Ein Beitrag von Maria Strache und Kitty Franz
Die Insomnale, die größte Ausstellung junger Kunst in Mecklenburg-Vorpommern, ist seit Ende Juni vorbei. Doch auf dem Gelände der ehemaligen Ausstellung tut sich was: In den Bahnhofshallen wird immer noch kreativ gearbeitet. Polly Faber findet hier eine neue Heimat.
Polly Faber? Klingt ein bisschen wie Polly Pocket, ist aber nicht mit dem kleinen blonden Plastikmädchen zu verwechseln. Polly Faber ist ein Zusammenschluss von jungen Kreativen, die sich Einiges vorgenommen haben.
In der großen Haupthalle sitzt Lars Fritzsche an einem Schreibtisch. Der Kunststudent wirkte bei der Insomnale aktiv mit und widmet sich nun Polly Faber. Aus dem ehemaligen Insomnale-Team ist das neue Projekt hervorgegangen, die Idee dazu gab es allerdings schon vorher. Am Computer bastelt Lars ein neues Logo, nebenbei erklingen Lieder von Nirvana und Norah Jones. Was steckt denn nun genau hinter Polly Faber? Lars erklärt es: „Wir sind ein Kunstverein im Entstehen.“ Der Name stellt ein selbstironisches Pendant zum Werk „Homo Faber“ von Max Frisch dar, bei dem der Protagonist von Rationalität geprägt ist. „Man sollte alles nicht so ernst nehmen. Wir wollen Fröhlichkeit in die Kunst reinbringen“, erklärt er. Dann habe das Wort „Poly“ – das für „viel“ steht – begeistert. Daraus sei dann Polly geworden. Er wünscht sich, dass daraus ein stadtbekannter Spitzname wird. Frei nach dem Motto: „Wo gehste hin?“ – „Na zu Polly!“
Eine Plattform für Künstler
Ob er wehmütig ist, dass die Insomnale schon länger vorbei ist? „Die Insomnale war schön und es gab einen guten Abschluss. Ich freue mich auf das, was kommt“, schildert Lars, auf dessen gestreiftem T-Shirt ein paar Farbkleckse sind. Neben ihm sitzt Ronny Westphal, ein weiteres Polly Faber-Mitglied und seine Augen funkeln, als er sagt: „Wir wollen eine Plattform für Künstler schaffen, um eine Kunstkultur zu etablieren und um sich zu verwirklichen.“ Neue Ziele gebe es auch: Eine Produktionsgalerie, an die Ateliers gekoppelt sein werden, werde hier entstehen. „Vorrangig soll es Kunststudenten die Möglichkeit geben an Projekten, die sich in Seminaren ergeben, zu arbeiten“, erklärt wiederum Lars. Einerseits werde hier also kreativ gearbeitet, andererseits besteht die Möglichkeit, seine Werke auszustellen.
Zu dem Gelände, das privat vermietet wird, gehört eine große Halle, Werkstätten und Ateliers. Bereits jetzt könnten sich schon die ersten Interessierten einmieten. Derweil nutzt das Greifswald International Students Festival GrIStuF diese Möglichkeit und hat mittlerweile einen eigenen Lagerraum bezogen. Zudem wurden drei Ateliers an andere Kreative vermietet.
Die junge Künstlergemeinschaft, die derzeit aus 13 festen Mitgliedern besteht, widmet großen Teil ihrer Freizeit der Polly Faber. So gab es Lesungen bei schummrigen Licht, Ausstellungen und Theatervorstellungen, wie beispielsweise „Das patentierte Krokodil“, die „Pollympischen Spiele“, „Hanza Off“ und „Teatr Brama“. Ein fester Bestandteil sind zudem die „polly cooks 4 friends“-Abende, bei denen die Gäste mit diversen kulinarischen Köstlichkeiten versorgt werden.
Werkschau am 14. Oktober
Wer bislang den Weg in die Bahnhofshallen noch nicht gefunden hat, der kann sich am Freitag, den 14. Oktober, ein Bild der Künstlergemeinschaft und ihrem Schaffen machen. Es ist der Auftakt einer Werkschau, zu der auch eine Medisage gehört, sozusagen das Bergfest der Ausstellung. Ab 17 Uhr beginnt die Veranstaltung. Anschließend kann man sich mit einem Glühwein zurücklehnen und ab 21 Uhr einer Lesung lauschen. Damit ist es aber nicht genug: Die Pforten der Polly Faber werden in den kommenden zwei Wochen offen stehen, um zu sehen „wie Kunst im weitesten Sinne geschaffen wird. Man kann sozusagen den Künstler in seinem Schaffensprozess beobachten“, berichtet Ronny begeistert. Gemütlich sitzt er auf der roten Couch neben der selbstgebauten Bar, sein Blick schweift in der großen Halle umher, mittlerweile erklingt Louis Armstrong. Holzplatten stehen herum, welche, so scheint es, sehnsüchtig auf ihre Veredelung durch Pinsel, Farbe oder Stichsäge warten.
Wer Interesse hat, auf dem Gelände selbst einmal auszustellen, kommt mit seinen Ideen und Werken in die Bahnhofstraße. „Wir sind offen für jeden Künstler mit guten Ideen“, erklärt Lars. Neben Ausstellungen und Ateliers soll auch eine Sammlung mit Werken angelegt werden. Die Galerie ist ebenfalls fertig. Per Mail kann auch mit dem Verein Kontakt aufgenommen werden: pollyfaber.greifswald@googlemail.com. Zudem gibt es eine Facebookseite.
Ideen brauchen Raum zur Verwirklichung. Polly Faber hat ihre in den Bahnhofshallen 44 gefunden und sich bereits jetzt schon einen Namen in der Greifswalder Kulturlandschaft gemacht. Und obwohl sich der Verein noch in der Gründungsphase befindet, werden wir wahrscheinlich noch öfter von ihm hören. Einen schönen Einblick in die Kunst aus den Bahnhofshallen gibt es im MoritzTV-Beitrag zur Insomnale 2011.
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Fotos: Kitty Franz, Maria Strache
Video: MoritzTV
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