Es war vielleicht nicht die Urzeit aber doch lange vor dem moritz, als im Dezember 1990, die erste Ausgabe von „Das Zentralorgan“ erschien, der ersten Greifswalder Studentenzeitung. Seitdem wird aus studentischer Sicht über Entwicklungen an der Universität oder in der Stadt berichtet. Nun wurde der erste Jahrgang digitalisiert und kann hier virtuell durchgeblättert werden.

 

 

 

„Da haben wir sie ja, die Zeitung für Greifswalder Studenten, die vergessen geglaubte, die doch so einmalige! Raus aus der Universitätszeitung, was Eigenes machen, nun als „Organ“ der allgemeinen Studentenvertretung, mit neuen Leuten und neuem Elan. […] Wir wollen jetzt alles ausprobieren. Wir wollen informieren, wir wollen diskutieren, wir wollen provozieren. Und wir … haben Höhenflüge. Kann man es uns verdenken?“

So schrieb Susann Beetz im Vorwort zur ersten Ausgabe. Sie war schon vorher Redakteurin bei der monatlichen Universitätszeitung, wo es kurzzeitig für Studenten eine eigene Seite gab, für die sie Artikel schreiben konnten. Die Eigenverantwortung wurde aber, wie es heißt, bald wieder entzogen, die Autoren hatten allerdings schon von Anfang an das Ziel, eine eigene Zeitung zu gründen. Mit dieser ging es im Dezember 1990 los, als „Das Zentralorgan“ erstmals erschien. Diese Zeitschrift markierte sogleich den Beginn der Studentenpresse in Greifswald. Vertreter der allgemeinen Studentenvertretung (heute Allgemeiner Studierendenausschuss) versuchten nun, die Problemen der Studenten in die Öffentlichkeit zu bringen, und über alle Veränderungen nach der Wiedervereinigung zu berichten.

Die gab es reichlich. So beurteilte eine Ehrenkommission, wie sich alle Uni-Angestellten zu DDR-Zeiten verhalten haben, einige Studiengänge wurden neu eingeführt, dafür waren andere bedroht, das Studentenwerk wurde eingerichtet und per Hochschulerneuerungsgesetz wurden viele andere Reformen auf den Weg gebracht. Die Studierendenschaft schrieb sich ihre eigene Verfassung und begann, Semesterbeiträge in Höhe von 10 DM zu verlangen. Doch auch die Stadt veränderte sich und verschiedene Studentenverbindungen begannen, sich wieder in Greifswald niederzulassen. „In dieser Zeit war alles im Fluss, wir wollten über die Neuerungen informieren.“ erinnert sich Raimund Nietzsche, der als AStA-Referent für Öffentlichkeit, Kultur und Kontakte auch der erste Chefredakteur war.

Vom legendären Amberland ist in den Heften die Rede, der ersten Studentenkneipe, die nach der Wende gegründet wurde, wo es die größte Whisky-Auswahl der Stadt gab und die „irresten Froods“ herumsaßen. Nathan Nörgel ging um und untersuchte die anderen Kneipen Greifswalds. Dort abgestiegen, ließen sich noch richtige Abenteuer erleben, denn zumindest die Marke „Boddenbräu“ (Greifswalder Bier) muss für ihre sagenhaft schlecht Qualität bekannt gewesen sein. Mit „Herbert“ gab es auch Comics mit stellenweise saublöden Pointen.

Name mehrfach geändert

Der Titel kam beim StuPa anfangs nicht gut an, die — natürlich ironische — namentliche Nähe zu einer früheren SED-Bezirkszeitung war zu groß. So hieß das Heft kurzzeitig „ZODeS – Zentralorgan der allgemeinen Studentenvertretung“ , dann aber wieder „Das Zentralorgan“ bis nach langen Debatten innerhalb der Redaktion der Name „Crash! – Das Zentralorgan“ gefunden wurde. Unter diesem Titel (der Zusatz änderte sich noch ein paar Mal), wurde das Studentenmagazin bis zum Sommer 1998 regelmäßig produziert, dann wurde es durch den moritz ersetzt.

