Während die Republik am 18. September auf die Berliner schauen wird, die ein neues Abgeordnetenhaus wählen werden, finden am selben Tag auch in Greifswald erneut Wahlen statt: Es muss noch eine neue Landrätin gewählt werden, nachdem keine der Bewerbenden am 4. September die absolute Stimmenmehrheit auf sich vereinen konnte. Die Stichwahl findet zwischen der ehemaligen Landrätin des Landkreises Ostvorpommern, Barbara Syrbe von der Partei Die Linke (PDL), welche 37,1 Prozent der Stimmen erhielt, und der ehemaligen Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU), die 34,6 Prozent der Stimmen erhielt.

SPD erteilt Kooperation mit Linker im Kreis eine Absage

Der Kreisvorstand der SPD entschied, bei der Wahl zur Landrätin die ehemalige Justizministerin und CDU-Kandidatin zu unterstützen. Auf einigen Wahlplakaten der CDU wird aus diesem Grund auch das Logo der Sozialdemokraten des künftigen Landkreises Vorpommern-Greifswald zu finden sein. „Es kommt darauf an, dass der Kreis mit Hilfe des Landes seine Finanzprobleme in den Griff bekommt“, begründete Ulf Dembski in einer Pressemitteilung die Entscheidung. Eine solide Führung des Landkreises sehe er demnach nur unter Uta-Maria Kuder als gesichert an. Ferner hat der Kreisvorstand der Sozialdemokraten einer künftigen Zusammenarbeit mit der PDL im Kreistag eine Absage erteilt: „Jetzt kommt es darauf an, eine stabile Zusammenarbeit im neuen Kreistag zu organisieren“, erklärte Dembski weiter. Ferner spricht er sich laut Pressemitteilung der Kreisvorstand dafür aus, zügig Gespräche mit der CDU über eine Zusammenarbeit im Kreistag zu beginnen.

Ulf Dembski hat PDL-Kandidatin Barbara Syrbe eine Absage erteilt.

Vertreter der PDL fühlten sich aufgrund dieses Beschlusses vor den Kopf gestoßen. „Selbstverständlich steht es der SPD frei, sich für oder gegen eine der beiden Kandidatinnen auszusprechen. Die Begründung für Frau Kuder ist allerdings ziemlich abenteuerlich“, schreibt Mignon Schwenke, Landtagsabgeordnete der PDL, unter der Überschrift „So ein Schmierentheater!“ auf ihrer Internetseite. Ferner wirft sie den impliziten Vorwurf der SPD, ihre Parteigenossin Barbara Syrbe sei hinsichtlich der Finanzpolitik inkompetent, entschieden zurück. Schließlich konnte der ehemalige Landkreis Ostvorpommern unter Syrbe „den Haushalt unterjährig ausgeglichen gestalten und sogar noch Schulden abbauen“, so Schwenke in ihrem Kommentar.

Schwenke wirft Dembski Machtpolitik vor

Des Weiteren unterstellte Schwenke Dembski, dass die Entscheidung des SPD-Kreisvorstandes ausschließlich aus machtpolitischen Kalkül heraus gefällt worden sei. Ostsee-Zeitungs-Redakteur Steffen Adler stützt derweil in einem Bericht über den Streit zwischen PDL und SPD Schwenkes Vorwurf. Demnach sei „längst aus SPD-Kreisen durchgesickert, dass Dembski für die Wahlunterstützung Kuders deren Stellvertreterposten winkt. Außerdem, so war inzwischen ebenfalls zu vernehmen, soll Wolgasts Ex-Bürgermeister Jürgen Kanehl (SPD) in dem Fall, dass der Coup gelinge, Kreistagspräsident werden“, schreibt Adler am 13. September in der OZ.

Die Greifswalder Sozialdemokraten weisen derartige Vorwürfe entschieden zurück. „Dass ausgerechnet Frau Schwenke, die im Landtag Greifswalder Interessen zu vertreten behauptet, derartige Panikmache betreibt, ist bemerkenswert“, erklärte der SPD-Kreistagsvorsitzende Lothar Brandt nicht minder polemisch  einer Pressemitteilung der SPD. Des Weiteren wirft der SPD-Kreisvorstand Brandt der ehemaligen Landrätin des Landkreises Ostvorpommern vor, „keine Hemmungen“ gehabt zu haben, „die Regionen des Kreises gegeneinander auszuspielen.“ Auch der von Schwenke Angegriffene Ulf Dembski wies in einer Pressemitteilung die Vorwürfe der PDL-Landtagsabgeordneten entschieden zurück und hob erneut hervor, dass „angesichts ihrer Äußerungen zum Thema Kreisfinanzen“ die ehemalige Landrätin des Landkreises Ostvorpommern untragbar sei.

SPD-Spitze gerät zum Teil in heftige Kritik der Parteibasis

Der Greifswalder SPD-Lokalpolitiker Jost Aé fällt hingegen ein vernichtendes Urteil über die Entscheidung seiner Parteispitze. Unter der Überschrift „Dembski (SPD) unterstützt CDU (Kuder) – eine Glücksfalle für die SPD?“ prangert der ehemalige Lokalpolitiker in seinem Blog die Entscheidung als eine „Verletzung innerparteilicher Anstandsregeln an“ – schließlich hätte der Kreisverband die Wahl zuvor in den Ortsvereinen auswerten müssen. Zudem hält Aé die angegebene Begründung für „wenig überzeugend, fadenscheinig, perfide.“

Grüne geben keine Wahlempfehlung heraus

Historiker

Stefan Fassbinder (Bild) und Kay Karpinski erarbeiteten einen Fragenkatalog

Die Grünen gingen hinsichtlich der Frage nach der Herausgabe einer Wahlempfehlung einen anderen Weg. Sie erarbeiteten einen Fragenkatalog, der für die Grünen wichtige Schlüsselthemen absteckte und sendeten diesen beiden Kandidatinnen zu. Anschließend wertete der Kreisvorstand der Grünen die Antworten aus und kam zu dem Ergebnis, dass „die Antworten von Frau Dr. Syrbe eine intensivere Auseinandersetzung mit den von uns angesprochenen Themen erkennen“ ließen, wohingegen sich Kuder „nur sehr allgemein“ geäußert hätte. Vor allem in Grünen Kernbereichen, Antworten zu Themen wie Energie und Landwirtschaft gäbe es bei beiden Kandidatinnen große Differenzen zu den eigenen Zielen der Partei. „Vor allem die Antworten beider Kandidatinnen zur Zukunft des Zwischenlagers Lubmin bergen großes Konfliktpotential. Auch die drängende Haushaltsfrage ist nach den Antworten beider Kandidatinnen bedauerlicherweise nach wie vor offen“, heißt es in der Stellungnahme des bei der Wahl ausgeschiedenen Landratskandidaten Stefan Fassbinder. „Eine eindeutige namentliche Empfehlung können wir trotz inhaltlicher Übereinstimmung mit einigen Antworten von Frau Dr. Syrbe – auch unter Einbeziehung der bisherigen Politik der Kandidatinnen – nicht geben“, erklärte Fassbinder im Namen des Kreisvorstandes abschließend.

Das Ergebnis der Stichwahl wird noch für Sonntagabend erwartet.

Fotos: Pressefotos, Sebastian Wieschowsk/ jugendfotos.de