Sophie Lagies (22) schreibt seit über zwei Jahren für das moritz-Magazin, und leitet dort seit Ende letzten Jahres das Ressort "Feuilleton". Die Wahl ihrer Studienfächer Musikwissenschaft & Anglistik/Amerikanistik zeigt ihr Interesse an Kultur und Sprache. Bis 2008 lebte sie im Provinzstädtchen Wittenburg bei Hamburg.

2011 ist das Jahr der Pflege und der Wälder, sagt mir ein gewisser Herr Google. Aha, denke ich mir. Viel bewusster ist mir allerdings der Fakt, dass wir uns im Jahr des Smartphones befinden. In allen Winkeln Greifswalds, in jeder zweiten Tasche sind die kleinen Minicomputer, die man nebenbei auch zum Telefonieren benutzen kann. Ständig sichte ich jemanden beim akribischen Umherwischen auf seinem Touchscreen, geradezu selten aber jemanden beim (Achtung, Old School!) herkömmlichen Telefonieren.

Das bizarre ist: Bis zu einem gewissen Grad liebe ich Technik, ja wirklich. Auch ich besitze einen Laptop, eine externe Festplatte, eine Digitalkamera und zahlreiche andere Erfindungen der letzten Dekade. Das alles ist absolut praktisch, seit Jahren fast täglich in Benutzung und ohne all das wäre der Alltag für mich kaum noch richtig vorstellbar. Aber ein Smartphone, das fehlt auf der Liste meiner Habseligkeiten. Auf der Wunschliste steht es aber trotzdem nicht, tatsächlich fehlen tut es mir folgerichtig auch nicht. In der Tat, ich verwehre mich dieser Smartphone-Doktrin, die sicherlich auf einer heimlichen Verschwörung von Apple, Microsoft und Co. basiert.

Umgeben vom Smartphone

Besonders tückisch sind die so genannten Apps, die jedes iPhone oder Android-Handy einzigartig machen sollen. Der Slogan dieser Telefonanwendungen lautet dabei stets „Sind sie zu smart, bist du zu schwach“. Mithilfe von Abermillionen Apps sammeln die Konzerne sämtliche Daten, die ihre Nutzer auch noch freiwillig dort reintippen. Welche Musik mag ich („TuneIn Radio“-App)? Wo befinde ich mich gerade („Foursquare“-App)? Welches Spielverhalten habe ich („Angry Birds“-App)? Alles gar kein Problem mehr! Da bedanken sich die Unternehmen doch recht herzlich, dass die oft nicht so smarten Nutzer ihrer Erweiterungen das Runterladen von neuen Applikationen zum neuen Volkssport ausgerufen haben. Denn das spart jede Menge Arbeit und vor allem Geld. – Umfragen sind nicht mehr notwendig, teure Firmen müssen nicht mehr beauftragt werden. Ein Hoch auf die unsmarte Nutzung der Smartphonisten!

Auch erschließt sich mir nicht der Sinn des permanenten vorhandenen Internets durch dieses smarte Telefon. Fantastisch, die Smarties unter uns sind mit Eintritt ins iPhoneland daueronline auf Facebook und können jedes Rätsel im Nu via Google beantworten.

Ich frage mich dabei bloß: ist das tatsächlich ein Fortschritt, oder nicht doch eher ein Schritt zurück? Denn macht es uns nicht vielleicht selbst zu Robotern, die nicht mehr nachdenken können, sondern nur noch auf eintippen und scrollen programmiert sind?
Ich versuche das mit diesem „Leben“ jedenfalls weiterhin erstmal ohne Schlaukopf in der Hosentasche.

Foto: Gabriel Kords (Porträt), Tobias Mittmann via jugendfotos.de (CC-BY-NC)

Dieser Text ist Teil des webMoritz-Projekts „fünf x fünf – Die Kolumne“. Vom 20. Juni bis 22. Juli schreiben werktags fünf Autoren an je einem festen Tag eine Kolumne für den webMoritz. Weitere Infos gibt es hier. Morgen ist an der Reihe: Oliver Wunder.