Zur zweiten Demonstration gegen das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) in Greifswald kamen am Samstag viele Menschen. Das Greifswalder Stopp-ACTA-Bündnis sprach von 150 Teilnehmern, die Polizei hingegen von 80 Demonstranten. Nach einigen Reden am Fischmarkt setzte sich der Demozug Richtung Mensa in Bewegung, dann zurück zum Markt, auf dem die Demonstranten in Sprechchören riefen: „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit klaut“. Anschließend ging es weiter durch die Friedrich-Loeffler-Straße und danach endeten die Proteste am Museumshafen.

Pirat Jonathan Dehn

Am Fischmarkt begrüßte der Präsident des Studierendparlaments, Milos Rodatos (Hochschulpiraten) die Teilnehmer: „Wir sind weit weg von einer demokratischen, solidarischen und transparenten Kulturgemeinschaft.“  Pirat Jonathan Dehn meinte zur Entstehung von ACTA, diese sei undemokratisch gewesen. „Durch ACTA soll das Urheberrecht zementiert werden“, womit Reformen unmöglich würden. Weiterhin äußerte er: „Wir wären bereit für Musik oder E-books zu bezahlen, wenn es ein besseres Angebot gäbe.“ Am Geld solle es nicht liegen, denn „wir wollen keine Künstler in den Ruin treiben“. Es könne aber auch nicht sein, „ganze Bevölkerungsgruppen zu kriminalisieren“, die beispielsweise im Internet Musik verbreiten.

Auch Saatgut ist von ACTA betroffen

Das „freie Leben“ sieht Philipp Thapa (attac) durch die Unterwerfung unter eine „juristische und ökonomische Maschinerie“ in Gefahr und nahm als Beispiel die Bauern in Nepal. Zuerst hätten sie das Monsanto-Saatgut kostenlos bekommen und ebenfalls eine kostenlose Schulung zur richtigen Anwendung. Später hätten sie dann für Saatgut und Lizenzen bezahlen sollen. Dagegen protestierten die Bauern. Es sei ein Kampf „David gegen Goliath“ mit kleinen Bauern auf der einen Seite und Konzernen auf der anderen Seite, die mit der Patentierung von biologischen Verfahren das „freie Leben“ einschränkten. Dieser Bereich sei bisher nur wenig reguliert und solle es auch bleiben.

Treibt GEMA Studentenclubs und Diskotheken in die Pleite?

Silvio Marquard, Milos Rodatos und Erik von Malottki (von links nach rechts)

Juso Erik von Malottki (SPD) konzentierte sich in seiner Rede auf die GEMA, die jährlich 900 Millionen Euro erwirtschaftet und die Rechte von Musikverlegern verwertet. Die GEMA  als eingetragener Verein habe 3.300 stimmberechtigte Mitglieder, 6.400 außerordentliche Mitglieder ohne Stimmrecht sowie etwa 55.000 angeschlossene Mitglieder. Letztere werden durch 64 stimmberechtigte Delegierte vertreten. Diese Machtverteilung „ist zutiefst undemokratisch“, weil die 3.300 stimmberechtigten Mitglieder 64 Prozent der Einnahmen bekämen und die 55.000 angeschlossenen etwa ein Viertel. Die GEMA plant eine Erhöhung ihrer Tarife, die sich dann verdoppelten bis verzehnfachen würden. Daher sehen sich nicht nur die Studentenclubs in ihrer Existens gefährdet, sondern auch einige Diskotheken zwischen Schwerin und Neubrandenburg. „Wir müssen für eine kulturelle Grundversorgung kämpfen und für eine Demokratisierung der GEMA“, forderte Erik abschließend.

Das freie Internet in Gefahr?

Seit 15 Jahren ist Musikveranstalter Silvio Marquardt ein angeschlossenes GEMA-Mitglied. Von der Gebührenänderung profitierten Clubs, die nur ein oder zwei Euro Eintritt nehmen. Clubs mit Eintritten von fünf, sechs oder mehr Euro haben deutlich höhere Gebühren zu tragen. „Die Künstler haben von der Erhöhung nichts“, machte er seine Ablehnung  gegen höhere Gebühren deutlich.

ACTA-Befürworter wollen Piraterie bekämpfen

Die Befürworter von ACTA argumentieren hingegen, dass Daten weltweit im Internet verbreitet werden, egal ob es um urheberrechtlich geschütztes Material handelt oder nicht. ACTA soll auch zu einer Vereinheitlichung der nationalen Gesetze kommen, sodass etwas legales/illegales in einem Land in einem anderen Land nicht illegal/legal ist. Der Bundesverband der deutschen Industrie sieht die deutsche Exportindustrie mit ihren Qualitätsprodukten zu den Hauptbetroffenen steigender Pirateriezahlen. Des Weiteren meint die EU, mit ACTA kann der „Diebstahl geistigen Eigentums“ weltweit verfolgt werden.

Fotos: Anne Grießing