Woran merkt man, dass die heiße Phase des Wahlkampfes begonnen hat? Nicht nur die zahlreichen Plakate und die umfangreiche Berichterstattung sind ein sicheres Indiz dafür. Auffälliger ist es, dass bundespolitische Prominenz verstärkt nach Greifswald kommt. So auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die den Kandidaten der kommenden Wahl unterstützend zur Seite stand. Public viewing der anderen Art: Viele sind gekommen, um Merkel am 24. August zu lauschen. Bereits vor einer Woche hielt sie in Parchim eine Rede.

Kurz vor 17 Uhr. Die dröhnenden Bässe der elektronischen Musik, der gut gefüllte Marktplatz und das große Polizeiaufgebot in der Innenstadt waren deutliche Indizien für eine nicht alltägliche Veranstaltung. Wie bei einem Volksfest fanden sich Familie, Junge und Alte, vor der Bühne am Markt ein. Gespannt warteten sie auf den angekündigten Gast aus Berlin. Sommerlich gekleidet mit einem türkisfarbenen Jackett und in Begleitung landespolitischer Akteure der CDU und Security kam Merkel durch die Menge, musikalisch wurde sie dabei von Safri Duo aus den Boxen begleitet. Auf der Bühne stellten sie sich dann in eine Reihe: Landtagsabgeordneter Liskow, Ministerpräsidentskandidat Lorenz Caffier, Justizministerin Uta-Maria Kuder, Fraktionsvorsitzender im Landtag Harry Glawe, Bundestagsabgeordneter Matthias Lietz und Oberbürgermeister Arthur König.

„Du bist eine von uns“

Die Kandidaten für die kommende Wahl und weitere CDU-Akteure. Am Mikrofon Lorenz Caffier

Liskow ergriff zuerst das Mikrofon und begrüßte die Anwesenden herzlich, währenddessen Angela Merkel gut gelaunt der Menge zuwinkte. Der Landtagsabgeordnete Liskow eröffnete seine Rede, indem er die positive Entwicklung Greifswalds lobte. Dann übergab er das Wort dem Spitzenkandidaten der CDU für den Posten des Ministerpräsidenten Lorenz Caffier, der zuletzt mit seinem Slogan bundesweite Aufmerksamkeit erreichte. Er hatte viel zu sagen, über die vergangene Legislatur, in der er als Innenminister wirkte, und vor allem über die Zukunft. Seine ersten Worte widmete er allerdings der Kanzlerin. Er freute sich, dass Merkel trotz internationaler Angelegenheiten den Wahlkampf unterstützen kann und betonte: „Du bist eine von uns.“ Dann machte Caffier Werbung für die Justizministerin Kuder, deren Kleid farblich zum Podium passte. Kuder kandidiert für das Amt der Landrätin. Während der Veranstaltung hatte sie selbst keine Gelegenheit zum Publikum zu sprechen.

Caffier musste erst noch warm werden, so wirkte es. Zum Anfang war der Applaus eher verhalten. Nicht alle waren begeistert, als er sagte: „Wir haben die besseren Kandidaten, die besseren Ideen, die bessere Politik. Wir versprechen nicht, wir handeln.“ Dann verwies der CDU-Politiker auf die Erfolge seiner Partei in den vergangenen Jahren. Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik habe es unter Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) gegeben, die Arbeitslosenquote sei um sieben Prozent gesunken. „Das ist Leistung, die sich sehen lassen kann. Dieses Land braucht diese Wirtschaftspolitik“, erläuterte Caffier.

 

„Land muss zu Universitäten stehen“

 

Caffier möchte Zukunft sichern.

Danach sprach er leidenschaftlich über die Bildungspolitik im Land. Er sagte „ja“ zur Förderung von Bildung, Hochschulen und Universitäten. Auch die Spitzenforschung solle gefördert werden. Deutlich positionierte er sich bezüglich des Diplomabschlusses: „Der stand und steht für Qualität.“ Die Menge applaudiert nun stärker. Auch die Universität Greifswald erwähnte er. Spitzenplätze in den Rankings erreiche die Uni, erklärt Caffier und fordert: „Das Land muss zu seinen Universitäten stehen!“ Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern stünde, so der Innenminister, für eine starke Wirtschaft, gute Löhne und für eine gute Bildung. Insgesamt wolle er für „eine sichere Zukunft für unser wunderschönes Land“ einstehen. Ungläubiges Raunen ging durch die Masse, als Caffier dann sagte: „Wir versprechen nicht, was wir nicht halten können.“

Nach seiner Ansprache übergab er Merkel das Mikrofon mit den Worten: „Danke für deine tolle und engagierte Hilfe. Mecklenburg-Vorpommern ist deine Heimat.“ Sie lächelte und begrüßte die anwesenden Kandidaten und die Menge. Dann begann sie mit der Werbung für Caffier, der sich, laut Merkel, mit schwierigen Themen auskenne. „Die Kreisgebietsreform ist nirgendwo in der Welt einfach, warum sollte sie in MV einfach sein?“ Dann griff sie das Thema Wirtschaftspolitik wieder auf und zeigte auf, dass keine neuen Schulden gemacht wurden und dafür mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden. „Leistung muss sich für alle lohnen“, erklärte die Kanzlerin, deren Wahlkreis sich auf Rügen, in Stralsund und Nordvorpommern befindet.

 

„Warum sind die Menschen in M-V dümmer?“

 

"Natürlich sind die Menschen in M-V nicht dümmer."

Bald ging sie auf das leuchtende Transparent der Jusos ein, auf dem zu lesen war: „Frau Merkel! Warum sagen Sie: Die Menschen in M-V sind dümmer als andere?“ „Das blaue Plakat reist mir nach“, witzelte sie. Bereits in Parchim wurde es von den Jusos eingesetzt, es bezieht sich auf eine Aussage Merkels während der Debatte um die Pisa-Ergebnisse. „Natürlich sind die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern nicht dümmer“, rechtfertigte sich die Kanzlerin und fuhr fort, „Aber nach Rot-Rot waren die Schüler bei Pisa nicht ganz so gut, wie sie sein konnten.“ Nicht ganz überzeugt war das Publikum anscheinend von dieser Aussage. Baldiger Wechsel zu bekannten Gebieten folgte: Wirtschaftspolitik, Euro-Krise, Warnen vor der Linken. Und dann der Rundumschlag zur Kandidatin Kuder, die derzeit noch Justizministerin ist. „Null Toleranz gegenüber jeder Form von Gewalt“, forderte Merkel mit Hinblick auf brennende Autos in Berlin in der vergangenen Zeit. Dann folgte noch ein Seitenhieb auf Die Linke, deren Äußerungen zum Mauerbau Merkel kritisierte.

Abschließend äußerte Oberbürgermeister Arthur König seine „besondere Freude“ über den Besuch aus Berlin und überreichte der Kanzlerin einen Blumenstrauß in Landesfarben, sie winkte der Menge noch einmal zu. Froh verkündete König dann, dass nun noch die Hymne der BRD erklingen werde. Dann war die etwa einstündige Veranstaltung vorbei. Bis auf einige Zwischenrufe und einige Plakate blieb es ruhig, die Stimmung war insgesamt eher ausgelassen. Bald verließen die CDU-Politiker die Bühne und der Marktplatz leerte sich allmählich. Das nächste Mal wird man Merkel wahrscheinlich wieder pünktlich zum nächsten Wahlkampf in Greifswald sehen.

Fotos: Christine Fratzke