Derzeit gibt es etwa 100 Stipendiaten verschiedener Stiftungen an der Greifswalder Universität. Diese Zahlen möchte man steigern, war  man sich am Donnerstagnachmittag bei einer Veranstaltung zur Begabtenförderung im Krupp-Kolleg  einig. Dabei wurde auch deutlich, dass in Greifswald weniger als ein Prozent der Studenten ein Stipendium bekommen. Bundesweit sind es im Durchschnitt zwei Prozent. Um mehr Stipendiaten in Greifswald zu bekommen, war die einhellige Meinung von Referenten: Einfach bei den Begabtenförderungswerken bewerben!

„Ich stoße auf Ressentiments bei Personen, bei denen ich mir ein Stipendium durchaus vorstellen könnte, wenn ich sie zu einer Bewerbung auffordere“, beklagte Stipendiat Gabriel Kords. Viele Studenten in frühen Semestern wüssten nicht, dass es ein Stipendium als Förderprogramm gebe. In höheren Semestern wüssten davon aber mehr Studenten. 2009 in die Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen, nachdem er von seiner Schule vorgeschlagen wurde, ist Kords auch Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er beklagte auch, dass es die Anteile der Stipendiaten an der gesamten Studierendenzahl einer Universität im Osten niedriger sei, als in Westdeutschland. Zudem komme ein großer Teil der Greifswalder Stipendiaten aus dem Westen.

 „Mehr Studierende hätten ein Stipendium verdient, als es wirklich bekommen“

Prof. Babara Bröker

„Der Osten kann zum Westen aufschließen“, war die Meinung von Barbara Bröker, Sprecherin des Graduiertenkollegs der Universität. Sie schreibt auch selber Gutachten für Bewerber um ein Stipendium. Viele Begabtenförderwerke fordern solche Gutachten von Professoren, um den potentiellen Stipendiaten bewerten zu können. „Wenn Sie ein Gutachten haben möchten“, sprach Bröker potentielle Bewerber direkt an, „müssen Sie sich bemerkbar machen. Beteiligen Sie sich am wissenschaftlichen Gespräch.“ Für ein Gutachten brauche man gute Gründe: „Zeigen Sie Ihre Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.“ Vor einem Gutachtergespräch fordere sie einen ausführlichen Lebenslauf an und der Bewerber sollte sich überlegen: „Was spricht für mich?“ Bröker räumte aber auch ein, dass die Latte bei den Begabtenförderwerken hoch hänge: „Eine Ablehnung ist die Regel“. Man dürfe sich dann nicht als weniger geeignet erscheinen und nicht enttäuscht sein, denn „mehr Studierende hätten ein Stipendium verdient, als es wirklich bekommen“.

Was für ein Stipendium erforderlich ist, machte Ramona Brückner (Stiftung der deutschen Wirtschaft) deutlich. Die beiden Hauptkriterien sind gute bis sehr gute Leistungen und gesellschaftliches Engagement. Bei einigen Stiftungen sind auch auf den familiären Hintergrund (zum Beispiel Arbeiterfamilie) und biografische Hürden (zum Beispiel Migrationshintergrund) mitentscheidend. Brückner nannte aber auch die Vorteile von Stipendien. Die finanzielle Förderung orientiert sich am BAFöG plus einem Büchergeld. Beides muss nicht zurückgezahlt werden. Hinzu kommt ein Programm mit Veranstaltungen und Seminaren zu aktuellen gesellschaftlichen Themen. Ein Stipendium sei auch ein Pluspunkt für den Lebenslauf und biete ein Netzwerk mit Kontakten. Die Stiftungen bieten auch weitere Extras wie Fortbildungen und finanzielle Förderung eines Sprachkurses oder Auslandssemesters. „Ein Stipendium motiviert auch“, nannte Bröker einen weiteren Punkt.

Tipps für Bewerbung um ein Stipendium

Gabriel Kords.

Die einzelnen Referenten gaben auch Tipps für die Bewerbungen:

  1. Der Stipendienlotse des Bildungsministeriums gibt eine Übersicht über alle Begabtenförderwerke, sowohl Stiftungen, die alle Studenten aller Fachrichtungen fördern als auch Einrichtungen, die nur regional oder nach Fachrichtungen fördern.
  2. „Bewerben Sie sich einfach. Machen Sie aber keine Streubewerbungen, sondern machen Sie sich klar, warum Sie gerade in dieses Förderwerk reinpassen“, meinte Brückner.
  3. „Gehen Sie beherzt auf einen Professor zu“, sagte Bröker. „Manchmal macht es auch Sinn, einen anderen Professor zu fragen“, ergänzte Gabriel.
  4. Bei den meisten Stiftungen muss man sich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt beworben haben, also rechtzeitig informieren.

Wenn die Bewerbung dann erfolgreich geklappt hat, kann man auch Mitglied im Jungen Kolleg Greifswald werden, welches von Rainer Cramm vorab vorgestellt wurde: „Dieses Forum für Stipendiaten dient dazu, um sich kennen zu lernen und sich zu vernetzen“. Es gab auch schon Veranstaltungen wie zur Wissenschaftskommunikation, die Teilnahme an einem Ruderwettkampf oder ein Konzertbesuch in der Aula.

Einen Vorschlag, wie man in Greifswald zu mehr Stipendiaten kommen könne, machte Uni-Rektor Prof. Rainer Westermann: „Die Professoren und Stipendiaten sollen mehr Bewerber vorschlagen.“ Bewerber sollen sich auch nicht entmutigen lassen: „Eine Ablehnung ist nicht schlimm, eine Aufnahme umso besser.“

Wenn du dir nun Gedanken machst, ob für dich ein Stipendium in Frage kommen könnte, habe keine Scheu, bei den Begabtenförderwerken (der Begriff soll dich nicht abschrecken) nachzufragen. In Greifswald gibt es unter anderem folgende Begabtenförderwerke:

  • Cusanuswerk
  • Friedrich-Ebert-Stifung
  • Heinrich-Böll-Stiftung
  • Friedrich-Neumann-Stiftung
  • Konrad-Adenauer-Stiftung
  • Hans-Böckler-Stiftung
  • Studienstiftung des deutschen Volkes
  • Stiftung der deutschen Wirtschaft
  • Rosa-Luxemburg-Stiftung

Fotos: Anne Sammler, Christine Fratzke (Artikelbild, webMoritz-Archiv)