Unter dem Motto „Deine Daten gehören Dir“ veranstaltete die Piratenpartei am gestrigen Donnerstag den dritten bundesweiten OptOutDay, um auf die Problematik des umstrittenen Meldegesetzes hinzuweisen. Ein Stand auf dem Greifswalder Fischmarkt bot die Möglichkeit, sich zu informieren.
Vor gut drei Monaten beschloss der Bundestag das „Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens (MeldFortG)“ als Weiterentwicklung des bisher geltenden Meldegesetzrahmens. Anfänglich zur Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung im Bereich des behördlichen Datenverkehrs gedacht, entpuppte sich die neue Regelung schnell als verbraucherfeindliche Fassung. Sie sah vor, dass Meldeämter persönliche Daten ohne Einwilligung der Bürger an Dritte hätten weitergeben dürfen. Datenschützer warnten vor ungehindertem Adresshandel und einer Benachteiligung der Bürger.
Leidenschaftslose Abstimmung dauerte keine Minute
Kritisiert worden war auch, dass die umstrittene Regelung während des EM-Halbfinales Deutschland gegen Italien am 28. Juni verabschiedet worden war, als sich die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten nicht im Plenarsaal befand. Ohne Debatte wurde der Punkt „Meldegesetz“ in nur 57 Sekunden abgehakt.
Inzwischen haben die zuständigen Stellen auf die lautstarke Empörung von Bürgern und Verbraucherschutzverbänden reagiert. Vorläufig ist die Anwendung des „MeldFortG“ auf Eis gelegt. Der Innenausschuss des Bundesrates trat vor einigen Tagen dafür ein, dass der Vermittlungsausschuss von Länderkammer und Bundestag den Entwurf noch einmal überarbeitet. In der ersten Sitzung des Bundesrates nach der Sommerpause soll dieses offiziell heute beschlossen werden.
Die Ausschussempfehlung beinhaltet den Vorschlag einer sogenannten Opt-in-Lösung, das heißt Bürger sollen aktiv gefragt werden, ob sie der Weitergabe ihrer Daten zu gewerblichen Zwecken einwilligen. Allerdings sollen nicht die Meldeämter diese Zustimmung einholen, sondern die Unternehmen, die den Behörden dann im Zweifelsfall einen entsprechenden Nachweis vorlegen müssen.
Durch kleingedruckte Datensätze erwerben
Diesen zu beschaffen ist für viele Konzerne keine große Hürde. In den Nutzungsbedingungen von Websites und Onlinegewinnspielen lassen sich derartige Einwilligungserklärungen genauso einfach verstecken wie im klassischen „Kleingedruckten“. Des Weiteren ist der Aufwand einer Prüfung aller Marketingfirmen schlichtweg zu groß für die zuständigen Ämter. Neben den privaten Unternehmen profitieren auch Städte und Kommunen von der Regelung, indem sie für die Ware „Daten“ einen ansehnlichen Preis verlangen. Die einzige Möglichkeit der Verbraucher, die Herausgabe ihrer persönlichen Angaben zu verbieten, besteht in der selbstständigen, schriftlichen Austragung (Opt-out) beim Meldeamt — und zukünftig schlimmstenfalls bei jedem einzelnen Unternehmen.
Flagge zeigen, Widerspruch einlegen
Um auf diesen unerhörten Zustand aufmerksam zu machen und dagegen zu protestieren, wurden bundesweit zahlreiche Initiativen ins Leben gerufen, darunter der anfangs genannte „OptOutDay“ der Piratenpartei. Sie hoffen, dass ihr nunmehr dritter Aktionstag auch der letzte sein wird und der Bundesrat für die Rechte der Verbraucher eintritt.
Logo: Veranstalter
Fotos: Laura Hassinger
Update (Freitag, 21.9., 12:43 Uhr)
Von David Vössing
Laut Focus Online hat der Bundesrat das umstrittene Meldegesetz gestoppt und schickt es zur Nachverhandlung.
nette aktion von den piraten, aber die formulare liegen beim meldeamt stapelweise auf den schreibtischen der sachbearbeiterInnen.