Oliver Wunder (28) wohnt im fünften Stock eines Plattenbaus. Er studiert Geographie, Politikwissenschaft und BWL. Seit sechs Jahren schreibt er regelmäßig in seinem Blog. Ansonsten zeltet er schwarz und frittiert leidenschaftlich.


Aus dem Nichts wurde ich abserviert. Und auf einmal stehe ich nach drei glücklichen Monaten vor dem Scherbenhaufen meiner Beziehung. Wieder mal. Wo eben noch Schmetterlinge waren, haben sich Traurigkeit und Wut breit gemacht. Meine Freunde sind für mich da. Dabei fallen auch typische Sätze wie „Zeit heilt alle Wunden“ oder „die Richtige kommt bestimmt noch.“

Klar, mag ja alles richtig sein. Doch besser geht es mir deswegen nicht. Ich erwische mich dabei, wie ich ihr Profil auf Facebook anklicke. Freundschaft gekündigt. Das war es jetzt also endgültig. Wege trennen sich, ein gemeinsames Leben findet nicht mehr statt. Schluss aus vorbei. Und eigentlich wieder der Startschuss für die Suche nach der perfekten Partnerin. Ich hab aber keinen Bock mehr drauf. Diese ganze Dating- und Kennenlernphase würde ich am liebsten überspringen. Ja, es mag spannend und aufregend sein: der Reiz der Jagd. Doch wenn ich nach etlichen Jahren weder Lust auf Jagen noch auf gejagt Werden habe?

Collage Jagdrevier HGWJetzt geht es also wieder von vorne los. Die Suche nach Kompatibilität in möglichst vielen Bereichen; kennenlernen, verlieben und vertrauen. Gespräche über Studium, Erlebtes, Zukunftspläne, Musik, Gemeinsamkeiten, Wertevorstellungen, Familie, Ex-Freundinnen und und und. Hände berühren sich. Zwischendurch der erste Kuss, vielleicht schon das erste Mal beieinander übernachten. Weiter geht es mit dem oft beschwerlichem Weg zum ersten Sex. Gedanken im Kopf: „Darf ich ihr schon unter das Oberteil fassen oder ist es noch zu früh dafür?“ Beide wollen wir es, doch keiner will zu schnell sein. Der Andere soll schließlich nicht denken, man wäre billig. Außerdem schwebt die Angst vor der Fickbeziehung im Raum. Ist es ernst, folgen die Vorstellungen beim Freundeskreis und den Eltern mit anschließender Integration.

Schon so oft habe ich das alles hinter mir. Und wofür? Um am Ende zu verlassen oder verlassen zu werden. Hohe Investitionen, die langfristig keine Rendite abwerfen – in der BWL würde es jetzt heißen: unvorteilhaft. Die Anforderungen an künftige Partnerinnen steigen mit jeder Erfahrung. Immer mehr Eigenschaften, die sie haben oder nicht haben sollte. Alle potentiellen Kandidatinnen werden damit abgeglichen. Mit steigenden Anforderungen sinkt nicht nur die Wahrscheinlichkeit, die Richtige zu finden, sondern ist auch die Enttäuschung nach einem Scheitern der Beziehung wesentlich größer.

Am Ende heißt es doch immer wieder aufstehen, den Staub abputzen, sich schick machen und wieder auf den Markt werfen, denn ich stehe auf Beziehungen. Das große Beziehungsspiel des Lebens geht in eine neue Runde. Doch diesmal gewinne ich!

Fotos: Gabriel Kords (Porträt), Jakob Pallus (Grafik), Oliver Wunder (Foto)

Dieser Text ist Teil des webMoritz-Projekts „fünf x fünf – Die Kolumne“. Vom 20. Juni bis 22. Juli schreiben werktags fünf Autoren an je einem festen Tag eine Kolumne für den webMoritz. Weitere Infos gibt es hier. Morgen ist an der Reihe: Oleg Maximov.