fraktion für falsch halte. Stattdessen solle man eher Leistungen und Ausgaben kürzen. „Es sind deutliche Nachjustierungen erforderlich“, machte Hochschild deutlich mit Blick auf das Haushaltssicherungskonzept, welches zur Haushaltskonsolidierung im nächsten Jahr erarbeitet werden muss. Die Rücknahme der geplanten Gewerbesteuererhöhung wurde bei 14 Ja-Stimmen mehrheitlich abgelehnt. Sogar die FDP sprach sich für die Steuererhöhung aus, aber nur um stärkere Erhöhungen in Zukunft zu vermeiden.
Wie andere Redner kritisierte auch Linke-Fraktionsvorsitzender Bartels die „unsägliche Kreisgebietsreform“, mit der die Stadt Aufgaben und Einnahmen verloren hat. „Wir klagen auf hohem Niveau. Andere Städte und Landkreise wären froh, wenn sie nur unsere Probleme hätten“, meinte Bartels. Er bemängelte, dass bei den städtischen Gebäuden angesichts eines hohen Sanierungsstaus auf Verschleiß gefahren werde.
Kerath: „Landrätin ist die Totengräberin“
Für etwas Erheiterung sorgte SPD-Fraktionsvorsitzender Andreas Kerath. Erst durch eine Liste von Veränderungen wurden Mittel für das Richtfest des Stadthauses und für die Helfer bei der Bundestagswahl im September 2013 berücksichtigt. „Als ob das nicht schon vorher bekannt war“, meinte Kerath. Im Haushalt will er die konsumtiven Ausgaben im Haushalt reduzieren, ohne konkret zu werden. Hart ging er mit Dr. Babara Sybre ins Gericht: „Die Landrätin ist die Totengräberin der Schulen im Kreis Vorpommern-Greifswald“, verteidigte er die Rückholung der Gymnasien in die Schulträgerschaft Greifswalds. Abschließend brachte er die Haushaltswirklichkeit auf den Punkt: „Wir können uns noch viele Verbesserungen vorstellen, aber das Geld fehlt dafür.“
Welche Investitions- und Sanierungsvorhaben in den nächsten Jahren Priorität erhalten sollen, wird sich demnächst ein zeitweiliger Ausschuss befassen. Ein entsprechender Antrag der Grünen wurde bei 22 Ja-Stimmen bei 15 Gegenstimmen und drei Enthaltungen angenommen. Es gehe auch darum, „welche Gebäude saniert und welche abgerissen werden“, sagte Stefan Fassbinder (Grüne).
Wallanlagen werden bis 2014 saniert
Nach der Verabschiedung des Haushalts beschloss die Bürgerschaft einstimmig die gesamten Wallanlagen als EFRE-Fördergebiet ausweisen. Sie werden damit 2013 und 2014 komplett saniert. Dies kostet 4,5 Millionen Euro. Davon entfallen 675.000 Euro an Eigenmitteln von der Stadt. Betroffen wird einerseits das Gebiet vom Tierpark bis zum alten Uni-Campus und vom Mühlentor bis zur Fleischerstraße sein.
Fotos: Archiv (Marine Schell, David Vössing, Simon Voigt)
Wenn Aussagen von Bürgerschaftsmitglieder mit Jubelrufen kommentiert werden, stellt sich mir die Frage nach der objektiven Abwägung von Sachverhalten durch die Jubelnden.
Außerdem löst eine Verbreiterung der Furten für Radfahrer und Fußgänger meiner Meinung nach nicht die zentralen Probleme des Kreuzungsbereiches: Die relativ langen Wartezeiten aufgrund der auf den Autoverkehr abgestimmten Ampelschaltung und das erhöhte Gefahrenpotential auf der Südseite der Anklamer Straße durch entgegen der Fahrtrichtung fahrende Radfahrer, welche keine zweifache Wartezeit an den Ampeln in Kauf nehmen wollen.
Klingt eher als ob das Problem bei den Fahrradfahrern liegt, denn die Wartezeiten scheinen mir moderat und die meisten selbstmörderischen Verkehrsverstöße werden ohnehin durch Fahrradfahrer begangen.
Bitte nicht pauschalisieren. Ja, es gibt einige Radfahrer, die dort gegen die Verkehrsregeln verstoßen, aber sicherlich nicht alle.
Wie ich aus den Erzählungen von Freunden und Kommilitonen weiß, werden Sanktionen in Form von Polizeikontrollen an dieser Stelle vor allem als Schikane aufgefasst, auch wenn sie eigentlich der Sicherheit dienen. Daher wäre es meiner Einschätzung nach nunmal besser, die Diagonalquerung zu verwirklichen, um mehr Regelakzeptanz bei den Radfahrern zu erzeugen.
Verzeih, das sollte auch keine Pauschalisierung sein. Es ist nur so, dass die meisten gefährlichen Aktionen die ich, gleich ob selbst Auto- oder Radfahrer war, erlebte, mit bedeutendem Abstand auf Radfahrer zurückzuführen waren. Ich wollte daher nur aussagen, dass ich sie aus dieser Erfahrung heraus für eine ziemliche Risikogruppe halte. Gilt natürlich im Einzelfall nicht für jeden.
Nun gut, wenn ich morgens um 1 von ner Polizeistreife einem Alkoholtest unterzogen werde, finde ich das auch lästig, aber sobald ich mir Gedanken über den Hintergrund mache, akzeptiere ich das dann ohne zu murren. Diejenigen, die solche Kontrollen am Platz der Freiheit als Schikanen auffassen, sollten vllt. den Blick von sich selbst wegnehmen und mehr auf das Gesamte achten.
Ansonsten halte ich es aber für fragwürdig, ein konsequent illegales Verhalten zu legalisieren, nur weil sich ein Teil der Leute nicht dran hält. Wie legalisieren auch keinen Diebstahl, nur weil einige bezahlen für überflüssig halten. Ich denke mal eher, dass die Leute etwas zu bequem sind. Jeder, der eine zeitlang in ner Großstadt gelebt hat, weiß, dass die Wartezeiten am Platz der Freiheit als auch die Reisezeiten innerhalb Greifswalds nun echt harmlos sind. Vielleicht wäre da auch einfach etwas mehr Entspannung angebracht, aber leider ist die Diagonalquerun mittlerweile ein einziges Politikum und Rad- und Autofahrer stehen sich teilweise unversöhnlich gegenüber (man erinnere sich an den grünen Fraktionsvorsitzenden, der Autofahrer konsequent als Asoziale und Kleinverbrecher abstempelte – macht die Situation natürlich nicht besser).