Wer also einen Einblick in das Studentenleben Anno 1991 sucht, kann ihn hier finden. Mit einem Klick auf die Ausgaben geht es zur Vollbildansicht. Ein paar Artikel mussten aus urheberechtlichen Gründen leider entfernt werden.

Unterbringungsnotstand?

Ausgabe 1/90, vom 18. Dezember 1990

Titelthema sind die Wohnheime, die immer voller werden und baulich in einem schlechten Zustand sind. Auch ist noch nicht klar, wie weit die Mieten steigen werden.

Der Kiste geht es an den Kragen: Gehörte dem Studentenclub früher das komplette Gebäude in der Makarenkostraße, soll nun eine Bibliothek in die Räume einziehen. Nach deutlichem Protest einigte man sich auf eine 50/50-Nutzung.

Todsicher!

Ausgabe 1/91, vom 11. Januar 1991

Interview mit der neuen Uni-Kanzlerin Christina Arendt über die neue Hochschulverwaltung und den Aufbau des Studentenwerks.  Die Studierendenschaft wird  autonom. Darum wird darüber informiert, warum es nun nötig wird, Semesterbeiträge einzuführen.

Außerdem: Greifswald bekommt seinen ersten Eine-Welt-Laden.

Pornofilm

Ausgabe 2,3/91, vom 1. März 1991

„Schweigen eurerseits werten wir als Zustimmung.“, Ankündigung der allgemeinen Studentenvertretung, Semesterbeiträge einzuführen. Ein anderes großes Thema in diesem Heft ist der Zweite Golfkrieg, der Anfang des Jahres im Nahen Osten ausbrach. Studentenverbindungen stellen sich erneut vor und zum Schluss gibt es eine Computerzeitschrift-Rezension.

Unsere schöne Heimat

Ausgabe 4/91

Ministerpräsidenten Alfred Gomolka im Interview über die Lage der Universitäten im neuen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Neu sind auch die Sex-Shops, die es in Greifswald plötzlich gibt. Einen Testbericht findet ihr auf Seite neun.

Ein anderer Artikel beschäftigt sich mit der Kriminalität in Greifswald. Welche Verände- rungen hat es seit der Wende gegeben?

Wehret den Anfängen!

Ausgabe 5/91

Die Ausländerfeindlichkeit in Greifswald nimmt zu, ein Student aus Kambodscha wird auf offener Straße verprügelt. Die StudentInnenvertretung ruft das Rektorat und den Bürgermeister zum Handeln auf.

Neu im Heft sind Kinorezensionen, zum Beispiel zu „Das Schweigen der Lämmer“. Allerdings wird es immer schwieriger, solche Filme nach Greifswald zu holen.

Gute Nacht, Deutschland!

Ausgabe 7/91

Es gibt Informationen für Erstsemester in Form einer Karte zum Herausnehmen. Die Wissenschaftliche Buchgesellschaft wird vorgestellt, außerdem kommt die Frage auf: Gibt es ein Aus für die Zahnmedizin? Der Wissenschaftsrat der Bundesrepublik sprach sich gegen den Erhalt aus, bekanntlich ist es anders gekommen.

Die Ehrenkommission

Ausgabe 11/91

Die Studentenclubs (früher gab fast in jedem Wohnheim einen) müssen in Vereine umgewandelt werden, um weiter bestehen zu können.

Berichterstattung über den Stand der Arbeit der „Ehrenkommission“. Diese wurde gebildet, um alle 4.800 Uni-Angestellte auf ihre politisch-moralische Eignung hin zu überprüfen, um zu Entscheiden, ob sie weiterbeschäftigt werden oder nicht.

Mit Dank an René Neumeister und Raimund Nietzsche!